Damon Knight's Collection 08 (FO15)
Dingen. Er beobachtete den Mond, und der starrte zurück und blinzelte nicht.
Hoover stemmte sein Kinn zwischen die Fäuste, lehnte Ellbogen auf Knie und wurde zur Statue. Er wandte sein Gesicht wieder, um das Fenster zu sehen, sein Kopf drehte sich in seinen Händen, die Handballen als Gelenkpfanne.
Eine Höhle, dachte er, das war die Wirkung. Dunkelheit und Mondlicht, das durch Ritzen fällt: Pech und Glimmer. Eine Schattenmalerei des Nahen und Fernen. Isolierung und Gemeinsamkeit, Einsamkeit und Verbündung. Eine Höhle, geformt in diesem fremdartigen Licht …
Und die Wirkung des Lichts rücksichtslos zerstörend, ging er zum Stuhl und starrte auf den Anzug, den er sorgfältig über eine Lehne gehängt hatte – schaute zur Uhr in der Diele – zehn Minuten vergangen. Es geschah nun schneller …
Der Anzug war bleich, fahlolivgrün, und er glänzte in einem stärkeren Licht. Die Jacke verbarg kaum die hervorspringenden, sattelgleichen Knochen seiner Hüften; seine Handgelenke baumelten hilflos aus den Jackenärmeln wie Knochen aus einem Hühnerschlegel – und Cass haßte ihn. Abgesehen vom Aussehen aber trug er sich gut: Er fühlte sich wohl darin, war er selber.
Er nahm die Jacke vom Stuhl, hielt sie eine Minute und legte sie zurück. Irgendwie schien sie heute nacht unpassend, so wie der stumme Diener, den niemand benutzte. Wie das Zimmer, die Möbel, war sie ihm genommen worden.
Er wandte sich um und schlurfte über den Teppich, um den rabenschwarzen Eckschrank hinter der quietschenden, ewig offenen Tür zu durchsuchen, entdeckte dabei ein Westernhemd mit einer Rosenpasse quer über der Hemdbrust und probierte es an, dann Jeans, deren Gürtel er fest anzog, und Stiefel. Die Kleider saßen locker, lockerer, als er sich erinnerte, aber sie trugen sich gut, trugen sich richtig.
Indem er mitten in das Licht an der Tür trat, zerschmetterte er Fremdheit, und als er zurückschaute, sah er, daß der Mond jetzt schielend in der Ecke der Fensterscheibe hing.
Ticken einer Uhr, Geräusch von Füßen die Treppe hinunter.
Er ermordete den Tod mit dem kalten Stahlstoß seines Atems …
Die Nacht war durchsichtig, ein Kristall an Schwärze, undurchdringlich vor Finsternis. Er bewegte sich inmitten eines hohlen, schwarzen Kristalls, und darüber war ein anderer, ein orangefarbener, losgetrennter Kristall, Blase in einer Blase . . .
Und ruhig, so ruhig, so still, nur das Tippen seiner Füße, das Flüstern des Atems. Er steckte seine Hand in die Hosentasche und wünschte sich seine Jacke, die er zurückgelassen hatte.
Hoover bog auf den Fußweg hinaus, Absätze klappernd (noch ein Tod: für die Stille).
Ein unheimliches Gefühl, dachte er, über den dünnen Schleier des Lichts zu gehen, der sich über diese Schlucht von Straße breitet. Ein Kontrapunkt, Kopfstimme und Baß. Streife das Licht weg, und du tauchst ein. Hinunter. Für immer.
Ein anderer Gedanke … man kann eine Menge daraus schließen, wie jemand auf die Stille lauscht.
(Sonntag. Den ganzen Tag war es Abend. Über spätem Kaffee und Orangen kommen die alten Worte wieder. Das zuviel benutzte Reden, und kein Ausweg aus dieser Logik der Liebe. Wir passen zusammen wie Regen und Melancholie, Blau und Morgen …)
An der Ecke, wenden, und diese neue Schlucht weiter hinunter. Atem mechanisch, durchstößt die Luft wie ein ruhiges Husten, Füße, die die Stille töten …
Ich dringe ein.
Dunkelheit rächt sich auf meinem Rücken.
(Und ich, schuldiger Realist, Liebhaber von Versen, sage: Es gibt keine Darstellung der Einsamkeit außer einer gebrochenen Feder, kein Bild für Zeit außer einem klopfenden Herzen, nichts für Tod außer Stille …)
Licht funkelt aus bloßen Fenstern. Die meisten Häuser waren jetzt sich selbst überlassen, von einem Wall aus Gras und wucherndem Unkraut umgeben. Zufahrten und Veranden und Garagen, alle offen und leer, stumm grinsend.
(Abend den ganzen Tag. Die Welt außerhalb des Fensters ist wie ein Gemälde, das sich langsam in einem staubigen Rahmen unter Glas dreht. Regen im Himmel, aber zögernd zu fallen. Die Worte: Sie spitzen sich um zehn zu, laufen um zwölf aus, und erschöpfen sich bis zum Ende ihrer straffen Zeile …)
Die Gehäuse haben Namen, hatten sie. Martin, Heslep, Rose. Als er jetzt an ihnen vorüberging, erinnerte er sich an Zeiten, als sie erleuchtet waren wie Kürbisse, orangegelbes Licht sich reichlich aus den Fenstern ergoß; Autos, fahrradübersäte Höfe, Zeitungen auf den Stufen. Die
Weitere Kostenlose Bücher