Damit Dein Leben Freiheit Atmet
auf Blockaden in meiner Lebensgeschichte. Es hat dann wenig Sinn, über die Gottesbilder zu diskutieren oder den richtigen spirituellen Weg zu Gott zu beschreiben. Ich muß meine Gottesbeziehung reinigen von den Trübungen, die sich auf alles legen, was ich tue und denke. Wenn einer in seiner Beziehung zur Mutter nicht satt geworden ist, ist er leicht in Gefahr, daß er auch maßlos in seinen Erwartungen Gott gegenüber wird. Jeder von uns trägt Wunden mit sich herum.
Das ist nicht schlimm. Doch je unbewußter sie sind, desto mehr trüben sie unsere Beziehung zu Gott. Wenn ich mein
Nichtsattgewordensein anschaue und mich damit aussöhne, dann kann es in mir die Sehnsucht nach Gott vertiefen. Dann wird es spirituell fruchtbar. Ich sage ja dazu, daß mein Bedürfnis nach Liebe nicht gestillt worden ist. Und ich weiß zugleich, daß es auch nie ganz von Menschen gestillt werden kann. Das nicht gestillte Bedürfnis verweist mich auf Gott und hält mich wach
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auf meinem Weg zu Gott. Doch wenn ich das
Nichtsattgewordensein nicht wahrnehme, dann legt es sich auf meine Gottesbeziehung. Und dann werfe ich Gott ständig vor, daß er mir nicht genügend geistliche Erfahrungen schenkt, daß er mich keine Geborgenheit spüren läßt, daß er mich innerlich verhungern läßt.
Und meine Gottesbeziehung bekommt eine depressive Note.
Ich kreise ständig um meine Frustration. Ich bade mich im Selbstmitleid, weil ich von Gott nicht bekomme, was ich eigentlich von meiner Mutter einmal erhofft hatte.
Unsere Gottesbilder sind von unserem Selbstbild abhängig.
Daher genügt es nicht, nur die Gottesbilder der Bibel zu wiederholen. Denn auch die biblischen Gottesbilder werde ich immer durch die Brille meiner eigenen Lebensgeschichte sehen und sie dadurch zugleich verfälschen und trüben. Es geht vielmehr darum, das Bild Gottes von dämonischen Bildern zu reinigen, die sich immer wieder darüber legen. Solche dämonischen Gottesbilder rühren entweder von eigenen Größenphantasien her oder aber von Bildern der
Selbstentwertung und Selbstverurteilung. Wer hart gegen sich selbst ist, wird diese Härte auch in sein Gottesbild projizieren.
Wer sich selbst nichts gönnt, wird auch Gott so sehen, daß er ihm das Leben nicht gönnt. Er wird mit einem ständigen Mißtrauen auf diesen Gott schauen. Und er wird sein Mißtrauen sogar bestätigt finden, wenn er in der Bibel von der Willkür Gottes liest. Wer von seinen Eltern verwöhnt worden ist, wird manchmal auch in Gott denjenigen sehen, der ihn verwöhnt, der ihm alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumt. Er wird Gott für sich benutzen, so wie er die Eltern für sich benutzt hat.
Vielleicht macht nach außen hin seine Gottesbeziehung den Eindruck von großem Vertrauen. In Wirklichkeit redet er zu Gott wie zu seiner Mutter, die ihm alles Schwere abnehmen soll.
Es ist dann kein Vertrauen, sondern eine infantile
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Erwartungshaltung gegenüber Gott, die der Seele nicht guttut.
Es gibt keine ganz reinen Gottesbilder. Unsere Bilder werden immer vermischt sein mit den eigenen Lebenserfahrungen und mit den eigenen Selbstbildern. Es ist unsere beständige Aufgabe, diese Bilder in das klare Licht Gottes zu halten, damit sich Trübungen auflösen können und das eigentliche Bild Gottes hervorstrahlt. Wir brauchen einen kritischen Blick dafür, wo sich in unser Gottesbild infantile Erwartungen hineingemischt haben, wo unser Gottesbild von unserer Angst verfälscht wird, und wo unsere selbstentwertenden Impulse unser Bild von Gott verdunkeln.
Die gefährlichste Verunreinigung meiner Gottesbeziehung besteht in der Ideologisierung meiner krank machenden Lebensmuster. Wenn ich mich zum Beispiel nicht traue, Konflikte anzusprechen und anzugehen, dann kann ich das als das Kreuz bezeichnen, das ich im Namen Jesu Christi tragen muß. Diese Ideologisierung hindert mich dann daran, mein wirkliches Problem anzuschauen. Ich meine, ich würde Gottes Willen erfüllen und das Kreuz auf mich nehmen, von dem Jesus gesprochen hat, als er sagte: »Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.« (Mk 8,34) Doch in Wirklichkeit weiche ich einer wichtigen Herausforderung des Lebens aus. Ich weigere mich zu leben. Doch weil ich die Verweigerung als Kreuztragen deute, fühle ich mich sogar besser als die anderen, die sich auf die Konflikte einlassen. Ich stelle mich über die anderen, um mich nicht mit ihnen auseinandersetzen zu müssen. Ein anderes
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