DanDep-StaderVer
»Wie war der Urlaub?«
Spandau hielt ihr seinen Daumen hin, der immer mehr Ähnlichkeit mit einer Aubergine hatte. Pookie rümpfte das Naschen.
»Wo hast du dir das denn geholt?«
»Beim Rodeo.«
»Ich ging bislang davon aus, dass man beim Rodeo Rinder fängt, keine Daumen«, sagte sie in einem affektierten Ostküstenakzent.
»Kleiner Betriebsunfall. Ist er da?«
Pookie nickte. Spandau klopfte bei Coren an. Der schien überrascht, ihn zu sehen. Aber er fing sich gleich wieder und sagte: »Reich deine Kilometerabrechnung ein.«
Walter Coren jr. war groß und schlank. Seinen attraktiven Zügen, die fälschlicherweise an alten Geldadel denken ließen, hatten die Jahre noch nicht viel anhaben können, und sein gebräunter Teint war kaum von Falten gezeichnet. Aber sein blondes Haar lichtete sich stellenweise schon leicht, und er musste einen unausgesetzten Kampf gegen den Hüftspeck führen. Obwohl er knapp über fünfzig war, hätte er fast als Spandaus Altersgenosse durchgehen können. Frauen fanden ihn anziehend, so dass er noch immer von einer Bredouille in die nächste schlitterte, und Männer fanden ihn sympathisch, weil er das Talent besaß, ihrer Eitelkeit zu schmeicheln, ohne schwul zu wirken. Er stand bei allen seinen Exfrauen in der Kreide, und um seine Leber war es fast schon so schlecht bestellt wie um die seines Vaters.
»Ich bin gerade erst wieder zurück«, sagte Spandau.
»Nie eine Kilometerabrechnung einreichen, aber rummotzen, dass wir dir nicht genug zahlen. Dir kann geholfen werden.«
»Du bist eben ein Macher«, sagte Spandau und ließ sich auf den Besucherstuhl vor Corens Schreibtisch sinken. »Der Macher ist nur der Ausbeutung fähig, niemals wahren Verständnisses.«
»Von wem ist das denn?«, fragte Coren beeindruckt. Als Student war er ein Radikaler gewesen, einer der wenigen mit einem Aktienpaket. »Eldridge Cleaver von den Schwarzen Panthern?«
»Ernie aus der Sesamstraße.«
»Was macht der Daumen?«
Spandau zeigte ihn vor. Coren zuckte zurück. »Mann, das sieht übel aus. Kannst du nicht ein bisschen Make-up draufschmieren? Das ist ja geschäftsschädigend ... Also, was liegt an mit Bobby Dye?«
Spandau zeigte ihm den Drohbrief.
»Hat er irgendeinen Verdacht, von wem der Schrieb sein könnte?«, fragte Coren, nachdem er ihn sich angesehen hatte.
»Angeblich nicht.«
»Und was erwartet er sich von uns?«
»Dass wir Nachforschungen anstellen. Irgendwer hat ihm geflüstert, dass Ermittlungen unser Metier sind.«
»Und du hast ihm geduldig erklärt, wie unwahrscheinlich es ist, dass wir den Verfasser finden?«
»Ja.«
»Und?«
»Er will trotzdem, dass wir Nachforschungen anstellen.« »Worauf du geantwortet hast?«
»Dass ich das erst mit meinem Herrn und Meister abklären muss.« »Glaubst du, es kommt was dabei raus?«
»Ich glaube, der erzählt uns einen vom Pferd. Ich glaube, der Schrieb ist getürkt.«
»Du meinst, er hat sich die Morddrohung selbst geschickt? Wozu soll das denn gut sein?«
»Da bin ich überfragt. Erst hab ich gedacht, er ist auf die Publicity scharf, aber er will nicht, dass es sich rumspricht, und zu den Bullen will er auch nicht. Außerdem hat er so eine Art von Werbung sowieso nicht nötig.«
»Meinst du, er hat eigentlich was anderes auf dem Herzen und traut sich nicht, damit rauszurücken?«
»Durchaus möglich. Er sucht jemanden, dem er vertrauen kann.« »Zum Beispiel jemanden wie dich, mit deiner Bernhardinervisage?« »Genau.«
»Bin ganz deiner Meinung. Die Story ist Blödsinn, damit verplemperst du bloß deine Zeit. Stattdessen könntest du tausend andere Sachen machen.«
»Ich hab immer noch Urlaub«, erinnerte Spandau ihn. »Eigentlich fang ich erst am Montag wieder an. Schon vergessen? Und eh ich's vergesse: Ich kann die Stunden doch abrechnen, oder?«
»Was dieser Begriff >Urlaub< soll, hab ich noch nie kapiert.« Elegant umschiffte Coren Spandaus jämmerlichen Versuch, ihm Geld aus den Rippen zu leiern. »Die Menschen sollen sich in ihrer Arbeit verwirklichen. Das ist die Einstellung, die dieses Land groß gemacht hat. Meinst du etwa, Thomas Jefferson hätte rumgequengelt, dass ihm von Gesetz wegen zwei Wochen Strandurlaub im Jahr zustehen? Außerdem fällt dir doch jetzt schon die Decke auf den Kopf, und du hast dir deinen Daumen ruiniert. Du bettelst mich doch regelrecht an, dir einen Job zu geben.«
»Thomas Jefferson hatte hundert Sklaven. Außerdem war er vollauf damit beschäftigt, der amerikanischen
Weitere Kostenlose Bücher