Danger - Das Gebot der Rache
dich. Gib nicht auf, hörst du mich?«
Kristi schluchzte, als James langsam die Augen schloss.
»Ich – kann nicht!«, krächzte er mit letzter Kraft.
»Gib nicht auf! James! Verdammt noch mal, gib nicht auf!« Hastig hob Bentz den Kopf und blickte sich im Raum um. »Holt den Notarzt her! Sofort!«, brüllte er mit feuchten Augen. Einer der Hunde wurde jaulend und geifernd von einem Polizeibeamten in einen der Verschläge gedrängt.
Er durfte James nicht verlieren. Nicht auf diese Art und Weise. Nicht getötet von einem Serienmörder, den Bentz hätte hinter Schloss und Riegel bringen sollen. Es gab noch so viel zu sagen, so viel zu tun, so viele Mauern niederzureißen …
Ein halbes Dutzend Sanitäter kamen mitsamt ihrer Ausrüstung im Laufschritt herein und eilten zu den Verletzten.
»Ach du Scheiße«, flüsterte einer, als er bei James ankam.
»Hier drüben ist jemand traumatisiert, vielleicht Schlimmeres!«, rief ein anderer Sanitäter, der zu Sarah gelaufen war.
»Sarah!«, schrie Olivia, aber ihre Freundin antwortete nicht.
»Ich kümmere mich um sie!«, rief ein junger Polizist über die Schulter, nahm ihr die Fesseln ab und zog ihr das Klebeband vom Mund.
»Der hier ist tot.« Ein weiterer Sanitäter beugte sich über Warren Sutter. Seine Soutane war von Kugeln durchsiebt, das einst weiße Gewand triefte vor Blut.
Ein weiterer Mann aus dem Rettungsteam schob Bentz zur Seite und kümmerte sich um James. »Gehen Sie aus dem Weg! Du lieber Himmel, ich brauche Unterstützung … wir verlieren den Mann!«
»Nein!«, schrie Olivia. Sie hatte sich hochgerappelt und hinkte durch den Raum, die Finger um die Polizeidecke gekrallt. »Nein – James!«, flüsterte sie und sackte zu Boden. »Bitte … bitte …« Tränen strömten aus ihren Augen, als sie James’ schlaffe Hand berührte.
Bentz krümmte sich innerlich, als James die flattrigen Lider noch einmal aufschlug und sich an Olivia wandte. »Kümmere dich um Rick. Er ist ein guter Mann … du verdienst jemanden … der dich lieben kann … ganz.« Olivia weinte jetzt laut. »Und Bentz … er … er braucht … eine starke Frau … dich.« James’ Stimme brach. Kristi stieß einen Klagelaut aus, der durch den feuchten, düsteren Raum hallte.
Tränen liefen über Bentz’ Gesicht. Es war zu spät. »Oh, Daddy, er darf nicht …«, hörte er Kristi flüstern, aber der Sanitäter schüttelte den Kopf. Bentz verspürte einen tiefen inneren Schmerz, der sich mit Schuldgefühlen und Zorn mischte.
»Es ist vorbei, Liebes«, flüsterte er, drückte seine Tochter an sich und kämpfte vergeblich gegen den Tränenstrom an. James’ Tochter. Ihrer beider Tochter.
»Aber Onkel James …«
»Schsch. Er ist jetzt bei Gott.«
»Du glaubst doch gar nicht an Gott«, schluchzte Kristi. »Das hast du selbst gesagt.«
»Ich habe gelogen.«
»Weitere Rettungswagen sind unterwegs.« Montoya klappte sein Handy zu und nahm sich zum ersten Mal die Zeit, sich im Raum umzublicken. Die Hunde waren endlich in ihren Verschlägen. Die Spiegel und Waffen glänzten in dem rötlichen Licht, das noch durch die Taschenlampen der Beamten verstärkt wurde. »Allmächtiger.«
Ohne Kristi loszulassen, rückte Bentz näher an Olivia heran. Sie blickte auf seinen Bruder hinab. Sie konnte nicht aufhören zu weinen, und ihr Kinn zitterte in dem vergeblichen Versuch, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. Bentz schlang seinen freien Arm um sie. »Wir werden das durchstehen. Gemeinsam.«
»Ich weiß nicht, wie.«
»Hab Vertrauen«, sagte er, und diese Worte schlugen eine alte, längst vergessene Saite in ihm an, eine, die er so viele Jahre geleugnet hatte. »Es war James, der euch hierher gefolgt ist und uns informiert hat«, erklärte er. »Er hat dich geliebt.« Er drückte seine Tochter an sich. »Und Kristi auch.«
»Aber woher wusstest du, wohin du kommen musstest?«
»Ich habe sein Haus und sein Telefon verwanzt und einen Peilsender an seinem Wagen angebracht.« Das Eingeständnis erinnerte ihn daran, wie sehr er an seinem eigenen Bruder gezweifelt hatte, an den Zorn, die Eifersucht, die er gegenüber diesem guten, wenngleich mitunter schwachen Mann verspürt hatte. »Ich bin ein feiner Bruder, nicht wahr?«, fragte er und schämte sich für seine üblen Verdächtigungen. »Ich fürchte, ich vertraue niemandem.« Sein Blick ruhte auf Olivia. »Aber ich arbeite daran, das zu ändern. Das verspreche ich.«
In der Ferne gellten weitere Sirenen durch die Nacht.
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