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Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Titel: Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Jarvis
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danach erst recht nicht. Zu sehen, wie leicht es seiner Großmutter gefallen war, ihr Lieblingsgemälde von Jesus gegen das Poster von Mooncaster auszutauschen, hatte ihm den letzten Funken Gottvertrauen ausgetrieben. Wo war Gott gewesen, als Jim ihn gebraucht hatte? Wo war er jetzt?
    »Wir sollten auch was singen«, schlug Maggie vor, als Lee mit seiner Rede fertig war. »Was kennt ihr denn für Kirchenlieder?«
    Nur ein paar von ihnen kannten überhaupt welche auswendig. Sie wollten es schon bleiben lassen, das fing Charm mit hauchiger, zitternder Stimme an: »Silent night, holy night.«
    Zuerst dachten die anderen, sie würde einen kranken Scherz machen oder wäre so dumm und wüsste nicht, dass das nur ein Weihnachtslied war. Doch während Charm sang, entdeckten die anderen eine neue Bedeutung in den vertrauten, bewegenden Worten. Einer nach dem anderen stimmte mit ein: »Holy infant so tender and mild. Sleep in heavenly peace. Sleep in heavenly peace.«
    Ein Vers genügte. Einen zweiten brachten sie nicht über sich. Also nahmen sie je eine Handvoll Erde, warfen sie ins Grab und verabschiedeten sich von dem Jungen, den sie kaum gekannt hatten und der dennoch sein Leben gegeben hatte bei dem Versuch, sie zu beschützen. Marcus und Lee blieben zurück, um die Grube wieder zu füllen.
    Weil Jangler angeordnet hatte, alle albernen und weibischen Hängeampeln und Pflanzgefäße aus dem Lager fortzuschaffen, bestand der einzige Blumenschmuck aus kleinen Gänseblümchensträußen, die die Kleineren gepflückt hatten.
    Während Marcus die letzte Schaufelladung festklopfte und das Licht allmählich schwächer wurde, versuchte er zu begreifen, was an diesem furchtbaren, verheerenden Tag geschehen war.
     
    Inzwischen war alles nach Plan errichtet. Die Bauarbeiter waren vor Stunden in ihren Lkws wieder abgefahren. Sie hatten Überstunden geschoben, um alles rechtzeitig fertigzustellen. Jetzt war das Lager vollständig von hohem, gefährlichem Stacheldrahtzaun umgeben und die niedrigen Holztore am Haupteingang hatte man gegen besonders hohe aus Maschendraht ausgetauscht. Von der Bühne war nichts mehr zu sehen und auch die Rutschbahn der Riesenrutsche war entfernt worden, genauso wie ihre fröhliche Rummeldekoration.
    Fassungslos starrte Marcus auf das, was davon übrig war: Vor ihm ragte ein bedrohlicher Skelettturm in den Abendhimmel. Über ihren Köpfen drehte ein Punchinello darauf seine Runden, betrachtete das Camp mit finsteren Blicken und behielt alles wachsam im Auge. Zwei weitere patrouillierten an den Grundstücksgrenzen.
    Vorhin hatte man eine Ausgangssperre ab acht Uhr abends bekannt gegeben. Als Jangler nun kam, um sich den Spaten zurückzuholen, machte er sie darauf aufmerksam, dass es schon fast so weit war.
    »Wenn irgendeiner von euch nach acht noch außerhalb der Hütten entdeckt wird«, schärfte er Lee und Marcus ein, »werden Hauptmann Swazzle und seine Garde keinerlei Gnade zeigen, ganz wie ich es angewiesen habe. Nicht, dass sie sonst zimperlich wären, also besser, ihr beeilt euch. Früh zu Bett zu gehen würde euch ohnehin mehr als gut tun. Morgen müsst ihr bei Kräften sein. Ich fürchte, dass ich heute viel zu nachsichtig mit euch war. Die witzigen Eskapaden von Lumpstick machen mich immer so weichherzig. Oh, und Jungs … süße Träume!«
    Die beiden liefen zu ihrer Hütte, doch bevor Marcus hineinging, blieb er noch einmal stehen. »Das war’s dann also«, sagte er, zu erschöpft und hungrig, um sich aufzuregen. »So sieht unser Leben ab sofort aus. Weggesperrt und vergessen, bewacht von Monstern.«
    »Besser, du gewöhnst dich dran«, meinte Lee.
    Marcus starrte in den Schlafsaal. Man hatte den Flachbildschirm von der Wand gerissen und mitgenommen, genau wie die Xbox. Sein Blick schweifte über die Betten und blieb schließlich an dem leeren hängen. Dann wischte er sich über sein geschwollenes Gesicht. »Auf keinen Fall«, murmelte er. »Mich behalten die nicht hier! Ganz sicher werde ich nicht am falschen Ende von so ’nem Speer enden. Dieses Yikker-Schwein hat es doch schon auf mich abgesehen. Nein, ich hau ab – und wenn ich dabei draufgehe.«
     
    Im ganzen Lager war den Kindern vor Hunger zum Heulen zumute. Ihre knurrenden Mägen taten ihnen weh und sie fürchteten sich vor den Schrecken, die der neue Tag bringen mochte.
    Alasdair war in seinem Häuschen völlig allein. Die sechs anderen Jungs waren heute Morgen von dem Bus abgeholt worden und seitdem war so viel geschehen, dass er

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