Danger - Das Gebot der Rache
achtzehn. Bentz blickte Olivia an.
»Nein … der Kaffee reicht.« Olivia schloss die Finger um die Tasse. Die Kellnerin ließ eine Blase knallen und verschwand. »Also, habe ich bestanden?«, fragte Olivia Bentz, der sich auf der Bank in der Sitznische zurücklehnte. »Habe ich die richtigen Fotos rausgesucht?«
Er rührte seinen Kaffee um und nickte. »Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.«
»Und jetzt fragen Sie sich: Wie steht sie mit dem Ganzen in Verbindung? Es kann doch nicht sein, dass sie tatsächlich über eine außersinnliche Wahrnehmung verfügt oder wie auch immer man dazu sagen will. Sie muss ihr Wissen auf eine andere Art und Weise beziehen. Stimmt’s?«
»Der Gedanke ist mir gekommen«, gab er zu.
Zornig sprang sie auf, schlug auf den Tisch und brachte ihren Kaffee zum Überschwappen. »Nun, wenn Sie sich darüber klargeworden sind, lassen Sie es mich wissen. Es würde mir nämlich auch helfen. Ich hätte dann nicht das Gefühl, den Verstand zu verlieren.«
»Das tun Sie auch nicht«, beruhigte er sie. »Bitte, setzen Sie sich wieder.« Er deutete auf den Platz ihm gegenüber, und sie setzte sich unwillig hin. »Es gibt noch etwas, worüber ich mit Ihnen reden möchte.«
»Und was?«, fragte sie und spürte, dass ihr das Thema nicht gefallen würde. Sie tupfte den verschütteten Kaffee mit einer Serviette auf.
»Ihre Mutter.«
»Was ist mit ihr?«
»Sie war mit Oscar Cantrell verheiratet.«
»Sie war mit vielen Männern verheiratet«, entgegnete Olivia und bedauerte sogleich ihren schnippischen Ton. »Ja, schön, sie war eine Zeitlang mit Cantrell verheiratet.«
»Haben Sie ihn je kennengelernt?«
»Bei der Hochzeit, aber das war’s dann auch. Meine Mutter und ich stehen uns nicht sonderlich nahe. Ich dachte, das hätte ich Ihnen schon erzählt.« Sie legte die nasse Serviette auf den Tisch beiseite.
»Haben Sie Nachsicht mit mir«, bat er. »Es hat sich herausgestellt, dass sich das niedergebrannte Haus, in dem die unbekannte Frauenleiche gefunden wurde, im Besitz von Leuten befindet, die außerhalb des Bundesstaates leben. Sie lassen es durch eine Immobilienfirma vermieten, die Benchmark Realty.«
Olivia wartete darauf, dass er fortfuhr, aber das tat er nicht. »Und?«, fragte sie schließlich.
»Die Benchmark Realty gehört Oscar Cantrell.«
»Wie bitte?«, flüsterte sie ungläubig. »Glauben Sie, er hat etwas damit zu tun?«
»Das überprüfen wir gerade«, sagte Bentz, ohne die Angelegenheit weiter auszuführen.
»Wie ich schon sagte: Ich habe Oscar bei der Hochzeit kennengelernt. Er ist klein, so um die eins siebzig, aber nicht so gebaut wie der Mann, den ich gesehen habe, viel rundlicher.«
»Er könnte abgenommen haben.«
Das alles hörte sich irgendwie falsch an. Olivia erinnerte sich an Oscar: ein Teddybär von Mann mit einer großen Nase, roten Wangen und einem lebhaften, breiten Lächeln – ein Geschäftsmann durch und durch. Keine Spur von dem unbändigen Zorn, den sie in dem Mörder gspürt hatte. »Warum sollte Oscar einen Ort wählen, der so leicht mit ihm in Verbindung gebracht werden kann? Das wäre doch zu dumm.« Sie war sich sicher, dass Oscar Cantrell nicht der Täter war. »Hat er denn kein Alibi?« Olivia blickte Bentz an, der an seinem Kaffee nippte und sie über den Rand seiner Tasse hinweg anstarrte.
»Wir sind noch dabei, es zu überprüfen.«
»Meine Mutter war nur ungefähr zwei Jahre mit ihm verheiratet, vielleicht zweieinhalb. Wenn Sie also glauben, dass zwischen Oscar und mir eine Verbindung besteht, bellen Sie den falschen Baum an. Wie ich schon sagte: Ich bin ihm nur einmal begegnet.«
»Haben Sie jemals seine Familie kennengelernt? Einen Bruder? Vater?«
»Nein. Während der Zeit, in der Bernadette mit Oscar verheiratet war, habe ich bei meiner Großmutter gelebt.«
»Haben die beiden Kinder bekommen?«
»Nein! Ich habe keine Halbgeschwister. Es gab nur meine Schwester, und die ist seit Jahren tot.«
Bentz nickte, als würde er verstehen, aber Olivia sah Schatten des Zweifels in seinem Blick. »Was ist?«, hakte sie nach. »Glauben Sie mir nicht?«
»Ich versuche lediglich, das Ganze zusammenzusetzen.«
»Vertrauen Sie überhaupt jemandem?«, fragte sie. »Was ist los mit Ihnen, Bentz? Hat Ihr Job Sie so geprägt, dass Sie niemandem mehr Glauben schenken können, oder steckt mehr dahinter? Haben Sie persönlich schlechte Erfahrungen gemacht?«
Seine Lippen zuckten. »Warum sagen Sie es mir nicht? Sie sind doch die
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