Dancing Jax - 01 - Auftakt
weich und sandig wurde. Mit einem lauten Aufschrei bemerkte Jack, in welcher Gefahr sie sich befanden, und riss an den Zügeln, um das Pferd zum Anhalten zu bringen.
Urlwin gehorchte und kam stolpernd zum Stehen – gerade noch rechtzeitig.
Der Kreuzbube beugte sich vor und drückte dem treuen Tier einen Kuss zwischen die Ohren. »Ich danke dir« , sagte er und streichelte ihm den verschwitzten Hals. »Sieh nur dort, mein Freund. « Das Ross warf den Kopf in die Höhe und stampfte mit einem Huf in den Sand.
Sie hatten kurz vor einem steilen Abgrund angehalten. Dahinter stürzte der Boden jäh in die Tiefe und man sah nur noch das glitzernde Meer der Silbernen See. Er fragte sich, welch fremde Länder wohl hinter den letzten aller Wellen liegen mochten.
Jack saß ab und trat einen Schritt näher an die Steilkante heran. Tief versanken seine Füße im weichen, sandigen Boden, als er über den Rand spähte, der jäh absackte. Dahinter ging es in die furchterregende Schlucht hinunter, in der die schroffen Felsen der Küste lagen.
Reinigend und kühlend wehte ihm die Seeluft ins Gesicht. Doch trug sie nicht auch merkwürdige Laute zu ihm? Als er sich umdrehte, erblickte der Kreuzbube auf dem Grasstreifen in der Ferne eine Herde der stattlichsten Pferde, die er je gesehen hatte. Sie tollten und spielten miteinander und wieherten sich ausgelassen zu.
»Die unzähmbaren Rosse« , stieß er ehrfürchtig aus. »Wie wunderschön sie sind! «
Man erzählte sich, dass einzig und allein der Südwind die Stuten begatten konnte, und Jack zweifelte nicht daran. Mit keinem der Tiere in den Ställen des Weißen Schlosses waren sie zu vergleichen. Neben ihnen sah selbst sein eigener eleganter Hengst wie ein watschelndes Maultier aus. Kein Sattel und kein Zaumzeug dieser Welt würden je eines dieser Tiere bändigen. Inmitten der Herde sah er auch vier Fohlen, die neben ihren Müttern herrannten. Sie genossen offenkundig jeden Augenblick unter der Sommersonne, vergnügt warfen sie die langen Beine hoch in die Luft.
Plötzlich gab der Boden unter seinen Stiefeln abrupt nach, wie trockener Kuchen bröckelte er, und hastig schreckte Jack einige Schritte zurück, als ein großer Brocken abbrach und in die Tiefe rollte – um in eines der Salzwasserbecken weit unten zu platschen.
Der Kreuzbube hatte sich mit einem Satz in Sicherheit gebracht. Diese Küste war tückisch. Schaudernd blickte er auf den Fleck, auf dem er eben noch gestanden hatte und der nun ebenfalls im Abgrund verschwand. Kurz darauf hörte er, wie er unten ins Wasser krachte.
Es war an der Zeit, ins Weiße Schloss zurückzukehren, also machte Jack sich zu seinem Pferd auf.
»Ein herrlicher Mittag, nicht wahr, Mylord?« , ertönte da eine Stimme hinter ihm.
Der Edelmann fuhr erschrocken herum und fragte sich, wer ihn angesprochen hatte.
»Doch was mag den Sohn eines Unterkönigs an diesen gefahrvollen Ort, jenseits der dreizehn Hügel, locken?«
Gebannt starrte der Kreuzbube einen windschiefen Baum ein Stückchen weiter entfernt an. Dort, ausgestreckt auf dem untersten Ast, lag ein großer Fuchs. Durchdringend blickte das Tier ihn an und das Grinsen in seinem Gesicht entsprang nicht nur der Einbildungskraft des Buben.
»Der Fuchs, der spricht wie ein Mensch!«, stieß Jack aus.
»Oh, sehr gut erkannt, Sire« , erwiderte das Tier sarkastisch. »Wie seid Ihr nur darauf gekommen?«
Gegen seinen Willen musste der Edelmann lachen. »Mylord Ismus hat dich zu einem Feind des Reiches erklärt!«, sagte er dann.
»Trifft es sich da nicht ausgenommen gut, dass wir uns außerhalb der Grenzen befinden?« , kam die höfliche Antwort.
»Er sagt auch, dass du unter einer Decke mit Haxxentrot der Hexe steckst. «
»Dieses Gift spuckende Klatschweib mit ihren Fledermäusen und Schlangen? Wohl kaum! Jetzt langweilt mich nicht, indem Ihr zu diesem Kurzschwert an Eurer Seite greift. Ich bin auf und davon und in den langen Gräsern dort hinten verschwunden, lange bevor Ihr es aus der Scheide gezogen habt. «
»Ich will dir nichts Böses« , antwortete der Edelmann und hielt beide Hände friedvoll in die Höhe.
Neugierig betrachtete der Fuchs ihn. »Dann stimmen die Geschichten, die man mir erzählt hat, also. Ihr seid in der Tat ein Freund der Tiere. «
»Ich bemühe mich. «
»Dann hört auf meinen Rat, Sohn des königlichen Hauses der Kreuze. Der Böse Hirte geht um. Vor nur zwei Nächten war er ganz in der Nähe von ebendiesem Fleckchen und er wird noch nicht weit sein.
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