Dangerous Liaison
erwachen.
Fragend musterte Marcel ihn und blickte dann Jesse an, was Robin nicht entging
„Hast du vergessen, ihm was zu geben?“, fragte Marcel leise, und Jesse schüttelte den Kopf.
„Ich will, dass er alles bei vollem Bewusstsein erfährt“, meinte er und grinste fast dämonisch.
Endlich hatten sie die Stadt hinter sich gelassen und gelangten nun in eine wirklich einsame Gegend. Kein Haus war weit und breit zu sehen, die Straße unbefahren. Die drei Männer waren die einzigen Reisenden in diesen Nachtstunden.
Schließlich hielten sie auf einem Robin bekannten Waldweg.
„Komm, Robin“, forderte Jesse ihn leise auf und öffnete die hintere Tür, durch die der andere langsam ins Freie kroch. Ängstlich blickte Robin sich um. Der Vollmond stand hoch am Himmel, doch sein fahles Licht drang nicht ganz durch die dicht an dicht stehenden Bäume .
Robin fröstelte, und er schlang die Arme um seinen fast zerbrechlich gewordenen Körper. Er spürte die Angst, die ihn befiel, doch Jesse griff nach seinem Arm und zwang ihn ihm zu folgen.
Langsam lichteten sich die Schleier über Robins Erinnerung. Jesse hatte die Dosis der Medikamente in den letzten Tagen reduziert, heute hatte Robin gar nichts bekommen, so dass er fast klar im Kopf war.
Und die Angst kehrte zurück. Er wurde sich bewusst, dass er Jesse wieder in die Hände gefallen war. Das, wovor er sich immer gefürchtet hatte, war eingetroffen. Er war wieder auf dem Weg, Mitglied der Sekte zu werden, die er zutiefst verabscheute, die ihm Angst machte. Sein jahrelanges Versteckspiel war umsonst gewesen.
Robin stolperte neben Jesse her, versuchte, sich loszureißen, doch unerbittlich riss der Sektenführer ihn weiter fort. Robin sah auf der kleinen Lichtung die marmornen Statuen des Friedhofes im Mondlicht leuchten wie stumme Zeugen eines verbotenen Tuns. Kerzen brannten auf den Grabsteinen, aufgestellt von den fast vollständig versammelten Mitgliedern
der Sekte.
Jesse führte Robin in ein kleines Mausoleum. Ringsherum waren Särge in die Aussparungen in den Wänden geschoben, kleine, steinerne Platten kündeten davon, wer hier seine letzte Ruhe angetreten hatte.
Rasch entledigte Jesse sich seiner Kleidung und schlüpfte in die blutrote Robe, während Marcel in seine schwarze schlüpfte.
Dann half Jesse Robin in die weiße, wobei Marcel erstaunt die Augen aufriss. Auch er kannte die Bedeutung jenes Kleidungsstücks und blickte Jesse fragend an. Doch dieser grinste nur, zog Robin die Kapuze über den Kopf, und sie verließen die Grabstätte.
Unter dem unheimlichen Gesang der Männer schritten sie zum Altar.
„Warum trägt er eine weiße Robe?“, fragte Marcel flüsternd an Jesse gewandt, der Robin fest am Arm gepackt hielt, damit er ihm im letzten Moment nicht doch noch entwischen konnte,
„Weiß tragen doch nur die Opfer!“
Jesse warf Marcel einen kurzen Blick zu. Seine Zähne funkelten weiß und bedrohlich im Mondlicht.
„Er ist das Opfer!“, gab er leise zurück, doch nicht leise genug, denn Robin hörte es.
Abrupt blieb er stehen, stemmte seine Füße in den Boden, als die gehörten Worte langsam sein Bewusstsein durchdrangen. Jesse wollte ihn nicht in die Loge zurückholen, er wollte Robin töten! Natürlich!
„Das kannst du doch nicht machen!“ Auch Marcel war erstarrt vor Schreck stehengeblieben und starrte Jesse fassungslos an.
„Natürlich kann ich“, gab dieser ungerührt zurück und zog Robin dann einfach weiter, ging auf sein Sträuben und Flehen, auf seine Schreie gar nicht ein.
Schließlich hatten sie den Altar erreicht. Jesse drückte Robin mit aller Gewalt auf den steinernen Sarg. Mit Hilfe eines anderen gelang es ihm, ihn trotz erheblicher Gegenwehr zu fesseln. Atemlos lag Robin mit gespreizten Armen und Beinen vor Jesse und blickte ihn aus ängstlichen, aber auch aus hasserfüllten Augen an.
Auch Marcel war nicht stumm geblieben. Immer wieder hatte er auf Jesse eingeredet, doch dieser tat seine Einwände mit einer Litanei über die Macht der Loge, die ihm ja auch zugutekam, ab.
„Halt jetzt endlich deine Klappe, oder du bist der Nächste, der dort liegt!“, zischte Jesse schließlich, nachdem er Robin einen Knebel verpasst hatte, damit er endlich still war.
Dennoch zerrte Robin weiterhin an den Fesseln, riss sich die Handgelenke blutig und spürte, wie die Angst drohte, ihm die Kehle zuzuschnüren. Panik kam in ihm auf, er bekam keine Luft, verschluckte sich und musste husten. Durch den Knebel hatte Robin
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