Danger - Das Gebot der Rache
Verschiedenfarbige Strähnen glänzten im Licht der Kerzen: braun, schwarz, blond … aber kein Rot. Eine Unvollkommenheit, die er würde beheben müssen. Er drehte den Zopf zwischen den Fingern und stellte sich jedes einzelne verängstigte Gesicht dieser Huren vor, dachte daran, wie er ihnen zunächst eine Haarsträhne abgeschnitten hatte, während sie noch in dem Glauben waren, mit dem Leben davonzukommen, während sie noch Bußgebete zum Himmel schickten für Taten, von denen sie gar nicht wussten, dass sie sie begangen hatten. Blöde Fotzen. Töchter Satans. Huren.
Langsam öffnete er seinen Bademantel. Sein Schwanz war hart. Pochte. War bereit. Er legte den Zopf darum, spürte die sanfte Liebkosung, so zart und neckend wie die Lippen einer Metze. Er verspannte sich, verspürte den dringenden Wunsch nach Erlösung. Das Blut pulsierte in seinen Adern, dröhnte in seinen Ohren, pochte schmerzhaft in seinem Gemächt. Oh … was würde er nicht geben für einen geöffneten Mund … einen verruchten Kuss … Er verspürte den Drang, sich selbst zu berühren, sich Erleichterung zu verschaffen, aber er tat es nicht. Nein. Er würde dieser niederen Begierde nicht nachgeben.
Stattdessen rief er sich wieder die Gesichter der Huren ins Gedächtnis. Schön. Verführerisch. Frevlerisch. Tränenverschmierte Gesichter, voller Angst, die ihn anbettelten, ihm zu Diensten sein zu dürfen, die um ihr elendes Leben feilschten. Er lächelte. Schweiß rann ihm über den Rücken und das Gesicht. Im Tode wären sie sein. Wussten sie denn nicht, dass er sie erlöst hatte? Sie zu Märtyrerinnen gemacht hatte?
Aber er brauchte noch eine weitere … eine Seele, die er retten konnte … eine weitere Isebel, die er seinem toten Harem hinzufügen konnte … eine weitere Strähne für seinen Zopf … heute Abend.
Den Ort dafür hatte er bereits gefunden und vorbereitet: ein primitiver Altar, aber nichtsdestotrotz eine heilige Stätte. Verborgen. Düster. Die Waffe wartete.
Der Zeitpunkt war ihm vorgegeben. Er blickte auf den Kalender. Es war der fünfundzwanzigste November, der Gedenktag der heiligen Katharina von Alexandrien, der Schutzpatronin der Mädchen, Jungfrauen und Ehefrauen, der Philosophen, Theologen und Studenten … wie passend. O ja, es war einfach perfekt.
Es musste heute Abend passieren.
Noch vor Mitternacht.
Gott wartete.
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Kapitel neunzehn
O livia hatte Mühe, die Gedanken an ihre Auseinandersetzung mit Bentz abzuschütteln. Was hatte dieser Mann an sich, das sie so zum Ausflippen brachte? Sie sperrte den Laden zu und wollte gerade ihre Sachen holen, als das Telefon klingelte. Der Anrufbeantworter würde anspringen, natürlich, aber da es so kurz vor Thanksgiving war, nahm sie den Hörer ab und meldete sich: »Third Eye. Hier spricht Olivia. Was kann ich für Sie tun?«
Schweigen, aber sie wusste, dass jemand am anderen Ende der Leitung war.
»Ist da jemand?«, fragte sie und spähte durch die Glasscheiben auf die dunkle Straße. Die Lichter im Laden waren aus, nur die Straßenbeleuchtung und die Lampen im Schaufenster sorgten für ein wenig Helligkeit.
»Hallo?«
»Olivia?« Die rauhe Stimme eines Mannes.
»Ja.« Hatte sie ihren Namen nicht bereits genannt? »Kann ich Ihnen helfen?«
»Das hoffe ich.« Ein weiteres Zögern, als würde er seine Gedanken zusammennehmen. »Hier spricht dein Vater.«
Ihr Herz sank. Sie sagte kein Wort. Vermochte nichts zu sagen.
»Vermutlich erinnerst du dich nicht mehr an mich. Ich bin eine lange Zeit fort gewesen, aber ich hatte gehofft, dass du und ich, wir beide, wieder zueinanderfinden würden.«
Sie lehnte sich gegen die Wand. Ihr Blick schoss hektisch durch den Laden zu den dunklen Verkaufstischen und Vitrinen, als würde sie erwarten, dass Reginald Benchet hinter einer Mardi-Gras-Maske oder einem Stapel Bücher über Hexerei hervorspringen würde. »Ich … ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist.«
»Woher willst du das wissen, Livvie?«
Die Art und Weise, wie er mit seinem breiten Südstaaten-Akzent ihren Spitznamen aussprach, verursachte ihr eine Gänsehaut. »Ich bin lange fort gewesen, und ich hatte jede Menge Zeit zum Nachdenken. Mein Leben zu hinterfragen. Ich habe dich nach meiner Freilassung nicht gleich angerufen, habe nicht gleich deine Mutter kontaktiert, bin nicht einmal zur Beerdigung deiner Großmutter gekommen, obwohl ich ihre Todesanzeige in der Zeitung gelesen habe. Ich dachte, ich gebe uns allen ein wenig Zeit, uns an die
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