Dan
selbst wenn einer davon den Breitengrad ergibt, auf dem Venezuela liegt, kann der andere nicht den Längengrad in Minuten angeben, denn der liegt alles andere als in der Nähe von Venezuela. Wenn die Zahlen, die du aus den FBI -Akten hast, den Längengrad in
Sekunden
angeben, hilft uns das auch nicht weiter.«
»Es muss noch mehr Glückskekse geben«, sagte er leise.
Offensichtlich.
»Denn dieser«, fuhr er fort, »könnte uns an die breiteste Stelle des Landes führen. Und weißt du, was dort ist?«
Er beugte sich vor, näher zu dem großen Bildschirm an der Wand. Sein entschlossen vorgerecktes Kinn war von Stoppeln überzogen. Wie würde sich das zwischen ihren Schenkeln anfühlen?
Es wäre kratzig … aber wundervoll.
»Die Jimenez-Kaffee-Plantagen. Irgendwo westlich von Maracaibo gibt es einen Ort namens Monte Verde. Wo könnte man sein Geld besser verstecken als auf der eigenen Plantage?«
Sie sah auf seine Schenkel, die er weit gespreizt hatte, um sich über die Laptop-Tastatur zu beugen. Dieselben Schenkel hatte sie heute Nachmittag im Dunkeln gesehen, als er in aller Heimlichkeit Spannung abgebaut hatte. Es hatte sie alles gekostet, nicht helfend einzugreifen.
»Meilenweit undurchdringlicher Regenwald, ein weit verzweigtes Netz schlammiger Flüsse und endlose unergründliche Bergwelten.« Er rieb sich den Bart und wandte sich dann zu ihr um. Sie schloss fest die Augen. Wenn sie tat, als ob sie schliefe, würde er nicht weitersprechen … sondern sie vielleicht berühren und noch einmal ihre Selbstbeherrschung testen.
»In diesem Gelände könnten sich überall hundert Millionen Dollar verbergen, Maggie. Wir brauchen eine Liste von allen, die möglicherweise …« Sie spürte, wie er sich näher beugte, nahm seinen Duft auf, und die Wärme und Schwere seines Körpers. »Du brauchst jetzt vor allem Schlaf, Maggie May.«
Er berührte ihr Haar und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
Sollte sie die Augen öffnen? Sie wusste, was sie sehen würde. Zuneigung in seinen grünen Augen. Verlangen. Erregung. Alles das, was auch ihren Körper in Brand setzte. Was sie mit gesundem Menschenverstand und bösen Erinnerungen zu bekämpfen versuchte.
Er strich ihr mit der Fingerspitze, vielleicht auch mit dem Daumen, über die Unterlippe. Die Berührung fühlte sich fest, aber zart an und duftete frisch und männlich.
Dann war er weg. Sie hörte das Klicken des Tischlampenschalters, spürte das Dunkel durch ihre geschlossenen Lider und hörte seine Schritte hinter dem Tresen, der die Küche vom Wohnzimmer trennte.
Sie wagte einen Blick aus Augenschlitzen; er stand vor dem offenen Kühlschrank, mit dem Profil zu ihr, eine Hand im Haar, die andere ausgestreckt, um nach etwas zu greifen.
Sie hörte das Zischen eines Kronkorkens, dann kehrten seine Schritte zurück, um hinter dem Sofa innezuhalten. Er legte ihr eine Hand auf die Schulter; sie fühlte sich so warm an, dass es nicht die sein konnte, mit der er die Flasche gehalten hatte. Die Berührung war so zart, dass sie mehr liebevoll als aufreizend war, und sie weckte in ihr den unwiderstehlichen Drang, ihn zu sich auf die Couch zu holen.
Er zog die Decke höher und steckte sie unter ihr Kinn. Die Geste war so süß, dass sie am liebsten vor Wonne geschnurrt hätte.
Gerade in dem Moment, als sie den Kampf aufgeben und die Augen öffnen wollte, murmelte er: »Du bist so anders.«
Anders? Anders als früher? Anders als andere? Oder anders als … was er sonst so mochte?
Seine Schritte steuerten auf die Vordertür zu. Sie lugte erneut durch ihre Wimpern; er war für einen Moment auf der dunklen Terrasse neben dem unbeleuchteten Pool stehen geblieben, doch dann schloss er die Tür, und sie war allein.
Sie legte ihre Hände auf die Stelle der Decke, die er berührt hatte, und der Wunsch, ihm nah zu sein, war so stark, dass sie sich schlagartig zurückversetzt fühlte – in die Zeit, als derselbe Mann, wenn auch mit verändertem Äußeren, dieselben Gefühle in ihr ausgelöst hatte. Das mit der Körperchemie war schon eigenartig. Es musste etwas mit Pheromonen oder Geruch zu tun haben.
Sie schlug die Decke zurück und setzte sich auf. Er konnte noch nicht weit gekommen sein.
Draußen blieb sie zunächst in der Tür stehen und ließ den Blick über die dunkle Terrasse wandern, auf der mindestens dreißig Personen an diversen Tischen, Stühlen und Liegen Platz gefunden hätten. Sie spähte zum Haupthaus hoch und entdeckte ein Licht – ihr Zimmer. Ob er dort
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