Dancing Jax - 01 - Auftakt
auf und begann zu lesen …
Die warme, aufsteigende Sonne brannte ihm im Nacken. Es war ein perfekter Sommermorgen. Der Himmel war so blau wie noch nie und der süße Duft von Rosen lag wie das Aroma von Fruchteis in der trägen, wabernden Luft. Jede Erinnerung an Kälte fiel von ihm ab und er war froh über den filzenen Jagdhut, verziert mit goldener Spitze, der seine Augen vor der blendenden Sonne schützte. Die Dancing Jacks waren mit ihren Falken auf der Jagd. Gemächlich und vergnügt waren sie durch die Landschaft geritten und hatten ihre gut abgerichteten Vögel auf Hasen und Tauben losgelassen.
Die jungen Edelleute und ihr Gefolge waren ein prächtiger Anblick. Sie waren in reich ausstaffierte Samtgewänder gekleidet, welche die langen weiten Ärmel hatten, die am Hofe als überaus elegant galten. Und das Gold ihrer Diademe und Halsketten glänzte und glitzerte im Sonnenlicht. Auch ihre Pferde trugen farbenfroh bestickte Überwürfe, auf denen die Wappen ihrer königlichen Häuser prangten, selbst die Hufe waren in denselben Farben bemalt. Es war ein prunkvoller Anblick und die Bauern, an denen sie vorüberzogen, waren stolz, in einem Land zu weilen, das solch vornehme Herrschaften beherbergte.
Hinter den Edelleuten nahmen sich die emsigen Stallburschen der frischen Beute an und hängten die schlaffen Körper an die Sattelhaken ihrer Lasttiere. Heute Abend würden die Vorratskammern voll sein. Die Köchin würde ihre Freude haben!
Ein dickes Kaninchen schoss quer über den Weg und umgehend hob die Pikdame ihren Arm und zog dem Falken, der auf ihrem Jagdhandschuh saß, die mit Federn geschmückte Haube vom Kopf Die bernsteinfarbenen Augen des Vogels blitzten auf, als seine Herrin ihn auch schon in die Lüfte warf und seine Fesseln losließ.
Das Falkenweibchen flog in Windeseile davon und stürzte sich blitzschnell auf das überraschte Kaninchen. Das kleine Tier wand sich mitleiderregend im Griff des Vogels, der seine Klauen in das weiche Fell und Fleisch gebohrt hatte.
»Zu mir!«, rief die Pikdame, trieb ihr Pferd an und streckte die Faust aus. »Zu mir, Accipiter! «
Der Vogel breitete weit die Flügel aus und wollte mit der Beute in den Klauen zu ihr zurückfliegen. Doch das Kaninchen war so schwer und zappelte und wehrte sich immer weiter, dass er kaum vom Boden abheben konnte. Es bockte und kämpfte verbissen um sein Leben – und die nachfolgende Szene, in der es über den Boden hüpfte, während der Falke sich noch immer in sein Genick krallte, war außerordentlich unwürdig für den aufgebrachten Vogel.
»Eine neue Sportart! « Die Herzdame weinte vor Lachen. »Lasst uns bei zukünftigen Turnieren auch Kaninchenwettrennen veranstalten! Wir können ihnen Mäuse auf den Rücken nähen, die wir in hübsche kleine Anzüge kleiden! «
»Accipiter!«, befahl die Pikdame.
»Die Beute ist zu groß für sie« , schimpfte Jack, der Kreuzbube. »Du verlangst zu viel! Beide Tiere leiden! «
»Mein Falke ist der beste von allen!«, erwiderte sie. »Sie wird es schaffen. «
Das Kaninchen ruckte und zuckte, versuchte, seinen Angreifer abzuschütteln. Doch Accipiter ließ nicht los. Alle beide rollten in einen Graben an der Seite des Weges. Dann zwängte sich das Kaninchen durch eine Lücke in einer angrenzenden Weißdornhecke. Der Vogel stieß einen durchdringenden hohen Laut aus, als die Dornen seine Federn zerrissen und seine kräftigen Flügel sich in den Zweigen verfingen. Damit war das Kaninchen frei. Es hoppelte ins nahe Feld und verschwand inmitten der fast reifen Gerste, wo es – außer Sichtweite – zusammenbrach und dank seiner vielen Wunden verblutete.
Accipiter war derweilen noch immer in der Hecke gefangen, ihre Flügel waren verwundet und zerfetzt. Aethelheard, der Falkner, eilte zu ihrer Rettung herbei, doch das gepeinigte Vogelweibchen ließ sich nicht von ihm berühren. Mit dem gekrümmten Schnabel pickte es nach ihm, sodass ihm nichts anderes übrig blieb, als sich wieder zu entfernen.
»Es ist hoffnungslos!«, rief er. »Sie lässt nicht zu, dass ich ihr helfe! «
Der Kreuzbube stieg von seinem Pferd und kniete sich vor dem verängstigten Falkenweibchen nieder.
»Ganz ruhig« , flüsterte er besänftigend. »Ganz ruhig. Ich bin ja da. Hab keine Angst. «
Die von Panik erfüllten Schreie verklangen, als Accipiter ihn mit ihren hellen Bernsteinaugen flehend anblickte.
Der Junge zog sich die Lederhandschuhe aus und hielt ihr die Hand hin.
»Gebt acht, Mylord!«, warnte ihn
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