Daniel Taylor und das dunkle Erbe
das sofort der Polizei melden!«
»Auf keinen Fall!« Daniel blieb stehen, als Nessa ihn zur Treppe zog. »Das kommt gar nicht infrage. Die haben mich eh schon auf dem Kieker, weil sie denken, ich hätte ein Schaufenster eingeschlagen.«
Das war also der Grund! , durchfuhr es sie erleichtert. Keine Drogen! »Und, hast du das Schaufenster eingeschlagen?«
»NEIN!«
»Dann hast du nichts zu verlieren!«
»Nessa …« Er machte eine ausladende Handbewegung. »Wie willst du denen das erklären? Wir sind praktisch hier eingebrochen.«
Ach, auf einmal , dachte sie. »Das weiß ich jetzt noch nicht, aber wir müssen ihnen mitteilen, dass dort eine Leiche versteckt ist! Wer weiß, vielleicht hat Edna weitere Menschen getötet; du kannst es doch nicht verantworten, dass eine potenzielle Mörderin in unserer Stadt lebt!« Ihre Stimme wurde immer schriller, weil ihre Panik zunahm, und als sie endlich oben angelangt waren und Daniel das Licht löschte, lief Vanessa so schnell sie konnte durch den düsteren Flur. Ich muss hier raus! , war ihr einziger Gedanke, als sie endlich die Hintertür erreichte und in die sternenklare Nacht stolperte. Sofort umwehte sie wieder eine kühle Brise, die sie frösteln ließ, denn ihre Haut war von einem feinen Schweißfilm überzogen. Schwer atmend hielt sie sich am Zaun fest, um auf Danny zu warten, der die Tür absperrte.
»Beruhige dich erst mal«, sagte er und kam zu ihr, um ihr sein Cape umzulegen. »Mensch, du zitterst ja am ganzen Körper.«
Als er sie in die Arme schloss und ihr erneut sein vertrauter Geruch in die Nase stieg, fühlte sich Vanessa sofort besser. »Wie kannst du so cool bleiben?« Ihr war nur nach Weinen zumute.
Danny umarmte sie fester, ihre Körper schmiegten sich aneinander, als wären sie aus einem Guss. »Es gibt da etwas, das ich dir erzählen möchte, aber ich habe Angst, dadurch unsere Freundschaft zu zerstören«, erwiderte er leise.
Jetzt klopfte ihr Herz nicht mehr aus Furcht so schnell, sondern weil sie spürte, dass Daniel sich ihr endlich öffnen wollte. Sie hob den Kopf, um ihm in die Augen zu blicken, die nun wieder normal aussahen. »Was ist es, Danny? Du kannst mir alles sagen.«
Er räusperte sich. »Ich weiß nicht, wie ich es dir beibringen soll … ich glaube, ich …« Weiter kam er nicht, denn Rebecca hatte sie entdeckt und rief ihnen zu: »Kommt endlich rüber!«
Daniel ließ Vanessa los, als hätte er sich an ihr verbrannt, und setzte sich in Bewegung, doch Vanessa hielt ihn am Ärmel zurück. »Was wolltest du sagen?« Aber sie spürte, dass Daniel sie schon wieder ausgeschlossen hatte.
»Ich erzähle es dir ein andermal«, flüsterte er, ohne sie anzusehen, und half ihr über den Zaun.
Daniel wurde tatsächlich wie ein Held gefeiert, als er Rebecca die rote Blüte überreichte. Sofort ließ sie ihren MP3-Player in eine Tasche seines Rüschenhemds gleiten und gab ihm dabei ein Küsschen auf die Wange. Vanessa kochte innerlich. Nimm bloß deine Finger von Danny! Diesmal war sie diejenige, die sich ausgeschlossen fühlte. Ihr wurde keine Beachtung geschenkt, obwohl sie ja auch dabei gewesen war.
»Nun sagt schon, wie war es in dem Gruselhaus? Habt ihr den alten Joe gesehen?« Aufgeregt tanzte Becky um Daniel herum.
»Ja, wir haben ihn gesehen«, sagte er zu Vanessas Überraschung. Scharf sog sie die Luft ein. Wenn er es jetzt allen erzählt, dann müssen wir doch die Polizei anrufen , dachte sie, aber sie bemerkte sofort, dass Danny nur eine Show abzog.
»Wir haben ein wenig mit ihm geplaudert und er hat uns bis ins kleinste Detail erzählt, wie Edna ihn umgebracht hat.«
Ein Raunen ging durch die Menge, andere lachten.
»Wart ihr deswegen so lange weg?«, fragte Patricia, ein Mädchen aus einem anderen Jahrgang, bevor sie sich direkt an Vanessa wandte: »Hast du Joe wirklich gesehen?«
»Ja«, hauchte sie bloß. Sie konnte nicht lügen, das war nicht ihre Art, und schließlich hatte sie Joe tatsächlich gesehen.
»Wenn Nessa das sagt, dann glaube ich das.« Patricia nickte ernst und drehte sich wieder zu Danny, der gerade die irre Geschichte zum Besten gab, wie Edna ihren Mann in der Badewanne ertränkt hatte: »… und nachdem er den letzten Atemzug gemacht hatte, versteckte Edna seine Leiche«, endete er und war dabei richtig aufgeblüht. Sein anfänglicher Unmut schien verflogen.
»Wo ist sie?« Mike trat mit verschränkten Armen vor und blickte Daniel mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich glaube dir kein Wort,
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