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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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beförderte mich zurück in die Kiste. Ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen, um mich vor den Schlägen zu schützen. Kurz darauf wurde etwas Großes auf mich geworfen, der Länge nach. Es war Jennifers Leiche, schwer und kalt und halb verwest, die sich wie eine Decke auf mich legte. Dann knallte er den Deckel der Holzkiste zu, und ich hörte, wie er ihn zunagelte, wobei er etwas schrie, was ich nicht verstand.
    Im ersten Moment verspürte ich Erleichterung. Er konnte mir nichts mehr anhaben, mich nicht mehr erreichen, der zugenagelte Deckel der Kiste trennte uns. Es dauerte einige Minuten, bis die Erkenntnis zu mir durchdrang, dass ich zusammen mit Jennifers Leiche in einem Sarg eingesperrt war. Ihr Tod war meinem vorausgegangen, aber meiner würde auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Nach einem letzten eingeschlagenen Nagel und einem Rascheln war plötzlich alles still. Jack war offenbar zurück ins Haus gegangen.
    Nach einer Weile spürte ich, wie die Dämmerung über die Scheune hereinbrach. Ich schob mich in eine Ecke der Kiste und machte mich dort so klein wie möglich, um die Leiche nicht berühren zu müssen. Irgendwann glaubte ich zu sehen, wie sie sich bewegte, bildete mir ein, dass sie die Finger nach mir ausstreckte, um mich zu streicheln, und mich anflehte, sie nicht allein zu lassen. Überdeutlich nahm ich Geräusche und Bewegungen wahr, bis ich nicht mehr wusste, was Realität war und was nicht. Ich fing an zu weinen, zwang mich aber sofort wieder, damit aufzuhören, um nicht noch mehr auszutrocknen. Verzweifelt wischte ich mir Tränen, Rotz und Spucke weg und überlegte, was wohl schneller zum Tod führen würde, meine Dehydrierung oder der Sauerstoffmangel. Gleich im nächsten Moment fiel mir auf, dass von Sauerstoffmangel keine Rede war, ich konnte völlig frei und normal atmen. Irgendwo musste eine Öffnung in der Kiste sein.
    Ich schob mich ein Stück aus meiner Ecke heraus und achtete dabei peinlich genau darauf, dass sich meine Haare nicht mit den toten, trockenen Strähnen von Jennifer verhedderten. Dann tastete ich mit den Händen die Kiste ab und stellte fest, dass sie direkt in die Seitenwand der Scheune eingebaut war. Außerdem schien ich nicht das einzige Lebewesen in dieser Scheune zu sein: Hunderte von winzigen Tierchen waren offenbar vor mir dagewesen und hatten seit Jahren unwissentlich darauf hingearbeitet, mir jetzt das Leben zu retten.
    Ob es nun Termiten oder Holzwürmer waren, sie hatten die Wandbretter an der ohnehin feuchten äußersten Ecke der Scheune angenagt und so den Zersetzungsprozess beschleunigt. Ich rüttelte an einem der Bretter. Es schien lose zu sein, und ich hatte das Gefühl, es mit Leichtigkeit aus seiner Verankerung stemmen zu können, aber dieses Mal würde ich nicht so unüberlegt handeln. Ich würde keine Entscheidung treffen, die ich hinterher ewig bereute, sondern in aller Ruhe den nächsten Morgen abwarten. Da es ein Wochentag war, vermutete ich, dass er zur Uni fahren würde. Also blieb ich tatenlos in der Dunkelheit liegen und roch den Zerfall der Leiche, die Feuchtigkeit der Erde. Am liebsten hätte ich diesen Insekten, diesen wundertätigen Insekten, auf Knien dafür gedankt, dass es sie gab, dass sie hier lebten und sich an den Holzbrettern gütlich taten. Ich hätte sie küssen können in meinem Freudentaumel. Aber ich wartete.
    Am nächsten Tag hörte ich, wie die Haustür aufging und kurze Zeit später Schritte in der Scheune erklangen. Er kam, um sich zu vergewissern, dass ich noch in der Kiste lag. Ich verhielt mich so still wie möglich, in der Hoffnung, dass er dann glaubte, ich sei vor Angst und Schock gestorben, aber er hämmerte laut auf den Deckel der Kiste, um mich aufzuschrecken. Weil ich nicht wollte, dass er genauer nachsah und vielleicht sogar den Deckel aufbrach, raschelte ich ein wenig herum, um ihm zu zeigen, dass ich noch da war. Er klopfte noch ein letztes Mal mit den Fingerknöcheln auf die Kiste und ging dann davon. Ich hörte, wie er ins Auto stieg, den Motor startete und die Auffahrt hinunterfuhr. Er würde vier Tage wegbleiben, mir blieb also genug Zeit, mich aus meinem Gefängnis zu befreien. Andererseits war mir klar, dass ich nicht mehr lange ohne Wasser überleben würde. Meine Kehle war jetzt schon ausgedörrt, und die zarte Feuchtigkeit der Erde unter mir quälte mich und trieb mich zur Eile an.
    Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, meine Finger in die Spalten zwischen den Holzbrettern zu graben und

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