DanDep-StaderVer
Kerl namens Gainsborough. Es war ein ziemlich schwules Bild, aber Potts mochte es trotzdem. Ihm gefielen die sanften Farben, dass es keine harten Linien gab und wie sich irgendwie alles miteinander verwischte. Es beruhigte ihn, und außerdem brachte er sowieso nie Leute mit her. In dem Jahr, seit er hier wohnte, war ihm außer seinem Vermieter und dem Klempner, der das Klo repariert hatte, kein Mensch ins Haus gekommen. Es gab sogar ein Wort für so einen Ort: sakro-irgendwas.
Der Anrufbeantworter blinkte. Potts hörte ihn ab.
»Mr. Potts, hier Gina Rivera von Consolidated Credit. Wir versuchen dringend, Sie zu erreichen. Es geht um Ihren Kredit. Sie sind mit Ihren Rückzahlungen stark in Verzug geraten ...«
(Piep)
»Mr. Potts, ich bin's wieder, Kevin Pynchon. Ich war jetzt bestimmt schon dreimal wegen der Miete bei Ihnen ...«
(Piep)
»Mr. Potts, hier spricht Leslie Stout von McCann, Pool and Foxle. Unser Einspruch gegen die Umgangsregelung für Ihre Tochter wurde zurückgewiesen. Einzelheiten erfahren Sie, wenn Sie mich zurückrufen. Wir können es selbstverständlich noch einmal versuchen, aber dadurch würden zusätzliche Kosten auf Sie zukommen ...«
Potts ging zur Terrassentür und wuchtete sie auf. Wie immer war es ein ziemliches Gewürge. Er hätte lieber eine richtige Tür mit Scharnieren gehabt statt einer Schiebetür, weil er genau wusste, wie leicht man so was aushebeln konnte. Man brauchte bloß eine Brechstange dafür. Unten in Texas hatte er es selber oft genug so gemacht. Hinter der Tür lag der Garten, und wenn man im Wohnzimmer saß, konnte man manchmal zusehen, wie am Himmel die Farben wechselten.
Im Garten, der nicht viel mehr war als Sand mit ein paar Grasbüscheln, standen ein Grill, ein Plastiktisch und Stühle. Potts hatte eine Lichterkette aufgehängt, die er hin und wieder anmachte, wenn er genug getrunken hatte. Es gab ein Futterhäuschen, das von den Vögeln ignoriert wurde, und einen selbstgebauten Platz zum Hufeisenwerfen. Er ging rüber, hob ein rostiges Hufeisen auf und warf es. Daneben. Er setzte sich auf einen Plastikstuhl und sah eine Weile in die Wüste raus. Er trank aus, hievte sich vom Stuhl hoch und ging wieder nach drinnen. Er holte sich noch ein Bier, ging ins Schlafzimmer und machte seine Taschen leer. Das dicke Geldscheinbündel, das er von Stella bekommen hatte, legte er in die Sockenschublade, was er sonst noch fand, deponierte er auf der Kommode. Als er sich auszog, verteilte er überall Sand auf dem Fußboden. Er fluchte, aber er hatte nicht die Energie, ihn aufzufegen. Er ging ins Badezimmer und genehmigte sich eine lange, heiße Dusche, aber er konnte sich nicht mal dazu aufschwingen, an eine Frau zu denken. Weil er nicht übel Lust gehabt hätte, irgendwas kaputtzuschlagen, sprang er aus der Dusche, warf seinen Bademantel über und trank noch zwei Bier.
Als er am späten Nachmittag aufwachte, lag er im Bademantel auf dem Bett. Er hatte einen pelzigen Mund, und ihm dröhnte der Kopf. Das kam wohl weniger vom Bier als davon, dass er vergessen hatte, was zu essen. Er schlurfte in die Küche, machte sich einen Pulverkaffee und nahm ihn mit aufs Klo. Er hatte Dünnpiff. In seinen Gedärmen rumorte es, und er fühlte sich mau. Er hatte von dem Gesicht des toten Mädchens geträumt.
Potts zog sich an - Jeans, Boots, abgewetzte Motorradjacke. Er ging raus zur Garage, schloss das Tor auf und drückte es nach oben. Inmitten von Ersatzteilen und Kisten mit Werkzeug wartete seine schwere Harley-Davidson auf ihn. Potts ließ die Hand über die Maschine gleiten, schwang sich in den Sattel und rollte sie nach draußen. Nachdem er das Garagentor wieder zugemacht hatte, setzte er seinen Halbschalenhelm auf - das vom Gesetz gerade noch tolerierte Minimum in Sachen Kopfschutz - und trat den Kickstarter durch. Die verdammte Welt machte sich überall breit, aber wenn man auf seiner Harley saß, war man frei und ließ sie unter sich zurück.
Potts fuhr zu Kepki's Roadhouse. Davor standen ein Dutzend Motorräder und ein paar Trucks von Typen, die sich zum Feierabend einen Drink genehmigen wollten. Obwohl Potts in dem Schuppen seit einem Jahr Stammgast war, sagte kaum einer Hallo oder winkte ihm zu, als er reinkam. Potts ging zum Tresen und setzte sich auf einen Hocker.
»Bier?«, fragte Kepki.
Potts nickte. »Und einen Schlag Chili, wenn es noch nicht aus ist. Und Kräcker.«
Potts kippte das Bier in einem Zug runter und winkte Kepki mit der leeren Flasche nach einer
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