Dancing Jax - 01 - Auftakt
Schrei galoppierte er durch die Herde, um dem Bösen Hirten den Kampf anzusagen und das Land ein für alle Mal von diesem abscheulichen Kerl zu befreien.
Die panische Herde hatte den verrückten Mann längst hinter sich gelassen, der dastand und mit grausamer Freude das Chaos und den Schaden betrachtete, die er angerichtet hatte. Er warf den Kopf mit dem langen Bart in den Nacken und stimmte ein gestörtes Lachen an. Als er sah, dass der Kreuzbube auf ihn zuritt und sich durch das Gedränge in der Herde schob, lachte er nur umso ausgelassener.
In den trockenen Büschen und dem ausgedörrten Gras breitete sich das Feuer schrecklich schnell aus. Mit der Feuersbrunst auf der einen und dem Abgrund auf der anderen Seite blieb nur ein schmaler Durchgang. Urlwin und der Kreuzbube waren umringt von verängstigten Pferden und konnten keinen Weg durch das Gewühl finden. Die unzähmbaren Tiere waren so verzweifelt, dass sie den jungen Mann auf seinem Hengst kaum bemerkten. Mit rollenden Augen drückten und rempelten sie gegen die beiden. Ein jedes war von Furcht und Entsetzen gepackt, sodass ihre Hufe fieberhaft über den sandigen Grund preschten.
Es war unmöglich, gegen diese wild wiehernde Flut anzureiten, und so konnte der Kreuzbube nur hilflos zusehen, wie der Böse Hirte spöttisch mit dem Finger wackelte und den Kopf schüttelte. Dann warf er die Fackel zur Seite und stolzierte davon, bis er nicht mehr zu sehen war.
»Eines Tages werde ich dich zur Strecke bringen 1 .«, schwor der Edelmann. Doch im Augenblick hatte er genug damit zu tun, sich überhaupt im Sattel zu halten. Dann, zu seinem Entsetzen, merkte er, wie Urlwin stolperte. Eine neue Bedrohung ließ das Feuer in den Hintergrund rücken.
Das Getrappel der Pferde hatte den ohnehin weichen Grund noch weiter gelockert. Der gesamte Hang gab nach.
Heftig zog Jack an den Zügeln und Urlwin taumelte aus der Grube heraus, die sich zitternd unter seinen Hufen auftat. Der Erdboden geriet immer mehr ins Rutschen. Überall gähnten auf einmal Löcher und Gräben. Die Pferde strauchelten und brachen ein. Die Schreie wurden immer lauter.
Urlwin kämpfte hartnäckig, um seinen geliebten Herren in Sicherheit zu bringen. Schnaubend drängte sich der Hengst durch die Menge der ungezähmten Tiere, doch es war hoffnungslos.
Ein lautes Grollen erschallte und ein breiter Streifen der Steilküste verschwand einfach. Die Pferde, die eben noch darübergerannt waren, waren plötzlich fort. Dann stürzte ein weiterer Streifen Erde in die Tiefe und noch mehr Tiere taumelten in den Abgrund, überschlugen sich mehrmals und fielen schließlich auf die Felsen tief unten. Auch der Sand unter Urlwins Hufen bebte. Mit der Kraft der Verzweiflung stieß der Hengst die Vorderbeine tief in den zitternden Boden und bockte. Der Kreuzbube wurde aus dem Sattel geworfen, flog hoch über den Köpfen der Herde durch die Luft und landete im Gras.
»Urlwin!«, rief er und rappelte sich sofort wieder auf. »Urlwin! « Den wilden Tritten der verstörten Herde ausweichend, hechtete er vorwärts, um sein treues Pferd aus der Gefahr zu holen.
Der Steilhang erbebte, als ein großer Teil wegbrach. Urlwin hob kurz den stolzen Kopf, dann schlitterte er mitsamt den Pferden ringsum außer Sichtweite.
»Nein!«, brüllte der Kreuzbube. »Urlwin! Urlwin! «
Ein weiteres Mal ließ ein gewaltiges Grollen die Erde erzittern und noch mehr Pferde wurden vom Erdboden verschluckt. Nur eine kleine Gruppe war noch übrig, doch das Feuer kam immer näher und schnitt auch ihnen den Fluchtweg ab.
Angst und Rauch wallten von dem schwindenden Küstenweg auf. Die übrig gebliebenen Tiere liefen kopflos im Kreis, sodass ihr gewaltiges Hufgetrampel den Zusammenbruch des Hangs umso mehr beschleunigte.
Jack spürte, wie der Boden unter ihm absackte, und verlor das Gleichgewicht. Das bisher größte Stück des Steilhangs löste sich lautstark und der junge Edelmann trat ins Leere. Unter ihm war rein gar nichts mehr, abgesehen von einem jähen Abgrund, der Ausblick auf den drohenden Sturz und das Blutbad unten am Strand gewährte. Doch dann bekam er den knorrigen Ast eines schief gewachsenen Baumes zu fassen und zog sich nach oben, außer Gefahr. Allerdings gab die sandige Erde unter ihm bereits wieder nach. Er warf sich vorwärts, hinein in die erstickenden Rauchschwaden des brennenden Dickichts, und hoffte, dass wenigstens die Wurzeln dort den Erdboden besser halten würden. Aber die Hitze der näher kriechenden Flammen war
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