Damon Knights Collection 4
ich, täte es einer meiner Mitrichter, strengstens verurteilen müßte.
Er hielt in seinem langsamen Ausschreiten inne und starrte auf das Telefon. Er wußte, daß er keine Ruhe haben würde, bevor er nicht gehandelt hatte. In plötzlichem Entschluß ergriff er den Hörer und wählte eine Nummer.
»Evans? Pendleton. Ich habe eine sehr delikate Angelegenheit, die ich Ihnen anvertrauen möchte, streng vertraulich. Sie haben von Philip Dopher gehört? Ja – der, genau der – Fahrstuhlführer in besagtem Gebäude. Ich möchte, daß Sie ihn ausfindig machen und ihm tausend Dollar geben. Sagen Sie ihm, mit diesem Geld könne er das Tyson-Urteil aus erster Hand hören. Er soll jeden Morgen hier sein, bis wir das Urteil verkünden. Es wird mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Meiner Meinung nach bis zum ersten April. Sagen Sie ihm, daß er am Tag der Urteilsverkündung noch einmal tausend Dollar erhält. Aber er soll im Gericht sein, vorher erhält er’s nicht. Erfinden Sie etwas. Sagen Sie, es wäre von der ›Gesellschaft für Gerechtigkeit‹ gespendet. Sagen Sie ihm irgend etwas. Nur bringen Sie ihn bei. Nein, Evans, ich kann nicht darüber sprechen. Es ist nur so eine Ahnung. Ach, noch etwas, begleiten Sie ihn am ersten Tag selbst und zeigen Sie ihm, wo er sitzen soll – schön vorne, in der ersten Bank, wo ihn Ben Edmonds leicht sehen kann.«
Tweedledee: Wenn es so wäre, würde es sein, aber da es nicht so ist, ist es nicht. Das ist Logik.
Lewis Carroll: Through the Looking Glass
Es war wieder Freitagskonferenz.
»Wir diskutieren nun seit über zwei Stunden den Fall Tyson. Übereinstimmung scheint unmöglich.« Die Stimme des Gerichtspräsidenten klang gemessen und unter Kontrolle. Aber Edmonds glaubte eine Spur grimmigen Vergnügens zu entdecken. Seine anderen Kollegen schienen im Gegensatz dazu mürrisch, fast trotzig, als ob sie erst jetzt gewisse unmögliche Gesichtspunkte ihrer Aufgabe sähen. Pendleton fuhr dessen ungeachtet in dumpfem Monolog fort: »Wir müssen zu einem Ende kommen und abstimmen, auch wenn es nur unsere abweichenden Meinungen untermauert. Ich will mit der Darlegung meiner eigenen Position beginnen. Wenn Hellseherei nicht existiert, dann war der Haussuchungsbefehl offensichtlich ungültig, und wir müssen das New Yorker Urteil revidieren. Aber ich kann mich dieser Auffassung nicht anschließen. Es gibt zu viele belegte Fälle von Hellseherei. Noch ist sie zugegebenermaßen zufällig, kann nicht willentlich hervorgerufen werden und erfordert im allgemeinen eine Überprüfung durch die fünf Sinne. Ihre entschiedensten Anhänger behaupten nicht, daß sie die Gewißheit des normalen Sehens und Hörens besitzt. Jede Behörde, die beauftragt würde, einen Befehl aufgrund eines psi-Zeugnisses auszustellen, wäre sicher berechtigt, vielleicht sogar aufgefordert, sich frühere Vorfälle und vorangegangene Berichte des psi-Informanten anzuschauen. Einige psis von internationalem Ruf und lange Geschichten von bewiesenem polizeilichen Erfolg mögen ausreichend glaubwürdig sein, um einen Haftbefehl zu untermauern, wenn es keine anderen Mängel in der Beweiskette gibt. Bei dieser Beweisführung gibt es unglücklicherweise, glaube ich, einen Fehler und zwar einen schwerwiegenden. Ich gebe zu, daß es sich nicht um Abhören handelt. Weder elektrischer Strom noch elektromagnetische Strahlen sind nachgewiesenermaßen bei der psi-Übermittlung beteiligt. Ein Faradayscher Käfig schließt elektromagnetische Strahlen aus, aber er kann nicht psi ausschließen. Da Abhören und Veröffentlichung einer elektrisch erzeugten Nachricht entfallen, ist Abschnitt sechsnullfünf des Bundesnachrichtengesetzes nicht verletzt worden. Deshalb ist die lange Liste unserer Abhörfälle – als solche – nicht direkt zuständig. Und doch hat ein Einbruch in die Privatsphäre in einem solchen Ausmaß stattgefunden, daß er Abhören bei weitem übertrifft. Die Aufdringlichkeit und der Einbruch ins Private gehen weit über das Maß der Geräusche und Bilder hinaus, die durch ›Wanzen‹ und Geheimkameras zugänglich gemacht werden. Unsere ureigensten Gedanken werden bloßgelegt. Das ist schlimmer als die Wahrheitsdroge: wir brauchen nicht einmal zugegen zu sein, damit es mit uns geschieht. Ich glaube, daß Tysons verfassungsmäßige Rechte verletzt wurden. Ich denke, wir sollten das Urteil aufheben. Und damit bin ich fertig. Mr. Godwin?«
»Ich stimme bis zu einem gewissen Grad zu. Das Problem, wie ich es sehe,
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