DanDep-StaderVer
Exklusivität ausstrahlen sollte, im Kontrast zu anonymen Massenunternehmen wie Pinkerton.
Walter Coren hatte das Büro von seinem Vater geerbt, einem versoffenen Detektiv alter Schule, der am liebsten Sir Walter Scott las und sich dreißig Jahre lang mit hässlichen Scheidungen und stiften gegangenen Ehemännern aufgerieben hatte, bevor er das Zeitliche segnete. Walter, der auf die Universität von Los Angeles ging und sich sein BWL-Studium mit Nachtschichten bei seinem Vater finanzierte, konnte bereits zu diesem Zeitpunkt drei Jahre Erfahrung im heimlichen Fotografieren durch Motelzimmerfenster und im Aufstöbern belastender Kondome in Mülltonnen vorweisen. Die Trostlosigkeit einer fundierten Ausbildung im Finanzsektor führte nur dazu, dass Walter sich noch schneller von den letzten romantischen Illusionen verabschiedete, die er sich vom Leben in der Stadt der Engel gemacht hatte. Walter, der seinen Alten Herrn und dessen kaputte Leber fast zur gleichen Zeit beerdigte, als er sein Diplom bekam, machte sich daran, das Erbe seines Vaters zu neuer Blüte zu führen. Ein Angebot der Eliteuni Stanford für ein Aufbaustudium lehnte er ab. Da sein Vater in seinem gesamten Berufsleben nie mehr als das Nötigste verdient hatte, erklärten ihn alle, die ihn kannten, für verrückt. Aber im Gegensatz zu Coren sen. ließ sich Walter durch die moralischen Verfehlungen der Welt nicht lähmen. Denn er hatte schon in jungen Jahren hellsichtig erkannt, dass der Mensch ein mit Mängeln behaftetes Wesen ist, das sich infolge dieser Mängel oft in Schwulitäten bringt und Hilfe braucht. So wie manche Unternehmer aus Müll Geld machten -und nicht zu knapp, Walter hatte auf der Uni eine aufschlussreiche Seminararbeit über Gewinnmargen in der Abfallwirtschaft geschrieben -, so konnte in Los Angeles ein aufstrebender Detektiv mit der Beseitigung anders gearteten Unrats satte Gewinne einstreichen. Zwar beschmutzten Menschen aller Schichten ihr eigenes Nest, aber die Reichen zahlten besser und waren unterhaltsamer.
Geleitet von der Devise »Reich und Reich gesellt sich gern«, stürzte Walter sich in Schulden, leaste einen imposanten Wagen, kaufte sich einen teuren Anzug, mietete sich in einer Nobeladresse in Beverly Hills ein und machte sich daran, die Nähe der Berühmten und
Begüterten zu suchen. Denen gefielen seine Country-Club-Bräune, sein strahlendes Gebiss, seine Diskretion und die Tatsache, dass er sich anscheinend kein moralisches Urteil über sie anmaßte. Nach gerade einmal zehn Jahren war Walter Coren ein gemachter Mann und eines der bestgehüteten Geheimnisse der feinen Gesellschaft von L. A. Darüber hinaus konnte er drei Exfrauen, ein Magengeschwür und eine Reihe junger Gespielinnen vorweisen - und Spandau. Spandau war der einzige Mensch, den er wirklich leiden konnte, und der einzige, der wusste, dass es Walter Coren jr. viel weniger ums Geldverdienen ging als um die Rehabilitation seines geliebten Vaters. Denn letzten Endes hatte der alte Herr den Grundstein zu einem florierenden Unternehmen gelegt. In seinem Büro prangte ein Porträt des Firmengründers Walter Coren sen. in Öl, das er nach einem Foto hatte malen lassen, und an jedem 14. Juli trank er sich in stillem Gedenken an seinen Erzeuger einen Rausch an. Manchmal leistete Spandau ihm dabei Gesellschaft.
Spandau quetschte den BMW in eine der seltenen freien Parklücken vor dem Bistro und sah nach, ob heute Kalbsröllchen auf der Tageskarte standen. Er hatte Glück. Aber er musste unbedingt ein Wörtchen mit André, dem Küchenchef, reden. Rotwein statt Madeira, das ging einfach nicht. Als er ins Büro kam, sah Pookie Forsythe von ihrer Women 's Daily Wear hoch. Pookie, die Amanda geheißen hatte, bis sie ein teures College an der Ostküste besuchte, war eine hübsche kleine Brünette, für die der Weg zur Erlösung mit Klamotten gepflastert war. Außerdem glaubte sie, dass eine einzige Identität nicht genügte, weshalb sie die ihre von Tag zu Tag änderte. Womit sie sich von der großen Mehrheit der Angelinos nicht unterschied. Heute hatte sie beschlossen, Audrey Hepburn zu sein. Sie trug das Haar hochgesteckt, so dass ihr Schwanenhals wunderbar zur Geltung kam, und wenn ihr rosa Kostüm nicht ein originales Givenchy war, dann zumindest eine höchst gelungene Kopie. Pookie wollte in L. A. unbedingt aus eigener Kraft ihren Weg machen, auch wenn ihr dabei der monatliche Scheck von Daddy durchaus nicht ungelegen kam.
»Lange nicht gesehen!«, sagte Pookie.
Weitere Kostenlose Bücher