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Damiano

Damiano

Titel: Damiano Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. MacAcoy
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er.
    Vorsichtig rückte Damiano zur Seite, bis er die Gesichtszüge seines Feindes unterscheiden konnte.
    »Hat dir das die Dame aufgetragen, Herr? Daß du mich töten sollst, wenn ich nicht fliehe?«
    Der Römer prustete voller Verachtung.
    »Ausdrücklich aufgetragen hat sie mir gar nichts. Sie ist ein zartes Geschöpf, deshalb überläßt sie solche Notwendigkeiten mir. Ich bin durchaus bereit – «
    Ruggieros Satz endete in einem Wutschrei, der zu einem Schmerzensschrei gellte, als scharfe Hundezähne sich in das Fleisch seines Beins gruben. Er trat wütend mit dem Fuß, und Macchiata flog durch die Luft über der Wiese. Als Damiano sah, daß die Schwertspitze den Boden berührte, wollte er darauf treten, aber Ruggiero zog die Waffe weg und zerschnitt dabei das Holz und das Leder von Damianos Stiefelabsatz.
    »Laß uns allein, Macchiata«, rief Damiano. »Ich werde schon mit ihm fertig. Du kommst dabei höchstens noch zu Schaden.«
    Ruggieros Aufschrei war wortlos. Die scharfe Klinge sauste in blitzendem Bogen auf Damianos Kopf zu.
    »Mutter Gottes, hilf mir«, flüsterte Damiano und schleuderte zugleich seinen Stab in die Bahn der Vernichtung. Die Klinge sprühte klirrend Funken, während das Holz des Stabes sang wie die Pfeifen einer Kirchenorgel. »Tu das lieber nicht, Herr«, warnte Damiano.
    Ruggiero nahm das Schwert in die Linke und steckte die betäubte Rechte in den Gürtel.
    »Ah, den Stab brauchst du also, Wölfchen. Ich vergaß, daß meine Dame mir das gesagt hatte. Dann werde ich ihn dir aus den Händen schlagen oder dir die Hände mit ihm abschlagen; das ist die richtige Strafe für einen Dieb.«
    Die Erkenntnis, daß Saara seine schwache Stelle verraten hatte, traf Damiano wie ein Schlag ins Gesicht. Einen Moment lang hörte er den Wald in seiner eigenen Stille dröhnen und spürte eine Schwäche in seiner Brust. Wieder holte Ruggiero aus und fuhr mit der blitzenden Klinge knirschend am Holz des Stabes entlang. Damiano drehte den Stab gerade noch schnell genug, um seine Hände zu retten. Aus den Knöcheln seiner linken Hand spritzte Blut.
    Ruggiero jedoch fluchte laut über den Schmerz, der seinen ganzen Arm hinaufschoß.
    »Laß den Stab, Ruggiero«, schrie Damiano und wich einen Schritt zurück. »Die Berührung mit ihm ist tödlich.«
    Einen Lidschlag lang stand der hochgewachsene Kämpe reglos. Dann wiegte er sich leicht hin und her wie zu einer unhörbaren Musik.
    »Wirklich, Bürschchen? Für dich oder für mich? Was wird aus dir, wenn ich den hübschen silbernen Knauf mit den gelben Steinen abschlage, hm? Wird dann dein eigener Kopf im Staub rollen? Wir wollen sehen.«
    Und damit schwang Ruggiero seine Klinge über seinem Kopf.
    Damiano riß den Stab herum, und das Schwert verfehlte sein Ziel. Er wich zur Seite aus.
    »Nein, Herr. Das wird dich nur – «
    In diesem Augenblick verfing sich sein aufgeschlitzter Absatz in einem Grasbüschel. Damiano stürzte und fiel auf den Schallkörper der Laute. Er hörte das Krachen von Holz, sah Ruggiero über sich stehen, sah die Klinge herabsausen.
    »Mutter des…« flüsterte Damiano in der Erwartung, den Satz im Himmel oder in der Hölle zu vollenden.
    Doch die Klinge, die da mit furchtbarer Wucht niedersauste, traf nicht ihn, sondern den silbernen Knauf des Stabes, traf ihn beinahe genau auf den einzelnen kleinen Rubin inmitten des Rings von Topasen.
    Von dem Schwert selbst ging ein Geräusch aus, das wie das Zerreißen einer Kette klang und in der Luft widerhallte. Ruggiero ließ zitternd die Waffe fallen und drückte beide Hände auf sein Herz. Auf seinem Windhundgesicht lag ein Ausdruck überraschter Verwunderung. Er fiel neben Damiano nieder, der noch immer im Gras lag. Damiano sah, wie die Seele des Mannes wie Licht, wie Wasser, wie ein Schwingenpaar, sich aus dem Körper befreite und entschwand.
    Der Wind murmelte im hohen Gras. Im Birkenwäldchen piepste ein einsamer Sperling. Damiano richtete sich auf und kniete dann vor dem toten Ruggiero nieder. Er schüttelte den Kopf, obwohl er gar nicht wußte, warum. Er drückte dem Mann die Augen zu und streckte den Leichnam aus, dann hockte er sich auf die Fersen und faltete die Hände im Schoß. Er begann, das Vaterunser zu beten, weil er nicht wußte, was er sonst tun sollte.
    Die Stimme des Windes wurde lauter, sein Seufzen und Klagen steigerte sich von Sekunde zu Sekunde, bis der Wind die Gestalt eines weißen Vogels annahm, der sich zu Saara, der Finnfrau, wandelte. Sie nahm ihren toten

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