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Danach

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Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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nicht, dass sie auch über uns Bescheid wusste, aber diese Mädchen wurden hier vor ihrer Nase durch die Stadt kutschiert. Und sie hat ihr Leben einfach weitergelebt. Vermutlich war sie die Einzige, die verstanden hat, was da vor sich ging. Die Einzige außer den Tätern und ihren Kunden. Aber sie hat nichts unternommen. Und alles nur, damit ihr dunkles Geheimnis nicht ans Licht kommt.«
    Tracy ließ den Motor an und manövrierte den Wagen aus der Parklücke. »Lasst uns eine Runde schlafen. Und dann kümmern wir uns um den Inhaber dieses Postfachs.«

32
    Den Rest des Vormittags verbrachten wir auf unseren neuen Hotelzimmern und verschliefen den Medienrummel um Noah Philben.
    Als ich am frühen Nachmittag aufwachte, hatte ich ein ungutes Gefühl. Ich sah mich prüfend im Zimmer um, aber alles wirkte völlig normal. Die Klimaanlage summte leise vor sich hin, und meine zusammengefalteten Kleider lagen in ordentlichen Stapeln auf der Kommode.
    Auf dem Weg ins Badezimmer entdeckte ich einen Umschlag, den jemand unter der Tür durchgeschoben hatte. Ich vermutete, dass es sich um eine Nachricht von der Rezeption handelte, auch wenn ich es seltsam fand, dass dafür nicht das cremeweiße Briefpapier mit Hotelstempel verwendet worden war, das auch auf meinem Nachttisch auslag. Ich bückte mich und hob den Umschlag auf. Als ich die Handschrift sah, die vertrauten eckigen Buchstaben, fiel ich beinahe in Ohnmacht. Alles in mir sträubte sich dagegen, den Brief zu öffnen. Um mir seinen Inhalt nicht allein ansehen zu müssen, rannte ich den Hotelflur entlang zu Tracys Zimmer. Ich musste mehrmals klopfen, bis sie endlich aufwachte und zur Tür kam.
    »Hast du auch einen gekriegt?«, platzte ich heraus.
    »Was?«, fragte sie schlaftrunken.
    »Einen Brief. Von Jack. Hier im Hotel.« Meine Stimme versagte. Ich war völlig außer mir und spürte die alte Panik in mir anschwellen. »Er weiß, wo wir sind. Wie kann er das wissen? Noah Philbens Männer müssen uns gefolgt sein, und jetzt überbringen sie auch noch Jacks Briefe!«
    Ich zeigte auf den Boden hinter ihrer Tür. Dort lag er. Ihr Gesicht wurde aschfahl, während sie reglos auf den Brief starrte.
    »Wir müssen hier weg. Pack deine Sachen, ich hole Christine«, ordnete sie an.
    Ich rannte in mein Zimmer zurück und warf hastig meine Kleider in den Koffer. Unserem Aufpasser von der Polizei erzählte ich, dass wir beschlossen hatten, nach New York zurückzukehren, und uns beeilen mussten, um unseren Flug zu erwischen. Nachdem er mit einem Vorgesetzten telefoniert hatte, der ihn offenbar für andere Aufgaben brauchte, gab er uns grünes Licht.
    In der Lobby traf ich auf Tracy und Christine. Genau wie ich waren sie völlig aufgewühlt, aber irgendwie schafften wir es, ordnungsgemäß auszuchecken und zum Mietwagen zu eilen. Tracy nahm auf dem Fahrersitz Platz und lenkte den Wagen mit schlingernden Reifen vom Parkplatz.
    Auf dem Rücksitz wurde Christine nun richtig nervös. »Glaubt ihr, die sind immer noch hinter uns her? Wohin fahren wir eigentlich? In ein anderes Hotel? Herrgott, warum habe ich mich bloß wieder auf diese Sache eingelassen?« Obwohl wir immer noch beschleunigten, tastete sie mit zitternden Händen nach dem Türgriff. Ich sah sie schon die Tür aufreißen, rauspringen und ein Taxi zurück nach New York auf die Park Avenue heranwinken.
    »Christine«, sprach Tracy sie mit ruhiger, kontrollierter Stimme an. »Wenn du nichts Sinnvolles zu sagen hast, halt bitte den Mund. Blinde Panik ist jetzt das Letzte, was wir gebrauchen können. Lest lieber die Briefe vor.« Tracy schien ihre Angst unter Kontrolle zu haben, ihr Verstand funktionierte jedenfalls noch.
    Ich riss als Erstes meinen Brief auf, hielt ihn nur an den äußersten Ecken fest, um zu viel Berührung mit dem Papier zu vermeiden, und fing an, ihn vorzulesen: »Die Familie ist endlich wieder vereint. Ich freue mich unendlich. Komm nach Hause, dort findest du deine Antworten.«
    Ich warf den Brief auf den Rücksitz und öffnete Christines Brief.
    »Lasst uns ein Familienfoto machen, meine Lieben! Ein tableau vivant . Ich möchte euch noch so viel mehr zeigen.«
    »Okay, jetzt ist meiner dran.« Tracy lenkte den Wagen wie eine Besessene durch den Verkehr.
    »Wo fahren wir hin?«, wollte ich von ihr wissen.
    »Zu Adele.«
    Ich spürte einen Kloß im Hals. »Du glaubst doch nicht etwa …?« Ich konnte den Gedanken kaum zu Ende denken. Bis auf Polizei und FBI war sie tatsächlich die Einzige, die gewusst hatte,

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