Damit Dein Leben Freiheit Atmet
fasziniert.
Als mein Freund vonseinem Reinigungsprozeß im Urwald von Peru erzählte, hat es mich sofort angesprungen. Im Gespräch mit einigen Mitbrüdern und Mitarbeiterinnen aus dem Vier- Türme-Verlag wurde mir deutlich, daß das Thema der Reinigung nicht nur ein Thema christlicher Mystik ist, sondern daß es auch die Menschen heute stark berührt. Es spricht ihre Sehnsucht nach Klarheit und Lauterkeit an. Mitten in einer Welt, in der wir uns immer mehr verunreinigen, sowohl an der verschmutzten Umwelt als auch an der Berieselung durch die Medien und am Einfluß von unklaren Menschen, sehnen wir uns nach Reinheit und Klarheit.
Im Gespräch entdeckten wir, daß wir nicht nur über Reinheit sprachen, sondern über vieles, was damit zusammenhängt.
Reinheit hat mit Klarheit und Lauterkeit zu tun. In uns ist trotz aller Intrigen auch etwas Lauteres und Reines. Und wir sehnen uns danach, klar zu sehen, klar zu sein. Mich faszinieren Menschen, die eine innere Klarheit ausstrahlen. Da spüre ich, daß sie das verkörpern, was mit Reinigung gemeint ist. Sie können klar sehen, weil sie vieles in sich geklärt haben. Reinheit hängt zusammen mit Absichtslosigkeit und Einfachheit. Das reine Herz ist immer auch das einfache und einfältige Herz, von dem die Mystik spricht. Das einfache Herz will nur das eine: Gott. Es hat keine Nebenabsichten. Und Reinheit hat mit Freiheit zu tun. Ich sehne mich danach, in meinem Denken und Tun frei zu sein, nicht abhängig vom Urteil anderer, aber auch nicht von meinen eigenen Lebensmustern. Ich möchte frei sein von den inneren und äußeren Verwicklungen, in die ich oft genug verstrickt bin.
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So hat mich das Nachdenken über Reinheit und den
Reinigungsprozeß zu wesentlichen Themen des geistlichen Lebens geführt. Mir wurde deutlich, daß mit diesen Begriffen eine Ursehnsucht der Menschen angesprochen wird. Nicht von ungefähr ist es ein Thema, das die ganze Religionsgeschichte durchzieht. Und die Kirchengeschichte zeigt, daß es von Zeit zu Zeit immer wieder auftaucht und zu Turbulenzen führt, wenn dieses Thema zu einseitig gepredigt oder aber tabuisiert und bekämpft wird.
Die kosmetische Industrie und die Waschmittelindustrie zeigen uns, wie tief das Thema Reinheit auch heute archaische Wünsche im Menschen anspricht. Die Werbung nützt diese archaischen Wünsche oft schamlos aus. Sie arbeitet wie die Bewegung der Katharer und Puritaner mit einem einseitigen Reinhe itsideal. Die christliche Antwort relativiert dieses Ideal.
Jesus ist Mensch geworden. Er ist auf die Erde gekommen und über die Erde gegangen. Er hat Fleisch angenommen, das Fleisch, das für manche von vornherein verdächtig ist, befleckt zu sein und der Reinigung zu bedürfen. Das übertriebene Reinheitsideal wird der Gesellschaft nicht gerecht. Es führt zu Reinheitsfanatikern, die dann auf Bergen von Müll sitzenbleiben und den Schmutz gar nicht entsorgen können, den sie mit ihrem Reinheitsideal aufwirbeln. Das christliche Gottesbild, das uns der menschgewordene Gottessohn Jesus Christus verkündet, befreit uns von einem Verständnis des Reinen als des Sterilen.
Nicht das absolut Keimfreie kann das Ideal sein, sondern der Mensch, der immer wieder schmutzig wird, der aber auch bereit ist, sich täglich der Reinigung zu unterziehen, um in Berührung zu kommen mit seinem unverfälschten und unberührten, mit dem unversehrten und makellosen, dem reinen und lauteren Bild, das Gott sich von ihm gemacht hat. Der Weg zu diesem lauteren Bild führt über die Erde, über den Humus, über den Schmutz dieser Welt. Jesus ist hinabgestiegen in den Schmutz
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dieser Welt, um alles, was ist, hineinzunehmen in Gott. Das ist die christliche Antwort auf die Sehnsucht des Menschen nach Reinheit. Wenn alles angenommen ist, was ist, auch das Schmutzige, und wenn es hineingenommen wird in Gott, dann ist es rein, dann leuchtet in allem Gottes Schönheit auf. Nicht der von der Werbung angepriesene mit allen Mitteln der Reinheitsindustrie gewaschene und gereinigte Mensch ist das Ziel des christlichen Reinigungsweges, sondern der Mensch, der sich so, wie er ist, in Gottes reinigende Liebe hält. Er ist schön, auch wenn er staubig heimkommt von seinen Wegen über diese Erde. Er ist rein, auch wenn ihn die Welt mit Schmutz beworfen hat.
Die Antwort der Christen auf die archaischen Wünsche nach Reinheit und Unversehrtheit wird in den ersten Versen des Epheserbriefes deutlich: In Jesus Christus hat Gott »uns erwählt
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