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Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel

Titel: Dancing Jax - 02 - Zwischenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Jarvis
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Kolumnen einer ganzen Woche füllen. Dann wollen wir uns mal unters Volk mischen und sehen, ob wir unseren satanischen Gastgeber ausfindig machen können.« Er nahm ihre Hand und führte sie ins Gedränge hinein.
    Estelle hoffte, dass sie ein paar mystische Unterhaltungen belauschen konnte, über Hellseherei, heidnische Rituale und Orgien. Aber die Gesprächsfetzen, die sie bisher aufgeschnappt hatte, waren nicht gerade vielversprechend – nur der übliche Small Talk: Xy machte den ersten transatlantischen Zeppelinflug der Hindenburg in weniger als einer Woche mit, während jemand anderes an Bord der Queen Mary ging, um die Jungfernfahrt Ende des Monats mitzuerleben. Wie bedauerlich doch der Tod von König Fuad aus Ägypten vor zwei Tagen sei. Wer besuchte im Sommer die Olympiade in Berlin und wie lange würde die Revolte in Palästina wohl noch dauern?
    Gewürzt wurde dieses Geplauder von knarzender Musik, die aus einem Grammofon tönte. Estelle fragte sich, warum man kein Orchester engagiert hatte. Dann erweckte etwas ihre Aufmerksamkeit, das sie die Tanzmusik auf der Stelle vergessen ließ, und sie stieß unauffällig Simon an.
    Mehrere Gäste trugen Tiermasken. Estelle sah einen Fuchs, eine Ziege, einen Hirsch und einen Hund. Kombiniert mit der formalen Abendgarderobe wirkte diese Verkleidung seltsam, schon fast unheimlich.
    »Ob sie wohl dachten, dass sie auf einen Kostümball gehen?« Sie kicherte. »Warum nehmen sie die dämlichen Masken nicht ab?«
    »Das sind die Mitglieder des Inneren Zirkels«, flüsterte Simon ehrfürchtig. »Extrem mächtige Leute im normalen Leben, aber in okkulten Angelegenheiten sind sie noch viel einflussreicher. Sie zeigen ihre Gesichter nie. Ich glaube, sogar du wärst von den Socken, wenn du wüsstest, wer sie sind. Würde mich nicht wundern, wenn ein paar davon äußerst blaublütig sind.«
    »Du hast deine Hausaufgaben gemacht!«
    Spitzbübisch lächelnd stibitzte er sich ein weiteres Glas vom Tablett einer vorbeilaufenden Bedienung, die mehr als spärlich mit Tigerfellstreifen bekleidet war.
    »Wo ist AF?«, wollte Estelle wissen. »Kannst du ihn sehen?«
    »Noch nicht, aber dort drüben ist seine Schwester.«
    »Schwester?«
    »Na ja, Halbschwester, wenn man pingelig sein will. Hast du noch nie von Augusta gehört? Sie hält sich nicht oft in London auf, ist ein ziemliches Mauerblümchen und eine Stubenhockerin. Komm, schmeicheln wir uns ein bisschen ein – im Einschmeicheln bin ich unschlagbar.«
    Er wirbelte Estelle quer durch den Raum auf eine blasse Frau mittleren Alters mit schlaffem Haar und ebenso schlaff herabhängenden Augenlidern zu. Nervös stand sie neben dem Grammofon und sah einige Platten durch.
    »Miss Augusta?«, sprach Simon sie geradeheraus an. »Ich heiße Simon Beauvoir. Darf ich Ihnen Miss Estelle Winyard vorstellen?«
    Die Frau reichte ihnen zurückhaltend eine feuchte Hand und nickte ihnen knapp zu. Estelle hatte noch nie zuvor eine so trübe Tasse getroffen. Kein Wunder, dass Augusta London eher mied. Dort würde sie keiner auch nur beachten. Sie schien, wie diese eigenartigen Reptilien, das Talent zu haben, mit dem Hintergrund zu verschmelzen. Was für eine graue Maus die Schwester des meistberüchtigten Mannes des Landes doch war!
    »Winyard?«, wiederholte Augusta und beäugte Estelle blinzelnd. »Ist das nicht der Name des Zeitungsmenschen, der meinen Bruder denunziert hat?«
    »Das ist Papa«, gab Estelle mit einem munteren Lachen zu. »Leider felsenfest im Zeitalter Viktorias verankert – ein wahres Fossil. Ich muss mich für ihn entschuldigen. Ich hoffe, Sie machen mir sein Benehmen nicht zum Vorwurf?«
    »Bestimmt nicht«, antwortete Augusta und richtete ihren griesgrämigen Blick wieder auf die Schallplatte in ihrer Hand. »Mögen Sie Al Bowlly, Miss Winyard?«
    »Für meinen Geschmack ist er ein wenig zu träge und verträumt. Ich mag es lieber wild und ausgelassen, wie Lil Armstrong und –«
    »Ich bete Al Bowlly nahezu an«, unterbrach Augusta sie. »Seine Stimme zieht einen regelrecht in den Bann. Ich wünschte, er wäre vierunddreißig nicht in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Hier scheint ihn keiner mehr gebührend zu schätzen. Manchmal kommt es mir so vor, als wäre ich sein letzter Fan. Ich mag aber auch die Musik von Paul Whiteman und Ray Noble. Ich höre sie oft im Radio, obwohl ich es vorziehe, meine eigenen Platten aufzulegen. So kann ich bestimmen, wann ich es hören will. Wenn Austerly es erlauben würde, hätte ich in

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