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Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern

Titel: Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kösel
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Überraschung, sofort Ja gesagt. Eigentlich nicht ihre Art. Hab schon damit gerechnet, dass sie das Mittagessen vorschieben wird. Das organisatorische Problem. Endlich
legt sie sich einmal keine Fesseln an. Ich hätte schwören können, dass sie diese Spontanaktion nicht mag, weil diese ihr Tagesprogramm, das im Grunde genommen jeden Tag ähnlich ist, über den Haufen wirft. Doch sie hat Ja gesagt. Irgendwie überraschend. Ich könnte noch ein passendes Büchlein besorgen, so was mit Liebeszitaten oder so oder Sinnsprüche für jeden Tag … Kann sein, dass sie das albern findet... Na ja, vielleicht hol ich besser eine Sonnenblume. Eine nur. Sie mag ja Blumen. War immer so, hat nur irgendwie keine Rolle mehr gespielt.«
    Dieser Gedanke, dass sie Blumen liebt und er es bei diesem Wissen schon mehrere Jahre hat bewenden lassen, beschämt ihn fast ein wenig. Seiner Sekretärin hat er gerade vor zwei Wochen einen teuren Strauß geschenkt, weil sie wieder Überstunden gemacht hat in einer sehr angespannten Geschäftslage, ohne zu jammern. Dabei wollte er sie nur bei Laune halten und es ihr leicht machen, bei den nächsten Überstunden ohne große Diskussion Ja zu sagen. Er wird pünktlich im Biergarten sein. Irgendwie angenehm, mit der eigenen Frau sich zum Mittagessen zu treffen, wenn auch ungewohnt.
    Er sitzt jetzt schon zehn Minuten da, spürt, wie die eben noch empfundene angenehme Spannung abklingt und leichter Ärger sich breitmacht. »Ich hab nur eine Stunde Mittagspause und sie verspätet sich. Sie ist immer pünktlich. Ausgerechnet jetzt.« Plötzlich kommt er sich lächerlich vor: »Was war denn das für eine Idee. Mit der Ehefrau essen gehen... machen wir doch sonst auch nicht.« Es ist ein richtig heißer Tag, so viel Sonne. Verdammt viel Sonne. Er zieht sein Jackett aus, bestellt sich ein Bier. Ein junges Paar fragt, ob die Plätze an seinem Tisch noch frei seien. Er verneint, überlegt aber: »Was, wenn doch? Wenn sie nicht kommt? Vielleicht hat sie mich auf den Arm genommen?« Die Sonnenblume schaut ihn an, lacht sie über ihn? »Oh Gott, mache ich mich gerade lächerlich...«

    Plötzlich taucht sie auf, inmitten einer Schar von Geschäftsleuten, die oft in der Mittagspause hierherkommen. »He, das gibt’s doch nicht. Meine Frau... aber wie!«
    Er schaut ihr entgegen, seine Gesichtsmuskeln entspannen sich. Vergnügen, Vergnügen und immer mehr davon breitet sich in ihm aus, bis sie am Tisch und vor ihm steht. Auch sie lacht und sagt mit einer fast verlegenen, mädchenhaften Geste, mit der sie ihren gut sitzenden Träger nochmals gerade rückt: »Eine gute Idee war das, oder?« - »Ja, war gut, die Idee...« Auch er spürt einen Hauch von Verlegenheit. Doch vor allem eine Freude, wie sie ihm beim Anblick seiner Frau schon lange nicht mehr untergekommen ist. Er schiebt ihr die Sonnenblume im Bierglas hin, um das er vorher den Kellner gebeten hat, und sagt in fast sachlichem Ton: »Für dich... du magst ja Sonnenblumen.«
    Er wirft einen Blick auf ihr Kleid, freut sich diebisch, dass er gerade eine Sonnenblume ausgesucht hat: »Passt ja zum Kleid.« Sie sieht, wie sein Blick über das Kleid wandert, auf ihrem Dekolleté kurz ruhen bleibt. Sie kennt ihn fast nicht mehr, diesen Blick. Und für eine in ihr aufblitzende Schrecksekunde spürt sie plötzlich, was dieser fehlende Blick angerichtet hat: ein verfrühtes Sterben von Dingen, die lebenslang gelten dürfen, die kein Ablaufdatum kennen. Kurze Wehen im Kopf, gleich geschluckt und geglättet unter dem anerkennenden Blick ihres Mannes. Sie schluckt trotzdem. Er sieht es: »Ist was?« - »Wehen...«, murmelt sie leise. »Weh, tut dir was weh?« - »Nein«, sie schüttelt den Kopf auf die ihr eigene Weise, die er gut an ihr kennt. »Nein, jetzt gerade tut nichts mehr weh.« Sie lächelt, nicht nebenbei wie so oft, von einem Wortschwall begleitet. Sondern geradeaus. Sie gibt ihm ein stummes Lächeln. Ihm allein. Sie meint ihn.
    Jetzt ist die Reihe an ihm, von einer plötzlichen Erkenntnis kurz betäubt zu werden: »Mensch, sie hat mich jahrelang nicht mehr so gezielt angelächelt. Und ich hab es nicht
einmal gemerkt, dass da kein Lächeln war, das ausschließlich mir gegolten hat.«
    Er sagt: »Du hast mir gefehlt in den letzten Jahren.«
Gut für sich selbst sorgen
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