Daniel Briester - Friedemann, A: Daniel Briester
mir nach und nicht ich dir oder gar Sandra. Du scheinst unter Gedächtnisschwund zu leiden. Deine Lügen nerven, kapierst du das wenigstens?“
„Du bist so widerlich. Aber bitte, gehe ich eben“, erwiderte sie schnippisch.
„Deswegen ist ja Schluss und tschüss. Hast du keine Klamotten, keinen Krempel mehr hier? Sonst tauchst du in einer Stunde erneut auf. Machst du jedes Mal, benutzt es als Ausrede. Sollte ich etwas finden, schicke ich es dir per Post zu. Du kannst dir ergo den Weg sparen.“ Er warf die Tür hinter ihr zu.
Was war nur mit ihr los? Ihre dämlichen Geschichten, die sie überall verbreitete nervten. Seine Freunde meckerten ihn deswegen an und nur weil sie Märchen verbreitete. Wusste sie es? Und wenn? Ach Snaksch, sie vermutete eventuell etwas, aber mehr bestimmt nicht. Woher auch? Außerdem, dachte er bockig, geht sie das nichts an. Wir haben eine Affäre und nicht mehr. Da kann jeder machen, was er möchte. Trotzdem merkte er auch heute, dass er es lieber gesehen hätte, wenn sie geblieben wäre.
*
„Die Identifizierung des Mannes konnte anhand vorgefundener Beklei- dungsreste nicht erfolgen. Nach Angaben der Rechtsmedizin: akute Alkoholintoxination ...
Leberzirrhose ...
Brüche vom Zungenbein und Kehlkopf, das auf Würgen hindeutete.
Die Leiche wies starke Fäulniserscheinungen auf. Nach den bisherigen Ermittlungen dürfte der ungefähr vierzig- bis fünfzigjährige Mann mindestens drei Wochen im Wasser gelegen haben.
Der Körper war vollständig erhalten. Hautablösungen ...
Aufgrund des Verwesungszustandes konnte bisher nicht endgültig geklärt werden, ob es sich bei dem Verstorbenen um einen Europäer oder einen Asiaten handelt.
Schaumpilzbefall im Ertrinkungsstadium II aus eindringendem Wasser und Reizsekret der Atemwege. Kardinales Lungenödem ...
Treibverletzungen ...
Sehr starke Hautverletzungen an Gesicht, Händen, am Augenbereich
Wunde am Oberkopf
Tierfraß an Ohrmuscheln und Nasenflügel
Lungenüberblähung mit Paltaufschen Flecken ..., starke Blähung ... und so weiter.
Kieselalgen im großen Kreislauf ...
Wasser im Körper, Magen, Duodenum, Keilbeinhöhlen ...
Angaben zum Zahnstatus:
Oberkiefer zu Lebzeiten komplett, wenig Karies, ein oder zwei Behand- lungsmerkmale, normale Zahnstellung, Überbiss und Bisslage nicht beurteilbar
Zahnfleisch infolge Skelettierung nicht beurteilbar
Zahnsteinansatz, Raucherbelege, Abkauung, Zahnfarbe sehr hell
Kompletter Unterkiefer, regelmäßige Zahnstellung, mehrere Behand- lungsmerkmale
Zahnstatus:
31 - fehlt, postmortaler Verlust
35 - Stecknadelkopfgroßer kariöser Defekt an der Seite ...“, las Daniel den Obduktionsbericht stichpunktartig vor. „Ich habe unter anderem ein Foto von einem Ring, den der Tote trug. Sehr charakteristisch. Das sollten wir mit veröffentlichen.“
„Es kann also kein Selbstmörder sein.“
„Ziemlich ausgeschlossen. Versuchen wir die Identität zu klären, danach sehen wir weiter. Ines und Lisa, ihr beide kümmert euch bitte darum. Hier ist eine Liste, was er getragen hat.“
„Die Gerber wird Zirkus veranstalten“, warf Lisa ein.
„Vergiss sie, gib ihr nichts, dann kommt sie angekrochen“, lächelte er. „Wenn das Tageblatt als einzige Zeitung nichts mehr von uns erhält, wird sie genug Ärger haben.“
„Du bist gelegentlich richtig ekelhaft.“
„Nein, ich lass mir von so einer frustrierten Tante nur nicht auf dem Kopf herumtanzen. Weiter, Benno und Udo, ihr kümmert euch bitte um den Herrmann. Er muss verhört werden. Lukas, du gehst bitte dieser Kindergeschichte nach. Sprich dich da mit Helbich ab. Er hat mir heute Morgen gesagt, dass sie da etwas Neues haben. Mach dich auf weniger schöne Bilder gefasst. Ich bin am Wochenende nicht erreichbar, da ich mittags wegfahre. Frühstücken wir zunächst in alle Ruhe. Lisa, sag bitte den Damen Bescheid und ihr dürft helfen“, wandte er sich grinsend an seine Mitarbeiter. Es war für über eine Stunde ein gemütliches Beisammensein, wo man nie über die Arbeit sprach. Da standen mehr private Dinge zur Sprache. Geschichten von Kindern, die zum Lachen animierten oder andere Begebenheiten; hin und wieder Probleme, die einer der Mitarbeiter Zuhause hatte.
In seinem Büro lagen Zettel auf seinem Schreibtisch, die er der Reihe nach abarbeitete.
Er schnappte seine Jacke und fuhr zu Jana. Sie hatte vorhin angerufen, weil sie mit ihm reden wollte.
Sie behandelte gerade den letzten Patienten, so wartete er.
Kaum war sie fertig, stand er auf und trat in ihr Zimmer.
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