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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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Ziegelstein auf die Zehen fallen«, drohte TJ grimmig.
    »Ladys!«, rief Steffie lachend. »Kein Grund, gewalttätig zu werden.«
    Durch das offene Fenster wehte warme Samstagmorgenluft herein. Vanessa hing ihren eigenen Gedanken nach. Vergangene Nacht hatte der Junge mit der weißen Maske durch ihre Träume gespukt. Der Atem seiner heiseren Stimme hatte sich in ihrem Nacken glühend heiß angefühlt, als er ihr mit der Hand über den Knöchel strich. Und sein hohlwangiges Gesicht mit den leeren Augenhöhlen war das Letzte, woran sie sich erinnern konnte, bevor sie schweißgebadet aufwachte.
    »Aber sonst hat keiner von euch irgendjemanden Französisch sprechen hören, oder?«, fragte Steffie und brachte die Unterhaltung wieder auf das geheime Aufnahmeritual.
    TJ schüttelte heftig den Kopf, und ihre braunen Locken flogen in allen Richtungen um ihren Kopf. Sie saß neben Blaine auf dem Teppich und blätterte einen Stapel Hochglanzzeitschriften durch, die sie nach dem Frühstück in einem Laden um die Ecke erstanden hatten.
    »Blaine, was meinst du dazu?«, wollte Steffie wissen.
    »Ich hab kein Französisch gehört.« Er blätterte um. »Nur so nervtötendes Gemurmel. Hat mich irgendwie an meinen Sportunterricht daheim in Texas erinnert, kurz bevor mich wieder mal jemand beim Völkerball mit einem gezielten Wurf an den Kopf abgeschossen hat.«
    »Wenn niemand sonst Französisch gehört hat«, sagte Steffie, »dann hat jemand von den älteren Schülern Vanessa gezielt dazu aufgefordert, fortzugehen.«
    »Nicht nur
fortzugehen
«, murmelte Vanessa. »Zu
fliehen.
Um meine
Seele
zu retten
.
«
    TJ verdrehte die Augen. »Das klingt alles irgendwie viel zu theatralisch, wenn du mich fragst. Wenn ich jemandem drohen wollte, dann würde ich ein stärkeres Wort als
fliehen
benutzen. Und vermutlich würde ich es auch nicht auf Französisch sagen.«
    »Stimmt«, räumte Vanessa an. »Es klingt altertümlich, so wie man in vergangenen Zeiten gesprochen hat.«
    »Mir gefällt das«, sagte Elly. »
Fliehen
. Das klingt irgendwie romantisch. So was würde ein Mann zu einer Frau sagen, mit der er durchbrennen will.«
    Blaine stöhnte auf, und TJ klimperte mit den Lidern, als male sie sich gerade eine dramatische Romanze aus. »Elly ist doch nur neidisch, dass jemand anderes tatsächlich etwas erlebt, das sie sich nur in ihren perversen Dominanzfantasien ausmalt.«
    »Stimmt ja gar nicht!« Mit beleidigter Miene drückte sich Elly ein Fransenkissen an die Brust. »Und ich hab keine anderen Fantasien, außer einen netten Jungen kennenzulernen, mit ihm achtundzwanzig oder dreißig Monate fest befreundet zu sein und dann zu heiraten. Anschließend ziehen wir in ein schönes Einfamilienhaus, kaufen Massivholzmöbel, und vielleicht lege ich ein Kräutergärtchen an. Mehr nicht. Nix Perverses. Nix mit Dominanz.«
    Eine Weile herrschte Schweigen, und die übrigen sahen einander ungläubig an.
    »Fest befreundet?«, wunderte sich Blaine.
    Elly runzelte die Stirn. »Ich meine das ernst   … «
    »Ein Kräutergärtchen?«, fiel ihr TJ lachend ins Wort. »Das klingt fast, als wolltest du meinen Opa heiraten. Der liebt Gartenarbeit und ist zu schwerhörig für Liebesgeflüster. Außerdem ist er Pfarrer. Er würde zu dir so was sagen wie ›fliehe von hier‹ oder ›rette deine Seele‹ und dergleichen.«
    »Aber was ich nicht verstehe«, sagte Steffie, als das allgemeine Gelächter verstummt war, »warum gerade du?« Sie schaute Vanessa an. »Fällt dir irgendein Grund ein, aus dem jemand von den älteren Schülern so was zu dir sagen sollte?«
    Vanessa krümmte den Fuß und spürte, wie sich ihr Verband dehnte. Sie selbst kannte hier zwar noch keiner, aber vielleicht wusstenmanche der Älteren Bescheid über ihre Schwester. Margaret war damals als Neuntklässlerin für die Rolle der Solotänzerin im
Feuervogel
besetzt worden. Allein dadurch würde man sich an sie erinnern, auch ohne ihr Verschwinden, die abgesagte Aufführung und die lange, ergebnislose Suche nach ihr. Und obgleich Vanessa mit ihrem feuerroten Haar und der rosigen Haut Margaret auf den ersten Blick nicht ähnlich sah, hatten sie doch dieselben großen haselnussbraunen Augen und denselben herzförmigen Mund.
    Fliehe
, hatte die Stimme gesagt. Und genau das hatte Margaret ja auch getan.
    Aber es schien wenig wahrscheinlich, dass irgendjemand sie als Margarets Schwester erkannt hatte.
    Vanessa merkte, dass Steffie sie beobachtete. Sie war die Einzige im Raum, die wusste, dass

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