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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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fauchte Blaine und knöpfte sich das Jackett zu.
    TJ, die in ihrem orangefarbenen Plisseekleid tatsächlich eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Kürbis aufwies, errötete.
    »Die Woche wollte überhaupt nicht rumgehen«, seufzte Blaine theatralisch. »Und ich hab immer noch keinen Freund gefunden.«
    »Einen Freund?«, wiederholte Vanessa ungläubig. Sie hatte erst einmal einen Jungen geküsst und noch nie einen richtigen Freund gehabt. »Wir sind doch erst seit einer Woche hier.«
    »Ich weiß!«, rief Blaine. »Aber ich dachte, das dauert sicher nur einen Tag. Vielleicht zwei.« Als Vanessa ungläubig die Augen aufriss, zwinkerte er ihr zu.
    »Ich hab an dem Tag mit drei Stunden Training auf Spitze hintereinander echt gedacht, ich sterbe«, fügte TJ hinzu.
    »Ging mir genauso.« Steffies Ohrringe baumelten ihr wie Eiszapfen bis auf die Schultern hinunter. »Es ist, als würden wir mit dem Tanzen lernen wieder ganz von vorn anfangen.«
    »Oder es wird einem bewusst, dass man überhaupt nie richtig tanzen gelernt hat«, warf TJ ein. »Ich find mich grottenschlecht.«
    »Das bist du nicht«, widersprach Vanessa. »Immerhin hat man dich hier aufgenommen.«
    TJ sah auf einmal verlegen aus. »Ja, das schon.« Vanessa fiel wieder ein, wie TJ ihnen gestanden hatte, dass ihre Eltern im Stiftungsrat der Schule saßen. Zunächst war ihr TJ deswegen fast wie ein Glückspilz vorgekommen, aber nun fragte sich Vanessa, ob dieses Vitamin B nicht eher eine Last war. Vor allem, wenn TJ das Gefühl hatte, dass sie hier nicht richtig hingehörte und dass sie ihren Platz an der New Yorker Ballettakademie gar nicht verdient hatte.
    »Wenn Elly hier wäre, würde sie sagen: Jeder Mensch hat etwas, worin er wirklich großartig ist«, fügte Steffie hinzu. »Du musst nur rausfinden, was es ist.«
    Die vier verstummten, als ihnen bewusst wurde, dass Elly fehlte. In den letzten Tagen war Elly immer abwesender und verschlossener geworden und hatte bisweilen kaum mehr an ihrer Unterhaltung teilgenommen. Auch beim Tanzen hatte sich das schon negativ bemerkbar gemacht, und ihr waren grobe Patzer unterlaufen, die Hilda und Josef natürlich nicht entgangen waren. Vanessa hatte versucht,sie zu fragen, was los sei, aber Elly hatte sie nur entschuldigend angesehen und gemeint, sie wolle nicht darüber sprechen.
    »Was sie wohl heute Abend macht?« TJ strich sich die Locken aus dem Gesicht.
    »Sie hat gesagt, sie will auf ihrem Zimmer bleiben und lesen«, murmelte Vanessa und blickte hinunter auf die Eintrittskarte für die Premiere der Neuinszenierung von Tschaikowskys
Dornröschen.
»Sie hat so traurig ausgesehen, als sie das sagte. Natürlich wäre sie heute Abend furchtbar gern mitgekommen.«
    »Wo wir gerade von traurig sprechen«, durchbrach Blaine die düstere Stimmung, »ich hatte ein Date mit Andreas. Diesem hageren Typen aus unserer Klasse. Ihr wisst schon, der mit diesen zwei dürren Brünetten aus Brooklyn befreundet ist.«
    TJ sah ihn mitleidig an. »Und, war es ein Reinfall?«
    Blaine guckte genervt. »Er ist geradezu besessen von Wagner. Nach dem Essen musste ich mir aus seinen Surround-Lautsprechern
Die Walküre
in voller Länge anhören. Dabei ertrage ich als Südstaaten-Kid nur eine gewisse Dosis Hörnerklang an einem Abend, und damit wurde in etwa mein Quantum für
ein ganzes Jahr
erfüllt.«
    TJ verzog teilnahmsvoll das Gesicht, aber Vanessa und Steffie lachten nur bei der Vorstellung, dass Blaine in falscher Rücksicht auf sein Date stundenlang Wagner in voller Lautstärke ertragen hatte, anstatt einfach das Weite zu suchen.
    »Pass auf dein Kleid auf«, warnte er Vanessa, als sie die Treppe hochstiegen. »Du musst es immer zuerst mit dem Fuß nach vorn schieben und dann den Fuß aufsetzen«, sagte er und machte ihr die Bewegung mit einem imaginären bodenlangen Gewand vor. »So trittst du nicht auf diesen herrlichen Spitzensaum.« Er schwieg. »Frag mich lieber nicht, woher ich das weiß.«
    »Danke«, erwiderte Vanessa und warf sich das Haar über die Schulter.
    Sie überflog gerade auf der Suche nach ihren Plätzen die Reihen, als sie auf einmal das Gefühl hatte, beobachtet zu werden.
    Ein dissonanter Akkord stieg aus dem Orchestergraben auf, während die Musiker ihre Instrumente stimmten. Der Klang schwoll immer weiter an, bis er das Publikum zum Schweigen brachte.
    Langsam wanderte Vanessas Blick zum gegenüberliegenden Rang, wo sie Zep stehen sah. Seine markanten Züge erinnerten an eine antike Statue. Er trug einen

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