Daniel Taylor - Plötzlich Dämon: Collector's Pack (German Edition)
nicht gleich gesagt, dass du auf unserer Seite stehst?«
»Was?« Marla verstand nichts mehr. »Was redest du da, Vater?«
»Dein Menschenfreund arbeitet sozusagen für Xandros.«
Ihre Brust schnürte sich zusammen. Was auch immer Obron in Mikes Geist gesehen hatte – es musste der Wahrheit entsprechen. Marla verfluchte sich für ihre minimalen Fähigkeiten. Sie konnte zwar mental kommunizieren, aber nicht tiefer in den Geist einer Person vordringen. Für die Dämonen hatte sie lediglich als eine Art Sender fungiert. Über ihren Verstand waren sie damals in Silvan eingedrungen.
Obron umkreiste Mike wie ein Raubtier seine Beute. »Dein lieber Freund ist der Neffe eines Gildenoberen, der zu uns übergelaufen ist. Er hat Mike mit wichtigen Aufgaben betraut, obwohl er kaum Magie besitzt.«
»Kaum?« Mike meldete sich zu Wort. »Dann habe ich doch Kräfte?«
Obron grinste. »Nur eine, ja. Sie schlummert tief in dir.«
Marla schluckte, ihr war schwindlig. »Stimmt das, Mike? Du arbeitest für …«
Er schaute ihr nicht in die Augen, als er nickte.
Sie fühlte sich wie vom Blitz getroffen. Sie sollte glücklich sein, dass Mike irgendwie zu ihnen gehörte, stattdessen traf sie sein Verrat wie ein Giftpfeil. Traurig schüttelte sie den Kopf.
Obron lachte triumphierend. »Sie suchen schon lange nach Carpenter und dem Zepter. Aber nicht für sich, nein, für Xandros. Er hat ihnen bereits vor vielen Jahren Macht versprochen, sollten sie Carpenter und das Zepter aufspüren. Ihr Oberster und seine Anhänger sind Verbündete von uns.«
Dazu konnte Marla nichts mehr sagen. Sie kam sich unglaublich dumm vor, zudem betrogen wie noch nie. Der Junge, den sie liebte, war ein Verräter?
Obrons Griff um Mikes Kragen lockerte sich. »Ich lasse dich am Leben, Mensch, wenn du mir hilfst.«
Eifrig nickte er. »Natürlich werde ich das! Ich kann helfen, an das Zepter zu kommen. Ich weiß, was Carpenter vorhat.«
Obron schnaubte amüsiert. »Ja, ich habe es in deinem Kopf gesehen.« Sein Blick verdüsterte sich. »Daher weiß ich auch, dass du unbedingt das Zepter für dich willst!«
»Mike!«, rief Marla entsetzt.
Der schüttelte leicht den Kopf und starrte sie an. Er leugnete es?
War sie ohnmächtig und träumte das alles nur? Die Realität erschien ihr auf einmal schrecklich verzerrt. Sie wollte weinen, sie wollte sterben – stattdessen war sie erneut wie gelähmt.
Listig lächelte Obron sie an. »Doch nicht dein Traummann, Tochter? Mir gefällt er.« Dann wandte er sich wieder an Mike. »Du willst Bestätigung? Von deinen Eltern und von deinem Boss. Nur daher willst du ihnen Carpenter und das Zepter besorgen.«
Marla atmete auf. Jetzt verstand sie. Mike wollte nicht die Macht, sondern Aufmerksamkeit.
»Wenn du mit mir zusammenarbeitest«, fuhr Obron fort, »kann ich dafür sorgen, dass du mehr Anerkennung bekommst. Ich verspreche dir, deine schlummernde Kraft zu aktivieren. Außerdem lasse ich das andere Menschenmädchen frei und … du kannst Marla haben.«
»Vater!« Erneut stiegen ihr Tränen in die Augen. Wie immer war sie für alle nur eine Schachfigur, die jeder beliebig auf dem Feld hin und her schieben konnte. Sie wollte kein Mittel zum Zweck mehr sein und schon gar keine Trophäe! Mikes Verrat brannte in ihrer Brust heißer als Feuer.
Obron beachtete sie nicht, sondern redete mit Mike. »Carpenter und Silvan sind hier. Xandros hat ihre Präsenz sofort gespürt. Leider sind sie wegen des Horusauges für uns Dämonen nicht auffindbar.«
Mike trat einen Schritt vor. »Aber ich kann sie sehen!«
Obron klopfte ihm lächelnd auf die Schulter. »Dann lass uns keine Zeit mehr vergeuden.« Grinsend drehte er sich zu Marla und umfasste ihr Kinn. »Ich wusste, dass du mir einmal nützlich sein würdest, die Verbindung mit deiner Mutter war also keine verlorene Zeit!«
Zitternd holte Marla Luft und schlug seine Hand weg. Er hatte doch kein Herz. Aber Carpenter – er liebte sie wie eine Tochter, das hatte sie gespürt. Er würde nie zulassen, dass ihr etwas geschah.
Als ob Obron ihre Gedanken gelesen hätte, schüttelte er den Kopf und wandte sich um. »Gehen wir!«, rief er Mike zu.
»Mike …«, flüsterte sie. »Bitte tu das nicht.«
Er sah sie niedergeschlagen an und formte mit den Lippen Worte, die Marla nicht verstand, aber sie bildete sich ein, ein »Vertraue mir« herausgelesen zu haben. Dann wandte auch er sich von ihr ab.
Sie schluckte ihre Tränen hinunter. Es waren ohnehin nur Lügen. Marla vertraute
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