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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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Gesicht an diesem Abend ausgesehen hatte – der dämmrige Schein aus der Beleuchterkabine hatte ihre zitternden Lippen nicht verbergen können.
    Im düsteren Licht des Novembernachmittags wirkte Helens Gesichttrübe und eingefallen, als ob alle Farbe aus ihm gewichen wäre. Spuren von altem Make-up waren um ihre Augen verschmiert, und die Haare hingen ihr strähnig und schlaff über die Schultern, als wären sie seit vielen Tagen nicht mehr gewaschen worden.
    »Ist alles okay mit dir?«, fragte Vanessa und schaute hinunter auf Helens Hand, die noch immer ihren Arm umklammerte.
    Helen blickte Vanessa mit weit aufgerissenen und verzweifelten Augen an.
    »Was – was willst du von mir?« Vanessa schaute sich nach Passanten um, für den Fall, dass sie Hilfe brauchte.
    »Sag niemandem, dass du mich gesehen hast!«, sagte Helen schließlich. Ihre Augen schossen Blicke in alle Richtungen. Dann zog sie Vanessa näher an die Parkbänke heran, die den Bürgersteig säumten, und jagte die Tauben auseinander. »Ich weiß, dass du eine solche Tänzerin bist wie ich.« Ihre Stimme klang heiser und angestrengt. »Jo   … Josef hat dein Talent gerühmt und gesagt, dass du besser bist als ich.«
    »Schau«, sagte Vanessa, »ich will dir keine Rollen wegnehmen! Ich versuche einfach nur zu tanzen und mein Bestes zu geben.« Sie wollte sich aus Helens Griff herauswinden, aber die hielt sie eisern fest.
    »Nein«, sagte Helen und starrte Vanessa so intensiv an, dass ihr unheimlich zumute wurde. »Es ist nicht einfach nur tanzen, was du und ich können. Wenn wir tanzen, dann scheint nicht nur die ganze Welt zu verschwinden – sie verschwindet wirklich. Die richtigen Schritte mit dem richtigen Tänzer können verheerenden Schaden anrichten!«
    Vanessa gab ihren Versuch auf, Helens Händen zu entkommen. »Wovon redest du?«, fragte sie langsam, obwohl sie ganz genau wusste, wovon Helen sprach.
    »Er hat versucht, mich zu benutzen«, sagte Helen. »Er hat versucht, mich dort einzusperren. Er hat es versucht, aber ich bin ihm entkommen. Und jetzt beobachtet er mich! Er sucht mich!«
    »Dich einzusperren?«, fragte Vanessa. »Wer sucht dich?«
    »Die Wände.« Sie blickte sich um, als wären die Straße und die Bäume Wände.
    »Du sagst, jemand versucht, dich einzusperren?«, sagte Vanessa und versuchte, in das, was Helen sagte, einen Sinn zu bringen. Sie antwortete nicht.
    »Du musst da weg«, sagte sie dann, »verschwinde, solange es noch möglich ist!«
    »Wie bitte?«, fragte Vanessa mit zusammengekniffenen Augen. Sie wusste, dass Helen vor zwei Jahren ihren Abschluss an der New Yorker Ballettakademie gemacht hatte – und das bedeutete, dass sie Margaret und auch ein paar andere aus den oberen Klassen gekannt haben musste. Anna. Zep. Und Justin. »Hat er dich dazu angestiftet?«
    »Wer?«
    »Justin.«
    Helen sah verblüfft aus. »Wer ist Justin?«
    Vanessa wusste nicht, was sie antworten sollte. Bevor Helen wieder etwas sagen konnte, hielt ein Taxi in ihrer Nähe. Helen erstarrte und schaute zu, wie der Mann auf dem Beifahrersitz den Fahrer bezahlte.
    »Helen?«, sagte Vanessa und versuchte, ihre Aufmerksamkeit zurückzugewinnen.
    »Hast du jemanden mitgebracht?«, fragte Helen mit einer Stimme, in der Angst lag. »Ist das jemand, der mich verfolgt?«
    »Was?«, sagte Vanessa. »Du bist doch diejenige, die mich verfolgt hat!«
    »Josef?«, sagte Helen und schaute entsetzt zu, wie sich die Tür des Taxis öffnete und der Fahrgast ausstieg. Sein Körperbau ähnelte entfernt dem von Josef, und er hatte dunkle, gewellte Haare und trug eine enge schwarze Jacke.
    »Das ist nicht Josef«, sagte Vanessa. Aber das bisschen Farbe, das noch in Helens Wangen gewesen war, verschwand, und ihre Hände begannen zu zittern.
    »Nein«, flüsterte sie und zog an ihren strähnigen Haaren. »Nein!«
    »Warum hast du solche Angst vor Josef?«
    Der Wind blies durch den dünnen Stoff von Helens Tüchern. Auf ihrem Schlüsselbein sah Vanessa verblassende blaue Flecken. Sie waren gelb geworden, kleine, ovale Flecken, wie von Fingern, die ihr jemand brutal in die Haut gedrückt hatte. Ehe Vanessa noch mehr sagen konnte, wandte Helen sich ab.
    »Du musst die Lyrische Elite finden«, sagte sie. »Du darfst niemandem sonst vertrauen!« Und damit rannte sie über die Straße, weg vom Park. Sie wich den Autos aus und verschwand zwischen den Menschen auf dem Bürgersteig.

Kapitel zwanzig
    In der Woche darauf grübelte Vanessa immer wieder über ihre Begegnung mit

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