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Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Damit Dein Leben Freiheit Atmet

Titel: Damit Dein Leben Freiheit Atmet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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der Umwelt. Von ihm werden heilende und klärende Felder ausstrahlen, während die, die die Läuterung ihres Inneren vernachlässigen, ihre Umwelt
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    beschmutzen. In der Tiefe unserer Seele hängen wir mit allen anderen Menschen zusammen. Der Physiker David Bohm, Freund und Kollege von Albert Einstein, meint, »daß das Bewußtsein der Menschheit ganz in der Tiefe eins ist. Das ist eine Gewißheit, weil selbst die Materie im leeren Raum eins ist«
    (Bosch 80).

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    Die Beziehung zu unseren Mitmenschen

    Im Umgang mit unseren Mitmenschen erleben wir täglich, daß wir den ändern nicht objektiv sehen können, sondern immer durch die Brille unserer eigenen Lebensgeschichte. Unsere Brille ist getrübt durch die verletzenden Erfahrungen, die wir gemacht haben. Oft gibt es da Vermischungen, die ein emotionales Chaos erzeugen, bei dem wir nicht mehr klar sehen, warum wir so ineinander hängen. Wenn der andere etwas zu uns sagt, hängen sich mit seinen Worten Emotionen an die Stellen, an denen wir nicht gereinigt sind. Es ist wie bei einer kalten Kirchenwand. An den feuchten Stellen setzt sich der Schmutz fest. So ist es auch bei der menschlichen Seele. Ich habe mich über etwas geärgert und gehe mit meinem Ärger in den Tag.
    Jeder kleine Konflikt hängt sich an meinen Ärger und vertieft ihn. Und der Ärger wird immer stärker. Ich kann nicht mehr klar denken. Ich gehe mit Wut in die Sitzung. Ich höre gar nicht richtig zu. Ich wittere bei den andern, daß sie gegen mich sind und etwas gegen mich im Schilde führen. Ich ärgere mich über die harmlose Bemerkung eines Mitarbeiters. Ich weiß nicht, warum ich heute so empfindlich bin. Offensicht lich habe ich verpaßt, die ungereinigte Stelle meiner inneren Kirchenwand zu trocknen und zu säubern. So kann sich im Laufe des Tages immer mehr Schmutz an diese feuchte Stelle meiner Seele hängen.

    Gerade Menschen, die in Verantwortung stehen, müssen sich selbst ständig reinigen. Denn sie sind täglich Konflikten ausgesetzt. Wenn sie sich in die Konflikte emotional hineinziehen lassen, dann tragen sie nichts zur Lösung bei, sondern sie verschlimmern die Situation nur noch. Ich weiß es aus eigener Erfahrung. Da kommt ein Mitbruder und erzählt von
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    dem Konflikt, den er mit einem anderen Bruder hat. Er schimpft über ihn. Ganz leicht lasse ich mich davon beeinflussen. In mir wird eine Stelle berührt, an der ich mich auch über diesen Mitbruder geärgert habe. Oder es wird in mir die Tendenz angesprochen, den anderen zu entwerten. Vielleicht empfinde ich zu ihm Rivalität. Das Schimpfen des Mitbruders gibt mir eine gute Gelegenheit, nun auch das meine dazu beizutragen, den ändern in seinem Egoismus und seiner Falschhe it darzustellen. Ich benutze die Aggressionen des Mitbruders, um meine eigenen Aggressionen, die ich bisher mühsam verdrängt habe, auszuagieren. Ich trage meinen Teil zur negativen Schilderung dieses Menschen bei. Und schon wird die Atmosphäre verschmutzt. Das eigene Ich läßt sich von der Verschmutzung des ändern anstecken. Es ist ganz wichtig, daß ich mich immer wieder von diesen inneren Verschmutzungen des eigenen Ichs reinige. Sonst entsteht um mich herum ein Klima von Unklarheit, ein Nebel, in dem sich keiner mehr auskennt. Nur wer innerlich klar ist, kann etwas zur Klärung der Atmosphäre beitragen. Um einen Konflikt lösen zu können, brauche ich Abstand dazu und einen klaren Blick. Wenn ich parteiisch bin und mich von einer Konfliktpartei vor den eigenen Karren spannen lasse, kann ich keinen konstruktiven Beitrag zur Klärung leisten. Klären vermag ich nur, wenn ich selbst klar bin.
    Aber wie oft bin ich unklar in meinem Reden? Ich sage etwas, meine aber noch etwas anderes. In meine Worte haben sich Absichten gemischt, die ich verfolge. Ich benenne mit meinen Worten nicht den Tatbestand, sondern ich deute ihn schon, ich biege ihn so zurecht, daß er für mich paßt. Oder aber ich lasse in meinen Worten Zwiespältiges einfließen. Die anderen wissen nicht, was eigentlich gemeint ist. Jeder kann meine Worte in seinem Sinn interpretieren. Ich kann nicht klar reden, weil ich in mir selber unklar bin. Die Alten sprechen hier von der Einfachheit oder Einfalt des Herzens. Menschen mit einem einfachen Herzen sprechen das aus, was sie denken. Und sie
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    meinen genau, was sie sagen. Sie kennen keine
    Doppelbotschaften.
    Wer Verantwortung trägt, muß Entscheidungen treffen. Wir meinen, wir würden unsere Entscheidungen nach bestem

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