Damit Dein Leben Freiheit Atmet
imponieren. Wenn sie Fehler machen, »ärgern sie sich voller Ungeduld über sich selbst... Oft verzehren sie sich vor brennender Sehnsucht, Gott möge ihnen ihre
Unvollkommenheiten und Fehler wegnehmen, aber mehr
deshalb, um Frieden zu haben und nicht mehr von diesen Fehlern belästigt zu werden, als Gottes wegen.« (Ebd. 36f) Sie sprechen zwar ständig von ihren Fehlern und Schwächen und zeigen sich nach außen hin demütig. Sie fühlen sich der Hilfe Gottes bedürftig. Doch wenn man sie auf kleine Fehler anspricht, werden sie sehr aggressiv. Sie fühle n sich lieber pauschal als Sünder und möchten nicht auf konkrete Sünden angesprochen werden. Sie machen sich selber schlecht, um von den Menschen gelobt zu werden. In ihrer Empfindlichkeit gegenüber jeder Kritik spürt man, daß sie Gott nur für sich benutze n. Ihre vermeintliche Sehnsucht, daß Gott ihre Fehler reinigen möge, ist letztlich Ausdruck ihres Hochmuts. Sie stellen sich damit über die anderen, die kein Gespür für ihre
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Sündhaftigkeit haben. In der dunklen Nacht reinigt Gott den Menschen von dieser ge istlichen Überheblichkeit. Die Reinigung führt dazu, daß ich Gott anbete, weil er Gott ist, und nicht, weil ich etwas von ihm habe. Wer gereinigt ist von der geistlichen Überheblichkeit, der bewertet seinen eigenen spirituellen Weg nicht. Ihm ist es völlig gleichgültig, auf welcher Stufe der spirituellen Entwicklung er steht. Es geht ihm nur noch um Gott und nicht mehr um den eigenen Weg und seine Bewertung.
Die dritte Reinigung gilt der Gefahr der geistlichen Habgier.
Johannes versteht darunter die Sucht, immer mehr spirituelle Bücher zu lesen, von einem Beichtvater zum ändern zu gehen, von einem Wallfahrtsort zum ändern. Es ist eine spirituelle Geschäftigkeit. Man tut viel Frommes. Aber man wehrt sich gegen die innere Verwandlung und Läuterung. Johannes meint, der Mensch könne sich nicht allein mit seinem Willen von dieser geistlichen Habgier befreien. Gott selbst stellt ihn in die göttliche Heilkur, um ihn von dieser Fehlhaltung zu heilen. »Da heilt dann Gott den Menschen von allem, was dieser selbst nicht in Ordnung zu bringen vermochte. Mag nämlich ein Mensch sich auch noch so sehr zu helfen wissen - aus eigener Kraft kann er sich doch nicht so sehr läutern, daß er auch nur im geringsten für die gottgewirkte vollkommene Liebeseinung zubereitet wäre, würde ihm Gott nicht die Hand reichen und ihn in diesem dunklen Feuer läutern.« (Ebd. 42) Gott nimmt dem Menschen jede spirituelle Erfahrung, um sein Bestreben, Gott für sich zu besitzen, zu reinigen. Manchmal tut es uns gut, wenn Gott uns den Glauben und die Glaubensgewißheit aus den Händen nimmt, damit wir uns mit leeren Händen von neuem auf die Suche nach Gott machen.
Die vierte Reinigung, die die dunkle Nacht bewirkt, bezieht sich auf die geistliche Unzucht. Sie ist die Vermischung der
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göttlichen Liebe mit der sexuellen Liebe. Sexualität und Spiritualität gehören zusammen. Die Mystiker haben ihre spirituellen Erfahrungen immer in einer erotischen Sprache ausgedrückt. Nur wenn die Sexualität in die Spiritualität integriert wird, sind wir fähig, uns Gott in Liebe hinzugeben.
Johannes vom Kreuz meint mit der geistlichen Unzucht eine unklare Vermischung von Gottesliebe und Sexualität. Ich erlebe die negative Beziehung von Sexualität und Spiritualität oft bei zu euphorischen Menschen. Wenn jemand zu euphorisch vo n seiner Liebe zu Gott spricht, so als ob er nur Gott liebe und sonst nichts, bin ich immer skeptisch. Die Euphorie ist oft eine Flucht vor der Sexualität. Die Erfahrung zeigt, daß Menschen, die euphorisch von ihrer Liebe zu Gott sprechen, meistens sexuelle Probleme haben. Sie haben ihre Sexualität nicht in ihr geistliches Leben integriert. Ihre Sexualität fü hrt ein Eigenleben.
Sie ist entweder abgespalten vom spirituellen Weg oder aber sie vermischt sich auf unbewußte und unklare Weise mit ihrer Liebe zu Gott. Das führt nie zu Klarheit und innerer Lauterkeit.
Vielmehr merken diese Menschen oft gar nicht, wie sie ihre sexuellen Bedürfnisse dann auch in der Beziehung zu Männern und Frauen ausleben. Weil sie ihr „Verliebtsein“ in einen Menschen ideologisch überhöhen als Ausdruck reiner
Gottesliebe, sind sie sich ihrer ganz vitalen Bedürfnisse nicht bewußt. Die dunkle Nacht läutert die verschiedenen Arten von Liebe, sowohl die Liebe zu den Menschen als auch zu Gott. In der Liebe zu Gott darf durchaus die Kraft
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