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Dampfnudelblues

Dampfnudelblues

Titel: Dampfnudelblues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Falk
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München, weil ich zuerst abwarten muss, bis der Zwerg Nase eingeschlafen ist. Dadurch hab ich den ersten Zug verpasst und komme fünfundvierzig Minuten zu spät. Jetzt erwarte ich natürlich erst mal ein Riesen-Tamtam vom Rudi.
    Aber nein. Kein Tamtam.
    Er ist nämlich gar nicht da. Ich schau mich ganz genau um, aber nix. Kein Rudi. Vielleicht ist ihm die Warterei ja zu blöd geworden und er ist wieder weg, denk ich mir so. Ich geh rein.
    Die Warterei ist ihm nicht zu blöd geworden. Er hat nämlich gar nicht gewartet. Er ist einfach schnurstracks in die Pathologie gewandert und hat dem Günter dort gesagt, wir wären hier miteinander verabredet. Das hat der Günter akzeptiert. Und wie ich reinkomm, sitzen die zwei bei Butterbrezen und Kaffee gemütlich am Obduktionstisch und ratschen.
    »Ah, Franz, wunderbar, dass du da bist. Wir haben schon alles besprochen«, sagt der Rudi und schlürft am Kaffee.
    »Ein Haferl Kaffee?«, fragt der Günter.
    Ich nicke.
    »Du auch noch?«, fragt er den Rudi.
    Die zwei scheinen sich prächtig zu verstehen.
    Der Günter schenkt Kaffee ein.
    »Ja, dann muss ich auch schon wieder weiter«, sagt er. »Bei uns türmen sich nämlich momentan die Toten bis unters Hausdach.«
    »Wie: weg?«, frag ich ziemlich verdattert. »Ich bin doch grad erst gekommen.«
    »Ja, ja. Aber dein Kollege ist ja schon über eine Stunde da. Und dem hab ich alles haarklein erzählt. Ihr arbeitet doch zusammen, nicht wahr«, sagt der blöde Leichenfläderer und dreht sich ab.
    »Er ist nicht mein Kollege!«
    »Wie dem auch sei – ich muss weiter, sorry!«
    »So pressant wird’s schon nicht sein!«, sag ich und merk, dass mir die Wut hochsteigt.
    »Doch!«, sagt der Günter mit Nachdruck und schmeißt seinen güldenen Zopf über die Schulter.
    »Günter!«, schrei ich jetzt aus Leibeskräften.
    Er fährt herum und starrt mich an.
    »Ja?«
    »Erstens arbeite ich mit überhaupt niemandem zusammen. Einzelkämpfer, verstehst? Und zweitens wirst du mir jetzt alles schön und der Reihe nach erzählen, verstanden? Weil nur aus diesem Grund bin ich nämlich hier!«
    »Ich werde dir einen Scheißdreck erzählen, Franz Eberhofer aus Niederkaltenkirchen bei Landshut. Sprecht’s euch in Zukunft gefälligst besser ab. Und jetzt muss ich weg, verdammt!«
    »Die Schamhaare«, sag ich. »Kannst du dir wenigstens noch die Schamhaare anschauen?«, ruf ich hinter ihm her.
    »Momentan nicht. Schreib deinen Namen auf die Tüte und leg sie mir auf den Schreibtisch. Und jetzt Servus!«
    Und weg ist er.
    Der Rudi starrt auf den Boden.
    »Gut, packen wir’s«, sagt er, ohne mich anzuschauen.
    Ich deponier die Schamhaare wie befohlen und geh dann mit dem Birkenberger-Arsch zurück auf die Straße.
    Meine Fäuste sind geballt.
    Ich könnte ihm die Zähne einschlagen.
    »Du hättest nur pünktlich sein brauchen, dann wär das alles nicht passiert«, sagt er in seinem vorwurfsvollen Ehefrauen-Tonfall.
    »Wie kommst du überhaupt dazu, einfach da hineinzugehen? Du bist kein Polizist mehr. Hast du das schon vergessen? Wie kannst du das einfach behaupten?«
    »Ich hab’s überhaupt nicht behauptet. Ich hab nur gesagt, ich wär hier mit dir verabredet. Und das war ja nicht gelogen.«
    »Ach, Scheiße. Was hat er dir erzählt. Jetzt red schon«, sag ich, weil mein Interesse an dem Mordfall deutlich größer ist als das an einer dämlichen Streiterei mit dem dämlichen Birkenberger.
    »Jetzt zieh nicht so ein Gesicht, Franz. Schau, ich hab dir alles aufgeschrieben«, sagt der Rudi und reicht mir einen Zettel rüber.
    Er hat mir alles aufgeschrieben! Als wär das seine Aufgabe!
    »Und schau«, sagt er und zieht ein Foto von dem Toten aus seiner Jackentasche. »Der Günter hat mir auch noch ein Foto gegeben.«
    Der Günter hat mir ein Foto gegeben! Jetzt muss ich gleich kotzen.
    Ich muss mich langsam beruhigen, sonst kommen wir hier nicht weiter. Ich atme tief ein.
    So nach und nach verebbt meine Wut aber wieder, und dann erfahr ich einiges. Zum Beispiel erfahr ich, dass der Tote tatsächlich ein Junkie war. Und es waren auch die Drogen, die ihn umgebracht haben.
    Überdosis.
    Goldener Schuss.
    Aus und vorbei.
    Mit zwanzig.
    Das hat sich rentiert, mein Lieber!
    Marcel Buchheim ist sein Name. Der Leichnam wurde in der Schrebergartensiedlung am Landshuter Bahnhof gefunden. In einem Gartenhäuschen. Die Besitzer kennen ihn nicht. Er war schon fast eine Woche lang tot, wie er dann endlich entdeckt worden ist. Ein Fremdverschulden ist größtenteils

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