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Dance of Shadows

Dance of Shadows

Titel: Dance of Shadows Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yelena Black
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verkleidet, die Gesichter unter Kapuzen verborgen oder bis zur Unkenntlichkeit geschminkt. Sie unterhielten sich flüsternd, als sprächen sie nicht mit ihren eigenen Stimmen, sondern als seien diese aus irgendeinem fernen, vorzeitlichen Land herübergeweht.
    Vanessa bemerkte eine große Gestalt in einem langen schwarzen Umhang und einer Maske. Die Gestalt hielt eine Sense in der Hand. Der Tod, dachte sie.
    Als er sie sah, ging er auf sie zu und verneigte sich vor ihr; dabei schleifte sein langer Umhang über den Boden. Vanessa beugte sich nach vorn und stellte sich auf die Zehenspitzen, um durch die dunklen Sehschlitze seiner Maske zu spähen. Aber sie konnte niemanden erkennen. »Mein Feuervogel«, sagte der Tod mit tiefer, kehliger Stimme.
Zep?
    Noch bevor sie etwas sagen konnte, griff er unter seinen Umhang und zog eine Rose hervor – sie hatte die Farbe von Elfenbein, wie von einem Knochen. Vanessa nahm sie in ihre weiß geschminkten Finger, die fast so aussahen wie die zarten Blütenblätter.
    »Danke«, hauchte sie und war überzeugt, dass sich Zep hinter der Maske verbarg. Wer sonst würde sie »mein Feuervogel« nennen und ihr eine Blume überreichen? Doch statt in ihrer Nähe zu bleiben, verbeugte sich der Tod noch einmal, schritt majestätisch an denKopf der Gruppe und führte sie alle den Broadway hinunter und in den Central Park.
    Straßenlaternen säumten den gewundenen Weg, und ihr flackernder Schein fiel auf die nassen Blätter, die wie ein rostroter Teppich den Boden bedeckten und sich unter ihren Füßen weich anfühlten. Und plötzlich rannten sie alle quer durch den Park und bewegten ihre Körper lautlos hin und her wie die Bäume, die im Wind wogten. Sie huschten ins und aus dem Gebüsch und überraschten die Spaziergänger. Vanessas langes weißes Haar wehte hinter ihr her, wenn sie, Hand in Hand mit Steffie, über die Wege und Wiesen lief. Sie reckte den Hals und versuchte den Tod zu entdecken, aber sie konnte nur die Spitze seiner Kapuze sehen. Wenn es wirklich Zep war, warum blieb er dann nicht bei ihr? Warum sagte er nichts?
    Sie zupfte Steffie am Ärmel. »Lass uns weiter nach vorn gehen.«
    »Okay«, sagte Steffie lachend, und sie drängten sich durch die Menge.
    Vanessa folgte dem auf und ab wippenden Kopf des Todes, bis nur noch eine Handvoll Leute zwischen ihnen waren und sie seinen wehenden Umhang beinahe berühren konnte. Als Steffie sich mit einem Schwan zu ihrer Rechten unterhielt, ließ Vanessa ihre Hand los und schob sich weiter an den Tod heran.
    Dann erstarrte sie plötzlich, und die Schüler hinter ihr wären fast über sie gestolpert.
    »Hey«, rief jemand. »Was machst du denn?«
    Doch Vanessa blieb stocksteif stehen.
    Links und rechts neben dem Tod mit seinem wehenden Umhang gingen mehrere in weiße Tutus gekleidete Prinzessinnen. Ihre schmalen Taillen sahen so aus, als drohten sie jederzeit zu brechen. Die Prinzessinnen lehnten sich kichernd an ihn, und ihre Körpersprache sagte:
Nimm mich!
Vanessa spürte, wie ihre Beine nachgaben. Ihr Blick fiel schließlich auf eine Prinzessin zu seiner Linken; eine Strähneihres langen blonden Haars war kunstvoll hochgesteckt und sah aus wie eine gelbe Rose. Anna. Sie und der Tod schlenderten nebeneinander her, so vertraut wie langjährig Verliebte, und seine Hand lag um ihre Taille.
    Vanessa zuckte zurück, und ihr wurde auf einmal schwindlig. Über ihr sahen die Zweige aus wie ineinander verschlungene Skelette, die im Wind hin und her wogten. Sie hörte jemanden ihren Namen rufen und sah Steffie ein Stück weit entfernt, doch sie antwortete ihr nicht. Sie war bereits
verschwunden
, oder zumindest fühlte es sich für sie so an. Die anderen strömten vorbei und nahmen kaum Notiz von ihr, wie sie zitternd mitten auf dem Weg stand. Sie schrien und lachten, und die Distanz zwischen ihr und dem Tod wurde immer größer, bis sie nur noch seine schwarze Kapuze sehen konnte, die mit dem sternlosen Himmel verschmolz.
    Als Steffie sie fand, stand Vanessa noch immer an derselben Stelle, die Arme vor der Brust verschränkt. Das weiß gepuderte Haar wehte ihr ums Gesicht.
    »Vanessa?«, rief Steffie atemlos. »Was ist passiert?«
    Vanessa ließ den Kopf hängen und brachte nur ein Wort heraus: »Zep.«
    Sanft berührte Steffie sie am Ellbogen. »Hey«, sagte sie. »Du hast Glück.«
    Vanessa sagte mit trauriger Miene: »So fühlt es sich aber nicht an.«
    Steffie lachte auf: »Nein, ich meine, du hast Glück, dass heute Halloween ist.«
    Vanessa

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