Damon Knights Collection 6
Raubtiere vertreiben, oder deren Sinne betäuben. Andere lockten Insekten an und schläferten deren Mißtrauen ein.
Ancho probierte auch die Tricks, die ihn gelehrt worden waren, seitdem er in zivilisierter Umwelt lebte. Bei einem der Durchgänge brachen alle Matrosen im Trakt zeitweise in hysterisches Lachen aus. Ascuasenya kicherte noch fünfzehn Minuten, nachdem Ancho vorbeigekommen war. Was sie sahen, war in höchstem Maße erheiternd, obwohl sie Tatja und Svir nicht erklären konnten, warum eigentlich.
Und obwohl Tatja ihr Bestes tat, die Arbeit voranzutreiben, wurde das Projekt eine Plackerei. Die Matrosen waren ziemlich müde. Ancho hatte sie durch eine Gefühlsschleuder gehen lassen. Innerhalb von zwanzig Minuten hatte er sie lachen und weinen lassen. Der Dorfox hatte eifrig auf all die Aufmerksamkeit reagiert, mit der er überschüttet worden war, aber nun fing er an, das Interesse zu verlieren.
Zum hundertsten Mal begann Svir durch die Scheinaufbauten zu gehen. Er war verwundert über den Grad von Respekt und Gehorsam, den diese Matrosen Tatja gegenüber zeigten. Sie mußte mehr Autorität auf der Barke haben, als ihrem Titel zu entnehmen war. Wenn sie mit ihrer leisen angenehmen Stimme einen Vorschlag machte, sprangen die Leute. Das war ein Beweis dafür, wie die besten Leute in jeder Organisation an die Spitze kamen. Was hatte er vollbracht, daß er sie verdiente?
Aber es begann so auszuschauen, als ob sie hinsichtlich Ancho falsche Erwartungen gehegt hätte. Offenbar war das ein Trick, den Ancho nicht konnte. Vielleicht konnte er auch. Hedrigs war nicht gerade begierig, seine Nase in Tar Beneshs Angelegenheiten zu stecken.
»Verdammt, Mensch, halt dich aufrecht, wenn du gehst!« Svir brauchte eine Sekunde des Erstaunens, um mitzukriegen, daß Tatja mit ihm sprach. »Komm zurück und fang noch mal an. Wie kannst du von dem Dorfox erwarten, daß er eine Autoritätsvorspiegelung aussendet, wenn du da wie ein vergammelter Student, krumm wie ‘ne Drei, entlangwankst?«
Hedrigs schluckte eine scharfe Antwort hinunter. Er ging zum Ausgangspunkt zurück und fing noch mal von vorne an. Er stolzierte die Passage hinab, imitierte dabei die Haltung eines Beamten von Crownesse, den er einst bei einem Dinner der Universität Krirsarque gesehen hatte. Die Wirkung war durchdringend. Mit einemmal täuschte Svir nicht länger vor. Er fühlte sich tatsächlich wichtig und mächtig – geradeso, wie er sich immer vorgestellt hatte, daß Generäle und Politiker sich fühlen würden. Es schien nur natürlich, daß die Matrosen in Habachtstellung schnellten, wenn er an ihnen vorbeiging. Er erwiderte ihre starre Haltung mit einem formlosen Gruß. Das Machtgefühl verschwand, als er zum Ende der Passage kam.
Tatja lächelte. »Na also! Nun, Miss Ascuasenya, was haben Sie gerade gesehen, als Svir an Ihnen vorbeiging?«
Cor sah verwirrt aus. Sie blickte von Tatja zu Svir und wieder zurück. »Als ich zuerst sah, wie er die Hal le herunterkam, hätte ich schwören können, es wäre mein Vater – aber meine Familie ist auf dem Llerenito-Archipel! Als er näher kam, sah ich, daß es Jespen Tarulle war. Ich meine, ich wußte, es war Svir – er mußte es sein. Aber es war zur selben Zeit Jespen Tarulle. Sogar jetzt, wenn ich ihn anschaue, sehe ich Tarulle – und doch kann ich auch Svir sehen.« Hedrigs sah nach Anchos Ohren. Sie zeigten nicht auf Cor. Die Halluzination bestand fort, sogar nachdem der Dorfox aufgehört hatte zu senden.
Tatja sagte für eine Sekunde gar nichts. Sie machte eine Reihe Notizen in ihrem Buch und sah dann auf. »Können Sie Ancho auf Hedrigs’ Schulter sitzen sehen?«
Ascuasenya kniff die Augen zusammen. »Alles, was ich sehe, ist dieses merkwürdige Doppelbild, das ich gerade beschrieben habe.«
Die anderen zeigten ähnliche Reaktionen. Etwa die Hälfte sah Hedrigs als Tatja. Diese Leute waren besonders verwirrt, zumal sie jetzt zwei Tatja Grimms sahen. Jedem von ihnen war klar, daß Anchos Kunststückchen damit zu tun hatten, und alle bis auf zwei konnten Hedrigs hinter der Halluzination sehen.
Svirs Schultern sackten zusammen. All die Mühe und das Beste, was ihnen gelingen konnte, war eine halbgare Illusion, die nicht einmal für alle gleich war. Damit würde man die königlichen Wachen niemals täuschen.
Aber Tatja schien anders darüber zu denken. Sie hörte auf, in das Notizbuch zu schreiben und sah auf, lächelte. »Schön, wir haben’s geschafft. Die Täuschung war eine der
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