Dan
außerdem, angenommen, Quinn würde irgendwann krank werden und hätte keine Ahnung über seine genetische Herkunft … Ich habe Michael Scott eintragen lassen, weil das die Wahrheit war. Und weil …«
»Weil was?«, drängte Dan.
»Weil meine Mutter bei mir ›Vater unbekannt‹ hat eintragen lassen. Kannst du dich noch an meine Mutter erinnern? Ich weiß noch, dass ich dir von ihr erzählt habe.«
Er nickte. »Sie hat dich von deiner Großmutter aufziehen lassen, und als deine Baba starb, wollte sie kommen und dich holen, kam aber nicht.«
»Du hast ein erstaunliches Gedächtnis. Hab ich dir von dem Telefonat mit ihr erzählt?«
»Wann war das? Jetzt erst?«
»Um Gottes willen, nein. Als Baba starb. Sie hat mich angerufen und versprochen, mich zu sich zu holen. Aber sie ist nie aufgetaucht. Auch nach Wochen und Monaten nicht. Ich war fast achtzehn und hätte meine Mutter eigentlich nicht mehr gebraucht, aber ich habe mir gewünscht, dass sie kommt.« Die Sozialarbeiter wurden zum Feind. Ebenso wie die Banker, die Babas Haus zwangsversteigerten. Und die Nachbarn, die sie loshaben wollten. Sie konnte niemandem mehr trauen. Ihre Mutter hatte weder Verwandte noch Freunde. Die Schule war ein Albtraum. »Und so bin ich …«
»Weggelaufen.« Er strich tröstend über ihren Arm. »Du wolltest deine Mutter suchen, doch die Suche war vergeblich.«
»Und auch das ist ein Grund, warum ich Quinn behielt. Ich war fest entschlossen, ihm eine bessere Mutter zu sein.«
»Und das bist du. Du bist eine tolle Mutter.«
Sie spürte, wie ein Lächeln an ihren Mundwinkeln zupfte. »Da ist Quinn wahrscheinlich manchmal anderer Meinung, aber danke. Smitty fand das auch.«
»Was hat er zu der Geburtsurkunde gesagt?«
»Ich habe ihm nie davon erzählt.« Er hatte auch nie danach gefragt. »Ich habe getan, was ich für richtig hielt, und die Geburtsurkunde sicher weggeschlossen. Allerdings ist sie nicht mehr da. Wer auch immer meine Schatulle nach dem Glückskeks-Zettel durchsucht hat, hat sie auch mitgenommen.«
Dans Hand lag immer noch auf ihrem Arm. »Die haben viel mehr als ein Blatt Papier. Sie haben etwas, das sie gegen dich verwenden können.«
»Ich weiß«, sagte sie und rückte näher an ihn heran, als würde es sie beschützen, wenn sie ihn berührte.
Statt etwas zu sagen, legte er seinen Arm um sie und zog sie an sich. Er fuhr mit der Hand durch ihr Haar, streichelte ihre Locken und drehte sie um seine Finger. Es war nichts zwischen ihnen als der dünne Stoff ihrer Kleidung und die schwere Nachtluft – und jede Menge Vergangenheit.
»Was wolltest du Quinn denn über Michael Scott erzählen?«, fragte er schließlich.
Sie sah zu ihm hoch und suchte seinen Blick. »Dass sein Vater als verdeckter Ermittler für das FBI gearbeitet hat und bei einer Drogenrazzia ums Leben kam. Mit diesen Informationen hätte er später alles recherchieren können: Wer du warst, wer ich bin. Das wäre dann seine Entscheidung gewesen.« Sie zögerte, wusste nicht recht, wie sie sich ausdrücken sollte. »Jetzt, da er dich kennengelernt hat, dürfte das alles einfacher sein. Aber ich muss wahrscheinlich ganz schön zu Kreuze kriechen, für all die Vorträge, die ich ihm zum Thema Ehrlichkeit gehalten habe.«
Sie stieß sich von ihm ab. »Seit du hier aufgetaucht bist und erklärt hast, er sei von dir, habe ich gebetet, dass die Gabe zu lügen nicht erblich ist.«
»Ich lüge nicht grundsätzlich, Maggie. Mein Undercover-Job hat das mit sich gebracht. Wenn ich Fakten zurechtbiege, hat das immer damit zu tun, dass ich jemanden schützen will oder eine Straftat verhindern will. Ich habe sehr wohl Moralvorstellungen.«
»Oh bitte.« Sie verdrehte die Augen und knuffte ihn so in den Arm, dass ihre Kettchen klimperten. »Sieh’s doch ein. Du bist unfähig, die Wahrheit zu sagen.«
Ihre Worte trafen ihnen wie Peitschenhiebe.
»Ich kann die Wahrheit sagen«, gab er zurück. »Frag mich irgendwas, was immer du willst, und ich werde dir die ungeschönte, absolute Wahrheit sagen.«
»So wie bei Pflicht oder Wahrheit?«
»Nur ohne Pflicht. Wobei –« Er zog sie näher an sich heran und verschränkte sein Bein mit ihrem. »Die Vorstellung hat etwas.«
Es wäre so einfach, das Spielchen mitzuspielen, dieses Gespräch zu beenden und dem nachzugeben, worauf ihre Körper ohnehin begierig warteten. Es wäre so einfach, – und so viel schöner. »Du könntest trotzdem lügen, ich würde es ja nicht merken.«
»Ach, Maggie.« Sie hörte die
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