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Damon Knight's Collection 11 (FO 29)

Damon Knight's Collection 11 (FO 29)

Titel: Damon Knight's Collection 11 (FO 29) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damon (Hrsg.) Knight
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    Schließlich, selbst wenn sie herausfanden, daß sie katholisch war, konnten sie auch nicht mehr tun, als sie ein wenig hänseln, wie in der alten Schule.
    „Natürlich“, murmelte er, „kann meine Darstellung wesentlich von der – wie soll ich sagen – offiziellen Darstellung der irischen Kirche abweichen. Ihr fehlt das nihil obstat. Ereignisse wie diese, die immer noch die Gemüter bewegen, lassen sich nicht so einfach einordnen.“
    Charmian Levin, die hinter Emma saß, bohrte ihr eine Bleistiftspitze in den Rücken. Emma versteifte sich und zupfte ihre Bluse zurecht.
    „Geschichte ist natürlich nie einfach, solange wir persönlich zu stark engagiert sind. Man könnte Toleranz mit der Technik der Luftperspektive vergleichen, die der Kunstmaler anwendet: mit wachsender Entfernung verschwimmt die Schärfe und Farbe der Dinge. Wir gewinnen vielleicht an Weitblick.“
    Charmian, mit fünfzehn das älteste Mädchen in Inverness, drehte sich um neunzig Grad auf ihrem Stuhl herum und warf mit einer einstudierten Geste ihre weiße Haarmähne zurück. „Heiliger Strohsack – so ein Gewäsch!“
    Die gelben Augen senkten sich und blieben an den glasartigen Sandalen des Mädchens hängen. Der alte Mann überlegte mit einer Spur von Trauer und Groll, den wievielten Teil seines Monatsgehalts sie gekostet hatten.
    „Ich bin zu weit abgeschweift, nicht wahr? Kehren wir also zurück zur päpstlichen Bulle aus dem Jahre 2034 –“
    Emma schrieb in ihr Merkheft: „Päpstliche Bulle, 2034.“
    „– die ziemlich bald die ‚Verrückte Bulle’ genannt wurde, nach einem kurzlebigen Versuch innerhalb der römischen Hierarchie, den Geisteszustand des Papstes anzuzweifeln. Aber, da die Anstifter dieses Planes selbst unsterbliche Überlebende der Pest waren und durch den neuen Beschluß exkommuniziert wurden, trug ihr Handeln nur dazu bei, das Schisma zu beschleunigen, das Johannes herbeizuführen suchte.“
    Emma schrieb in ihr Merkheft: „Ketzer exkommuniziert.“ Charmians Bleistift wanderte über ihre Rippen.
    „Ich glaube, rückblickend kann gesagt werden, daß Johannes im besten Interesse seiner Kirche handelte, auch wenn die unmittelbare Folge ein Mitglieder-Rückgang um achtzig Prozent war. Diese Zahl zeigt, wie sehr sich schon damals das neue Bewußtsein im Zwiespalt mit der traditionellen Anschauung befand, die von der Kirche vertreten wurde; denn das Verhältnis von Sterblichen zu Unsterblichen betrug damals wie jetzt nur den Bruchteil eines Prozentes. In England und anderen fortschrittlichen Ländern war der Glaubensabfall sogar noch drastischer. 2032, zwei Jahre vor der Verrückten Bulle, hatte die römischkatholische Bevölkerung von Großbritannien um fünfzig Prozent abgenommen, verglichen mit dem Stand um die Jahrhundertwende. Und in anderen Kirchen war der Rückgang noch stärker.“
    Emma schrieb: „2032, 50%.“
    „Die eigentliche Macht der Kirche lag in Mittel- und Südamerika, in Gebieten also, wo Krankheiten und Hungersnöte immer noch, wenn auch künstlich, den Sinn für die Vergänglichkeit und den Glauben an ein Leben nach dem Tode aufrechterhielten. Aber das konnte man kaum als eine Macht von Dauer bezeichnen, da sie auf Unwissenheit und Armut beruhte. Ich glaube, diese Erwägungen helfen uns, Johannes’ rücksichtsloses Vergehen besser zu verstehen. Die fortgesetzte Duldung von Unsterblichen innerhalb der Kirche hätte nur ihr Potential als – wie soll ich sagen? – als Sammelpunkt für das sterbliche Element geschwächt. Und er hatte Erfolg mit seiner Aktion, wie wir wissen. Einen kleinen Erfolg, könnte man einwenden, aber vermutlich war es der einzige, der sich den Umständen abtrotzen ließ.“
    „Die Kirche siegreich“, schrieb Emma.
    Mister Harness sah sich um. „Noch irgendwelche Fragen? Charmian?“
    „Trotzdem, es erscheint mir einfach nicht fair. Ich meine, die meisten dieser achtzig Prozent, die rausgeworfen wurden, glaubten doch noch an all das Zeug, oder? Und dann sagt man ihnen, daß das überhaupt keinen Unterschied macht. War es ihre Schuld, daß sie unsterblich auf die Welt kamen?“
    „Damit müßtest du dich an einen Jesuiten wenden. Nach Ansicht der Kirche war und ist es ihre Schuld. Wir alle sind – oder besser gesagt –“ und wieder kräuselten sich die Pergamentlippen, diesmal noch stärker – „ ihr alle seid Ketzer. Es handelt sich im Grunde genommen um etwas ähnliches wie den Begriff der Erbsünde.“
    „Also, das geht doch zu weit! Ein

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