Dance of Shadows
Obgleich die Gestalt draußen in der Dunkelheit stand, wusste sie, wer es war. »Zep«, flüsterte sie.
Das Flurlicht schien auf sein Gesicht, als sein Blick zwischen ihr und Justin hin und her wanderte. Seine Miene verhärtete sich. Vanessa wollte ihm zurufen, dass es ihr leidtat und sie das nicht gewollt hatte. Dass sie ihn liebte, und nicht Justin. Aber aus irgendeinem Grund kam ihr das wie eine Lüge vor.
Zep trat mit weit aufgerissenen Augen herein. Justin stellte sich vor Vanessa und sah ihn herausfordernd an.
Plötzlich klopfte es laut an der Tür. Vanessa fuhr erschreckt hoch und schlug die Augen auf. Sie lag im Bett, und die zerwühlten Laken waren feucht vom Schweiß. Von Zep oder Justin keine Spur.Verwirrt blickte sie zu TJ hinüber, die ein Kissen umklammert hielt und leise schnarchte. Im Zimmer war es dunkel und still. Hatte sie geträumt? Sie hatte noch immer den Geruch nach Schweiß und nassen Blättern von Justins Hemd in der Nase. Aber er war nicht da.
Vanessa schluckte, ihr Mund war ganz trocken. Sie wollte gerade einen Schluck Wasser trinken, als tatsächlich jemand klopfte. Ein schwacher Lichtschein fiel durch die Ritze unter der Tür, unterbrochen vom Schatten zweier Füße. Sie zog sich ein Sweatshirt an und schlich auf Zehenspitzen hinüber.
»Vanessa«, raunte ein Junge auf dem Korridor. Sie zuckte erschreckt zusammen, denn es war Justins Stimme. »Ich weiß, du hast mir gesagt, ich soll nie wieder mit dir sprechen, aber bitte mach die Tür auf. Nur dieses eine Mal.«
Vanessa zögerte und fragte sich, warum sie auf einmal so nervös war.
»Bitte«, wiederholte er. »Ich verspreche dir, ich bin nicht gekommen, um dir zu drohen oder dich zu beleidigen.«
Sie öffnete die Tür gerade weit genug, um sein Gesicht zu sehen, das schweißnass war und mit seinem Dreitagebart leicht verwegen aussah. Jetzt, wo er vor ihr stand, war klar, dass sie vorhin geträumt hatte. Aber wieso hatte sie von Justin geträumt, und nicht von Zep?
Besorgt darüber, er könnte ihre Gedanken lesen, senkte sie den Blick und schaute auf seine Hände. »Was willst du?«, fragte sie.
Sie erwartete fast, dass er ihr wie in ihrem Traum antworten würde, stattdessen sagte er: »Ich wollte mich entschuldigen. Ich hätte dir deine Probe nicht versauen dürfen. Du hättest dich verletzen können, und das ist das Gegenteil von dem, was ich will.«
Vanessa runzelte die Stirn. Das Gegenteil?
»Aber ich will dich nicht weiter stören, und ich erwarte auch gar nicht, dass du etwas dazu sagst. Du sollst nur wissen, dass es mir sehr leidtut.«
Sie wollte ihn fragen, was das alles zu bedeuten hatte. Sie wollte mehr über Helen wissen. Wusste er etwas darüber, was mit ihr geschehen war? Aber als er so vor ihr stand, seine Lippen gefährlich nah an ihren, spürte sie das unbändige Verlangen, ihn ins Zimmer zu ziehen und zu küssen, lang und leidenschaftlich, bis sie atemlos und ineinander verschlungen zwischen ihren Laken landeten. Sie wollte das Gewicht seines Körpers auf ihrem spüren und sein Herz im Einklang mit ihrem schlagen hören. Sie wartete und dachte schon, er würde eintreten, doch stattdessen wandte er sich ab.
»Meinst du immer noch, ich sollte weggehen?«
Justin schien von ihrer Frage überrascht zu sein. »Ja.«
»Und weshalb?«
»Ich weiß nicht genau, wie ich es dir erklären soll. Ich kann nur sagen, es gibt einen Grund für das, was ich in der Probe getan habe. Ich wollte dir nicht wehtun.«
Vanessa lachte nervös auf. »Und was hast du dann in der Probe erreichen wollen?«
Justins ruhiger Blick schien fast freundlich. »Ich wollte dich retten.« Und noch bevor Vanessa etwas sagen konnte, drehte er sich um und ging leise den Flur hinunter.
»Warte«, rief sie ihm hinterher. »Was meinst du damit?«
Justin blieb stehen, blickte über die Schulter zurück, als wolle er etwas erklären, aber dann entschied er sich anders. »Gute Nacht, Vanessa«, sagte er und verschwand.
»Und was ist, wenn er recht hat?«, fragte Vanessa am nächsten Tag beim Essen. »Wenn hier an der Schule irgendetwas Merkwürdiges vor sich geht, und Helen auch darüber Bescheid weiß?«
Steffie stocherte nachdenklich in ihrem Salat herum.
»Vielleicht ist Helen ja einfach nur verrückt und hat Angst vor Josef, weil er sie bei der Probe hart angepackt hat, und Justin ist bloßein eifersüchtiger Gockel«, meinte Blaine. »Das scheint mir jedenfalls beides wahrscheinlicher.«
»Da hat Blaine nicht ganz unrecht«, sagte TJ und
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