Damon Knights Collection 2
entgleitet. Beschwöre es herauf. Hilf mir.«
»Nun gut. Du weißt es bereits. Du lernst nichts Neues, sondern erinnerst dich an etwas, das zu vergessen dir eingetrichtert wurde. Aber hör zu. Manchmal bricht die Wirklichkeit auf. Indianern in visionärer Selbstvergessenheit, Heiligen in der thebanischen Wüste, Märtyrern in den Flammen. Stets nach Entbehrung, anhaltendem Schmerz, wie heute bei uns, gestern bei Whelan. Aber immer heilt die Welt sich selbst, fügt sich wieder zusammen, durch die Macht der Menschen, die nicht sehen, die nicht glauben wollen, weil sie meinen, daß sie nicht glauben können. So wie du mitgeholfen hast, Whelan gestern umzubringen.
Du verstehst etwas von Elektrizität. Also, es ist wie ein Magnetfeld, das dort am stärksten ist, wo die meisten Menschen sind. Keine Wunder in Städten. Die Menschen halten die Welt zusammen. Von der Wiege an sind sie dazu gedrillt, sie zusammenzuhalten. Unsere Sprache ist das Gerippe der Welt. Die Wörter, die wir reden, sind Backsteine und Mörtel, um ein Gefängnis zu erbauen, in dem wir zu Kannibalen werden und vor Durst umkommen. Kinross, kannst du mir folgen?«
»Ja, ich kann dir folgen, aber …«
»Kein Aber. Hör zu. Hier sind wir, 18 Grad Süd, 82 Grad Ost, sieben Männer auf zehn Millionen Quadratmeilen Leere. Das Wirklichkeitsfeld ist hier schwach. Es ist ein dünner Fleck auf der Erde, Kinross, verstehst du das? Wir sind an der Grenze des Erträglichen. Es ist uns egal, ob die Welt sich an tausend Stellen spaltet, wenn wir nur hier aus ihr ausbrechen, unser Leben retten, kühles Süßwasser trinken können …«
Kinross durchfuhr ein Schauder der Angst. »Halt ein«, sagte er. »Mir ist es, glaube ich, nicht egal, ob die Welt sich spaltet …«
»Oh! Du fängst an zu glauben!« Die klare, flüssige Stimme sprudelte triumphierend empor. »Es sickert ein, unter den Worten und hinter den Gedanken. Es ängstigt dich. Nun gut. Glaube mir jetzt, Kinross. Ich habe mich ein halbes Leben damit befaßt. Wir fügen der Welt kein Leid zu, wenn wir ihr heimlich entschlüpfen. Wir lassen eine kleine Öffnung zurück, wie in Tibesti, aber wer wird die je finden?«
Der alte Portugiese fuchtelte mit seinen dürren Armen und krächzte. Dann fand er seine Stimme wieder und sagte: »Ich kenne die Geschichte von Tibesti. Meine Vorfahren haben sechshundert Jahre in Mogador gelebt. Es ist eine Berbergeschichte, und sie ist unheilig.«
»Aber wahr, Silva«, sagte Krüger sanft. »Nur darauf kommt es uns an. Wir alle wissen, daß sie wahr ist.«
»Du willst ein schwarzes Wunder, Krüger. Gott läßt es nicht zu. Wir werden unsere Seelen verlieren.«
»Wir werden unsere Seelen zu unserem persönlichen Besitz machen, Silva. Das habe ich ja Kinross gerade erklärt. Gott ist 18 Grad Süd, 82 Grad Ost recht dünn gesät.«
»Nein, nein«, jammerte der alte Mann. »Wir sollten lieber für ein weißes Wunder beten, ein Schiff, Regen …«
»Was immer mich am Leben läßt, ist ein weißes Wunder«, sagte Garcia aufbrausend. »Krüger hat recht, Silva. Ich habe jedes Gebet, das du in den letzten vier Tagen zum Himmel geschickt hast, einfach durch meine Gegenwart sabotiert. Es ist unser einziger Ausweg, Silva.«
»Hörst du das, Kinross?« fragte Krüger. »Sie glauben. Sie sind bereit. Sie können nicht länger auf dich warten.«
»Ich glaube«, sagte Kinross und schluckte schmerzhaft, »aber ich muß wissen, wie . Okay, schwarze Magie, aber welche Worte, welche Gedanken, welche Taten?«
»Keine Worte. Keine Gedanken. Sie sind Mauern, die man durchbricht. Nur eine einzige Tat. Eine unaussprechliche, undenkbare Tat. Ich weiß, was dich beunruhigt, Kinross. Hör zu. Ich meine Massenhypnose, gemeinsame Halluzination, etwas, das irgendwo auf der Welt Tag für Tag geschieht. Hier gibt es keine Menschenmenge, um die Umwelt intakt zu halten. Unsere Halluzination wird zu unserer Umwelt, mit Wasser und Früchten und Gras. Wir fühlen sie schon seit Tagen um uns, sie wartet auf uns …«
Die Männer um Kinross murmelten und schnauften. Ungeheuere Erregung stieg in ihm auf.
»Ich glaube, Krüger. Ich fühle es jetzt. Aber woher weißt du, was für eine Welt …?«
»Verdammt, Kinross, es ist keine schon vorhandene Welt. Es ist eine mögliche. Wir erschaffen sie auf unserem Wege dorthin, füllen sie mit dem, was wir uns wünschen … Die seligen Gefilde.«
»Ja«, sagte Kerbeck. »Die seligen Gefilde. Habe auch schon davon hören. Du eilen, Kinross.«
»Ich bin bereit«,
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