Danger - Das Gebot der Rache
einen silbernen Stern, der Teil eines Windspiels war. Die Glocken tönten leise über die Sitar-Hintergrundmusik hinweg, die aus den Lautsprechern auf den obersten Regalböden klang.
»Ein andermal.«
»Dann machen Sie also keinen Freundschaftsbesuch«, stellte sie fest, als sie den ernsten Ausdruck auf seinem Gesicht bemerkte. Plötzlich ging ihr ein Licht auf. »Sie haben den Kerl geschnappt«, sagte sie hoffnungsvoll, obwohl sie es insgeheim besser wusste.
»Nichts dergleichen«, erwiderte er, »doch wir haben womöglich die unbekannte Leiche identifiziert.«
»Wer ist es?«
»Das darf ich nicht sagen, ehe wir uns sicher sind und die Familie benachrichtigt haben.«
»Warum sind Sie dann hier?«, fragte Olivia und gab sich für den Bruchteil einer Sekunde der unsinnigen Hoffnung hin, dass er doch nur gekommen war, um sie zu sehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie dachte an den Kuss in ihrem Haus und fragte sich, ob er ihn so berührt hatte wie sie.
Bentz griff in seine Tasche und holte einen braunen Umschlag hervor. Darin lagen Farbkopien von Schnappschüssen von einem halben Dutzend Frauen, alle zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig, ein paar von ihnen lächelten, ein paar nicht, alle waren attraktiv und sexy. Er reichte Olivia die Fotos.
»Werden all diese Frauen vermisst?«, fragte sie entsetzt.
»Nein. Ich habe mich nur gefragt, ob eine von ihnen der Frau aus Ihren Visionen ähnelt.«
»Wie bitte?« Olivia zögerte, doch dann verstand sie. »Oh, ich hab’s kapiert. Sie stellen mich auf die Probe.« Sie verspürte Enttäuschung. »Stets der Skeptiker, hab ich recht?«
»Das muss ich sein.«
»Vermutlich.« Sie ging die Kopien durch, betrachtete jedes einzelne Gesicht und hielt inne, als sie zu einer jungen Frau mit hellbrauner Haut in einem Bikini kam. Auf dem Foto lächelte sie breit. »Ich … ich habe das Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben«, sagte Olivia verwirrt. »Aber sie ist nicht die Frau aus meiner … o Gott.« Ihr Herz hätte fast ausgesetzt, als sie den Schnappschuss eines Mädchens mit einem Tennisschläger in den Händen hielt. Die Erkenntnis erwischte sie eiskalt. »Die hier«, flüsterte sie und ließ den Rest der Fotos fallen, als habe sie sich die Finger verbrannt. »Das ist die Frau, die er Cecilia genannt hat. Ich bin mir ganz sicher.« Vor ihrem inneren Auge zogen wieder die brutalen Bilder von der knienden Frau auf, die um ihr Leben bettelte und sich dabei verzweifelt an die Soutane des Priesters klammerte. Olivias Knie wurden weich, und ihr drehte sich der Magen um. Sie holte tief Luft und sackte schwer gegen den Verkaufstresen.
Schnell fasste Bentz sie am Ellbogen. »Ganz ruhig«, sagte er, doch in diesem Augenblick wurde die Ladentür geöffnet, und Tawilda kam herein, bepackt mit einer Einkaufstüte.
»He, Livvie, ist alles in Ordnung?«, fragte sie und eilte mit klirrenden Armreifen den Gang entlang. »Wer zum Teufel sind Sie?« Dunkle Augen funkelten Bentz an.
»Es ist schon in Ordnung. Er ist …«
Bentz zeigte seine Marke. »Rick Bentz. New Orleans Police Department.«
»Polizei? Was ist passiert? Sind wir überfallen worden?«, fragte Tawilda.
»Ms. Benchet ist uns bei einem Fall behilflich.«
Tawildas Augen wurden rund. Dann kniff sie sie zusammen und schaute Olivia an. »Du hast mir gar nichts von einem Fall erzählt. Was geht hier vor?«
»Sie ist nicht befugt, darüber zu reden«, sagte Bentz. »Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie den Laden übernehmen könnten, damit ich Ms. Benchet ein paar Minuten unter vier Augen sprechen kann.« Er blickte Olivia an. »Ich lade Sie zu einer Tasse Kaffee ein.«
Olivia entzog sich Bentz’ stützendem Griff.
»Verhaften Sie sie etwa? Müssen Sie ihr dann nicht ihre Rechte vorlesen oder so?«
»Sie wird doch nicht verhaftet«, sagte Bentz lächelnd.
»Es ist alles in Ordnung, Tawilda«, sagte Olivia noch einmal und zwang sich zu einem Lächeln. »Aber wenn es dir nichts ausmacht … ich hätte tatsächlich etwas mit ihm zu besprechen.«
»Und ob es mir etwas ausmacht. Es macht mir etwas aus, dass du mir nichts davon erzählt hast!«, schimpfte Tawilda. »Ich wusste, dass etwas nicht stimmt, Mädchen. Du hast dich in den letzten Tagen ziemlich seltsam aufgeführt. Und ich dachte, es hätte etwas damit zu tun, dass deine Mom in der Stadt aufgetaucht ist, aber es steckt mehr dahinter, hab ich recht?« Sie musterte Bentz prüfend. »Nun geht schon.« Sie scheuchte Bentz und Olivia mit ihren langen
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