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Danach

Danach

Titel: Danach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Koethi Zan
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grundlegendsten und elementarsten Fehler von allen gemacht hatten. Jede Mutter bringt ihrem Kind dieselbe einfache Regel bei, die auch eine der wichtigsten Regeln auf unserer Liste war: »Niemals zu einem Fremden ins Auto steigen«.
    In unserer Selbstüberschätzung hatten wir geglaubt, dass wir diese Regel aufgrund unserer Logik, unserer Recherchen und unserer Vorsichtsmaßnahmen außer Kraft setzen könnten. Aber nichts konnte darüber hinwegtäuschen, dass wir Opfer unseres eigenen Regelbruchs geworden waren. Wir hatten uns wie naive Kinder verhalten. Denn es hatte unser Vorstellungsvermögen überstiegen, dass andere Menschen auch so berechnend handeln konnten wie wir. Wir hatten nicht einmal damit gerechnet, dass nicht blinde statistische Wahrscheinlichkeiten unser Feind waren, sondern echte Bösartigkeit.
    In jener Nacht im Auto holte ich dreimal tief Luft und betrachtete für einen langen, traurigen Moment Jennifers friedliches Gesicht. Mir war klar: Sobald ich sie weckte, würde zum zweiten Mal in ihrem jungen Leben die Welt für sie zusammenbrechen. Voller Angst legte ich schließlich die Hand auf ihre Schulter und schüttelte sie sanft. Zunächst war ihr Blick noch verschwommen. Ich legte den Finger an die Lippen, während sie sich umsah und ihre Umgebung wahrzunehmen begann. Als sich die Erkenntnis und die Furcht auf ihrem Gesicht abzeichneten, entfuhr mir ein Wimmern, das ich unterdrückte, indem ich die Hand vor den Mund legte. Jennifer hatte schon zu viel erlebt und zu viel erleiden müssen. Sie konnte diese Sache unmöglich ohne mich durchstehen. Ich musste stark sein.
    Keine von uns gab einen Laut von sich. Wir waren darauf trainiert, in Notsituationen unsere Impulse zu unterdrücken. Und das hier war eindeutig eine Notsituation.
    Durch die dicke, durchscheinende Plastiktrennwand sahen wir nur sehr wenig von unserem Entführer: dunkelbraune Haare, schwarze Jacke, große Hände auf dem Lenkrad. Links am Nacken trug er eine kleine, teilweise vom Kragen verdeckte Tätowierung, die ich in der Dunkelheit nicht richtig erkennen konnte. Mir lief ein Schauder über den Rücken. Der Rückspiegel war so eingestellt, dass wir fast nichts von seinem Gesicht sehen konnten.
    So lautlos wir konnten überprüften wir die Türgriffe. Die Autotüren waren zentralverriegelt. Auch die Fensterheber waren deaktiviert. Wir saßen in der Falle.
    Jennifer beugte sich langsam vor und hob ihre Tasche vom Boden hoch. Während sie leise darin herumwühlte, hielt sie den Blick unverwandt auf mich gerichtet. Sie zog ihr Pfefferspray hervor. Ich schüttelte den Kopf, weil ich wusste, dass das Spray uns im engen, luftdichten Inneren des Wagens nichts nützte. Trotzdem fühlten wir uns sicherer damit. Ich kramte in meiner eigenen Tasche und zog eine identische Spraydose und ein kleines tragbares Alarmgerät mit Panic Button heraus. Uns blieb nichts anderes übrig als schweigend und starr vor Entsetzen abzuwarten, während unsere zitternden Hände die Pfeffersprays umklammerten und uns trotz der kühlen Oktoberluft der Schweiß auf der Stirn stand.
    Auf der Suche nach einem Plan ließ ich den Blick durchs Innere der Limousine schweifen, und da bemerkte ich sie: In der Trennwand befanden sich auf meiner Seite kleine Belüftungsschlitze, und auch auf Jennifers Seite waren welche. Dort aber waren sie mit selbstgebastelten Ventilen aus Metall und Gummi verbunden, die wiederum an einen Schlauch angeschlossen waren, der im Fußraum der Fahrerkabine verschwand. Ich saß ganz still da und starrte auf die Lüftungsschlitze. In meinem Kopf drehte sich alles, und ich war zunächst unfähig, auch nur einen zusammenhängenden Gedanken zu fassen. Dann verstand ich endlich.
    »Er wird uns betäuben«, flüsterte ich Jennifer zu und blickte voller Bedauern auf das Pfefferspray in meiner Hand. Ich wusste, dass es nie zum Einsatz kommen würde. Fast zärtlich strich ich über die Spraydose und ließ sie dann auf den Boden fallen. Jennifer folgte meinem Blick und verstand sofort, was die Konstruktion an den Lüftungsschlitzen bedeutete: Es gab keine Hoffnung.
    Er musste mich sprechen gehört haben, denn nur Sekunden später verriet uns ein leises Zischen, dass wir bald sehr schläfrig werden würden. Die Lüftungsschlitze auf meiner Seite schlossen sich. Jennifer und ich hielten uns fest an der Hand und umklammerten mit der anderen die Außenseiten der Kunstledersitze, während die Welt um uns herum versank.
    Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in

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