Damit Kindern kein Flügel bricht - Kindliche Verhaltensauffälligkeiten verstehen und ein gutes Familienklima fördern
wartende Frau steckt. Sie wartet nur darauf, dass ihr Mann sie wieder als Frau wahrnimmt.
Warten, dass kleine Wunder passieren, ist ein Akt der Hoffnung. Doch will mir scheinen, dass Handeln erfolgversprechender ist. Und einem Erwachsenen angemessener.
Das Fremdwort Verführung
Verführung ist etwas, was Heere von Werbepsychologen und -strategen heutzutage beschäftigt. Die Werbepausen bei den Privatsendern spiegeln die veränderte Gesellschaft wider: Ein Mann macht Werbung für Waschmittel, Frauen diskutieren mit Finanzberatern, der Ehemann sitzt mit offenem Mund daneben und bestaunt die Sachkompetenz der Ehefrau. Kinder werben für leckere Nahrungsmittel, Jugendliche für Verhütungsmittel und Kleider, für neue Handymarken und elektronische
Produkte. Neue Zielgruppen - werden sie nur eingesetzt, um neue Kundenstämme zu erschließen oder sind sie Folge einer veränderten Gesellschaft? Wohl beides. Auf jeden Fall haben sie verführerische, manipulierende Qualität und lenken beim Zuschauer die Wünsche in die angestrebte Richtung, nämlich das so raffiniert verpackte und so attraktiv präsentierte Produkt zu erwerben. Fernsehen im 21. Jahrhundert ist die totale Performance. »Wenn du ›in‹ sein willst, schau dir die Werbung an, besorge dir das Angepriesene und wir heißen dich willkommen im 21. Jahrhundert. Du gehörst dazu, du bist in.«
Verführung ist hier eindeutig Manipulation. Manipulation setzt dort ein, wo kollektiv organisierte Bedürfnisse die Kraft besitzen, die eigenen Bedürfnisse zu ersticken, ohne dass der Betroffene es merkt. Werbung suggeriert immer »Wir alle«. Die eigenen Fantasien werden so lange mit Werbespots bedrängt, bis sie sich fügen und zu weichen beginnen und dem von außen eingeredeten Bedürfnis Platz machen. Man muss nicht mehr in sich hineinhorchen und hineinspüren, wie die eigentlichen, persönlichen Bedürfnisse aussehen. Man muss nur den Fernseher anmachen und wird erinnert, was man für Bedürfnisse haben sollte und wie und wo man sie erwirbt.
Das Fernsehen hat heute den Stellenwert eines umfassenden Coachings in Bezug auf Bekleidung, Essen, Erziehung, Schuldenabbau, Wohnungseinrichtung usw. Der Deutsche Fernsehpreis 2007 hat im »TV-Trend 2007 - Coaching« Katharina Saalbach für die »Super Nanny« ausgezeichnet. Solche Coach-Sendungen sind Hilfen für manche Eltern, doch eines liefern sie nicht frei Haus: die eigene Fantasie und das eigene Ausprobieren und Aktivwerden auszuprobieren. Voyeuristisches Zuschauen aus der sicheren Distanz des heimischen Fernsehsessels ist kein Ersatz für eigene Fantasien und selbstverantwortliches Handeln. Was man bei anderen
sieht - und man sieht in diesen Super-Nanny-Sendungen, wie Kinder und Eltern einander verfehlen können -, wirkt nicht automatisch im eigenen Haushalt. Das Imitat ersetzt nicht die eigene kreative Handlung. Es kann sie anregen, doch nicht erschaffen. Das eigene kreative Tun findet sich im teilweise schmerzhaften Erkennen dessen, was einem subjektiv fehlt. Und das beantwortet kein Coach, auch kein Therapeut. Die helfen vielleicht bei der Umsetzung der Wünsche nach Veränderung, die Veränderung selber machen und bewirken sie nicht. Das vermag nur der Betroffene.
Das Wort Verführung ist also durch die manipulierende Medienlandschaft schal geworden. Dabei ist es ein wunderbares Wort. Die Fähigkeit zur Verführung ist uns nur etwas abhandengekommen, weil wir täglich von außen bedrängt werden durch die pervertierte Form der Verführung, die Manipulation. Verführung will nicht manipulieren, sondern - anziehen. Verführung ist in erster Linie Aktivität und ein Beziehungsgeschehen. Wenn ich jemanden verführen will, zeige ich Interesse an ihm und auch an meinen eigenen Wünschen. Der Verführung entgegengesetzt ist die Gleichgültigkeit. Gleichgültigkeit ist ein arg passiver Gefühlszustand. Man sitzt ein bisschen da, man geht ein bisschen, man denkt ein bisschen. Aber man könnte auch alles lassen. Gleichgültigkeit ist wohl am weitesten entfernt vom Zustand des Fantasierens. In der Gleichgültigkeit schweigen die Träume, verlieren sich die Begierden, löst sich die kraftvolle Bindung an alles Lebendige. Viele Elternpaare klagen zu Recht über ein Klima der Gleichgültigkeit. Man erträgt einander, man akzeptiert einander weitgehend, man kennt einander durch und durch.
Dieser letzte Punkt ist wohl der Super-GAU jeder Beziehung. Er vernichtet jede fantasievolle Annäherung an den anderen und er tut dem anderen
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