Damon Knights Collection 2
sagte Kinross. »Und ob ich bereit bin!«
»Nun gut«, sagte Krüger. »Jetzt gehen wir hinüber zu unserer eigenen Welt und dem frischen, kühlen Wasser. Legt euch alle hin, macht es euch möglichst bequem, als wolltet ihr euch ausruhen.«
Kinross streckte sich am Achtersteven aus, neben Kerbeck. Krüger schaute mit seinem Vollmondgesicht, das jetzt wie aus Granit gehauen zu sein schien, auf sie herab. Er schwankte an der Heckreling im regelmäßigen Auf und Ab des Bootes.
»Ruht euch aus«, sagte er. »Bemüht euch nicht, strengt euch nicht an, sonst werdet ihr es verpassen. Kinross, versuche nicht, dich selbst zu beobachten. Ruh dich aus. Denke nicht. Laßt eure Bäuche einsinken und eure Finger sich spreizen …
Eure Körper sind schwer, zu schwer für euch. Ihr sinkt flach auf das weiche Holz. Ihr laßt euch gehen, sinkt herab …«
Kinross spürte die Trägheit und Schwere. Krügers Stimme klang von ferner, aber immer noch klar, flüssig, unaufhörlich. »… ruht euch aus. Der Schmerz verschwindet. Die Angst verschwindet … immer weiter … glücklich … zuversichtlich … ihr glaubt mir, weil ich es weiß … ihr glaubt mir, weil ich es weiß …«
Kinross fühlte einen zuckenden Mund, und es war sein eigener. Der schlaffe, schwere Körper war irgendwie auch sein eigener. Ein Singsang hob und senkte sich, wie die Wellen, Krügers dahinplätschernde Stimme …
»… ruhen … g-a-a-a-nz entspannt … ihr könnt nicht mehr mit den Augen blinzeln … versucht es nur … versucht es, so fest ihr könnt …«
Kinross fühlte ein Prickeln in den Händen und Füßen des Körpers, der nicht mehr mit den Augen blinzeln konnte. Aber natürlich …
»… die Kiefer sind zusammengepreßt … versucht, so fest ihr könnt … ihr könnt sie nicht öffnen … eine Hand hebt sich … höher und höher und höher … wie eine Feder … höher und höher … versucht … so fest ihr könnt … KINROSS, versuch deine Hand zu senken!«
Die Hand schwebte in Kinross’ Gesichtsfeld. Sie hatte etwas mit ihm zu tun. Er wollte sie senken, aber sie gehorchte ihm nicht. Sein Blick vibrierte im Rhythmus der Wellen und Krügers an- und abschwellender Stimme. Erst sah er Krüger in der Ferne, aber klar und deutlich, wie durch die falsche Seite eines Feldstechers, und die Stimme war klar, sprudelnd, wie ein Wasserfall über Felsen. Dann drang der dicke Mann näher und näher, ragte höher und höher auf, wurde verschwommener und undeutlicher, als er den Himmel ausfüllte, und die Stimme verklang. Dann kehrte sie zurück …
»… senkt die Hände … entspannt euch auf dem weichen, ruhespendenden Holz … entspannt euch alle … jetzt ist es fast so weit … bleibt entspannt, bis ich euch das Zeichen gebe … Hört gut zu: zum Zeichen werde ich zweimal in die Hände klatschen und sagen: ›Handelt.‹ Ihr werdet wissen, was ihr zu tun habt, und ihr werdet es tun … Nehmt mich mit … streckt jeder eine Hand aus und nehmt mich mit … blind, wo ihr seht, taub, wo ihr hört … ihr dürft es nicht versäumen, mich mitzunehmen … VERGESST DAS NICHT.
… das Meer ist verschwunden, der Himmel ist verschwunden, nichts ist mehr da außer dem Boot und grauem Nebel. Kinross, was siehst du?«
Grauer wirbelnder Nebel, schwarzes Boot, keine Farbe, keine Einzelheit, eine Traumskizze … keine Bewegung … kein Pulsen der Dinge mehr … das endlose Geplätscher und Gemurmel der Stimme, und dann eine andere Stimme: »Ich sehe um mich herum nur grauen Nebel.«
»Ringsherum nur grauer Nebel, und von dem Nebel hebt sich jetzt etwas ab. Du siehst etwas. Silva, was siehst du?«
»Ein Gesicht. Ich sehe ein Gesicht.«
»Fay, du siehst ein Gesicht. Beschreibe das Gesicht.«
»Das Gesicht eines Riesen. Größer als das Boot. Es ist bekümmert und ernst.«
»Kerbeck, du siehst ein Gesicht. Welche Form hat es?«
»Rund und dick. Mit was Härchen drauf.«
»Garcia, du siehst das Gesicht. Nenne uns die Farben.«
»Blaue Augen. Fast weißes Haar. Glatte und weiße Haut. Schmale und rote Lippen.«
»KINROSS, du siehst das Gesicht. Beschreibe die Einzelheiten.«
»Dünne, hochgewölbte Augenbrauen, weiß auf weiß. Breite Stirn. Pausbacken. Flache, platte Nase, bebende Nasenflügel. Breiter Mund, schmale Lippen.«
»Bo Bo, du siehst das Gesicht. Wer ist es, Bo Bo? Sage uns, wer es ist.«
»Du bist es, Boß Krüger.«
»Ja«, sagte das Gesicht und bewegte dabei die großen Lippen. »Jetzt seid ihr bereit. Jetzt seid ihr nahe daran.
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