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Daniel und Ismael

Daniel und Ismael

Titel: Daniel und Ismael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. Walther
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Zeit damit anzufangen?
    “So, ich gehe ins Bett. Der Junge schläft auf der Couch!”
    “Danke Mutti”, sage ich dann doch noch. Sie schaut mich ernst an und geht. Ich steige die Treppe hoch in mein Zimmer. Ismael sitzt auf dem Bett. Ich umarme ihn, er legt den Kopf an meine Schulter. “Du darfst heute Nacht hier bleiben”, flüstere ich.
    “Wirklich?”
    “Hm, aber morgen müssen wir deine Eltern anrufen. Und du sollst auf der Couch schlafen.”
    “Ja, ist vielleicht besser so.”
    Ich frage nicht, ob er das Anrufen oder die getrennte Schlafstätte meint.

 
    16
    Als ich am nächsten Morgen gegen acht aufwache und nach unten gehe, sitzt Ismael schon mit meiner Mutter am Frühstückstisch. Der Tisch ist ganz liebevoll mit lauter leckeren Sachen gedeckt. Meine Mutti lacht über etwas, das Ismael gerade gesagt hat. Ich bin ein bisschen eifersüchtig, obwohl das albern ist.
    “Guten Morgen!”, sagen Ismael und Mutti im Chor.
    Nachdem wir alle fertig gefrühstückt haben, wird meine Mutter ernst. “Ismael muss jetzt seine Eltern anrufen, sie machen sich bestimmt schon große Sorgen.”
    Ismael nickt und geht ins Wohnzimmer zum Telefon, als müsste er zu seinem Henker gehen. Nach einer Weile, in der wir ihn ganz leise sprechen gehört haben, kommt er wieder. “Meine Mutti hat geweint am Telefon. Sie hat mich angefleht, wieder zu kommen. Ich werde also wieder nach Hause gehen.” Seinem Gesicht ist keine Gefühlsregung anzusehen. Ich würde ihn an liebsten in die Arme nehmen.
    “Du tust das Richtige”, sagt meine Mutter schließlich, “sie werden dir nicht den Kopf abreißen.” Ismael antwortet nicht.
    Nach dem Frühstück machen Ismael und ich uns langsam auf den Weg. Im Nonnenwald biege ich am Bach vom Weg ab ins Dickicht und führe Ismael zu meiner Lieblingsstelle im Wald. Der hohe Fichtenwald fällt sanft ab bis zu einem gewundenen Bachlauf. Der Wald ist licht, zwischen den Bäumen wächst dunkelgrünes, ganz weiches Gras, der Bach plätschert und gluckert leise.
    “Ist schön hier”, sagt Ismael und lässt sich nicht weit vom Bach ins Gras fallen. Ich setze mich auch hin.
    “Was hat deine Mutti eigentlich gestern Abend gesagt, nachdem sie uns entdeckt hat?”
    Ich erzähle ihm davon. Ismael schaut nur in die Baumwipfel und schweigt. Schließlich sagt er ganz ruhig: “Also weiß sie was los ist.”
    “Weshalb bist du dir da so sicher?”
    “Sie ist nicht dumm.”
    “Wieso hat sie dann nichts gesagt?”
    “Wieso hast du nichts gesagt?”, er schaut mich an.
    Er hat es auf den Punkt gebracht und ich weiß nicht, was ich antworten soll. “Und nun?”
    “Sie hat dir weder den Kopf abgerissen, noch dich in die Tiefen der Hölle gewünscht.” Ismael blickt wieder gen Himmel, er spricht ganz ruhig.
    “Aber sie hat drauf bestanden, dass du auf der Couch schläfst.”
    “Sie hat hundertmal besser reagiert, als ich mir das von meinen Eltern jemals vorstellen könnte.” Der Wind bewegt die Baumwipfel, die hohen Fichten schwingen hin und her. Hier unten ist es absolut windstill. Ich lege mich neben Ismael und meinen Kopf auf seine Brust.
    “Du meinst ich sollte es ihr sagen?”
    “Hm.”
    “Vielleicht sollte ich ihr noch etwas Zeit lassen, es zu verdauen”, wende ich ein.
    “Hm, ich glaube sie ist wie du, sie macht Dinge gerne erstmal mit sich selber aus.”
    “Du kennst sie doch gar nicht!”, sage ich pikiert. Ich stehe auf und gehe zum Bach. Dort setze ich mich ans Ufer und halte meine Hand ins Wasser. Meine Finger teilen das glasklare Wasser, es ist eisig kalt. Wie kann er Dinge von meiner Mutter verstehen, besser als ich, obwohl er sie kaum kennt? Was fällt ihm eigentlich ein? Und wieso ist er heute so anders? So gesprächig und irgendwie gelöst. Ich höre es hinter mir im Gras rascheln. Ismael ist herangetreten und legt von hinten die Arme um mich und seinen Kopf in meinen Nacken. Das sind die Momente, von denen ich nur geträumt habe.
    “Was ist, wenn deine Eltern so viele Schwierigkeiten machen, dass wir uns trennen müssen?”
    Ismael sagt nichts, er küsst meinen Nacken, mich durchläuft ein Schauer. “Daniel, egal was passiert, wir treffen uns in zwei Tagen wieder hier.”

 
    17
    Zur verabredeten Zeit gehe ich wieder in den Wald. Ich bin wohl zu zeitig, Ismael ist noch nicht da. In den letzten zwei Tagen konnte ich nur an ihn denken. Was ist, wenn seine Eltern den Kontakt verhindern, ihn einsperren, wegschicken …? Und was, wenn sie ihm ein so schlechtes Gewissen machen, dass

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