Danielle Steel
Erfahrungen mit Frauen gemacht. Meistens hatte er sich m it Frauen getroffen, die sich in der Nähe der Rollfelder aufhielten, oder mit Mädchen, die er durch andere Piloten kennen lernte. Mit all diesen Frauen verband ihn nichts. Es hatte nur eine gegeben, die ihm wirklich etwas bedeutet hatte, doch sie hatte schließlich einen anderen geheiratet. Sie war sehr einsam gewesen, denn er hatte nie Zeit für sie gehabt.
Joe konnte sich nicht vorstellen, dass auch Kate sich einsam fühlen könnte. Sie war so voller Leben, schien sich selbst genug zu sein. Ihre Selbstständigkeit, ihre reif e Persönlichkeit waren es, die ihn anzogen. Zwischen Kate und ihm würde es keine Unstimmigkeiten und Vorwürfe geben. Joe hätte sie am liebsten festgehalten und nie mehr losgelassen.
Kate erzählte ihm, wi e sehr sie sich wünschte, Jura zu studieren, und dass sie ihren Traum aufgegeben hatte, weil d iese Laufbahn für eine Frau schwierig war.
»Das ist doch Unsinn«, entgegnete Joe. »Wenn es das ist, was Sie wollen, dann tun Sie es!«
»Meine Eltern sind damit nicht einverstanden. Sie wollen zwar, dass ich zum College gehe, aber sie erwarten, dass ich anschließend heirate.« Enttäuschung schwang in ihrer Stimme mit, und diese Aussichten schienen sie zu langweilen.
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»Und warum ist nicht beides möglich? Juris tin sein und heiraten?«
Für Joe war die Lösung einfach, doch Kate schüttelte nur den Kopf. Ihr Haar fiel um i hr Gesicht wie ein dunkelroter Vorhang. Es unterstrich ihre natürliche Sinnlichkeit, der er zu widerstehen versuchte. Er war bisher erfolgreich, denn sie ahnte nicht einmal, wie sehr sie ihn anzog. In ihren Augen verh ielt er sich einfach freundlich.
»Können Sie sich denn vorstellen, dass es einen Mann gibt, der seiner Frau erlaubt, Juristin zu sein und ihren Beruf auszuüben? Nein, wenn ich heirat e, muss ich zu Hause bleiben und Kinder bekommen.«
So war es üblich, und beide wussten das.
»Gibt es denn jemanden, den Sie heiraten wollen, Kate?« Die Antwort auf diese Frage interessierte Joe brennend. Vielleicht hatte Kate nach Weihnachten jemanden kennen gelernt, oder vielleicht hatte sie schon vor ihrer ersten Begegnung jem anden in die engere Wahl gezogen. Wie wenig er im Grunde über sie wusste …
»Nein«, entgegnete sie schlicht. »Da ist niemand.«
»Warum m achen Sie sich dann Gedanken darüber? W arum tun Sie nicht, was Ihnen gefällt, bis Sie dem rich tigen Mann begegnen? Vielleicht treffen Sie ja sogar an der juristischen Fakultät einen netten Jungen.«
Ihre Beine berührten sich beinahe. Joe wagte es nicht, Kates Hand zu nehmen oder den Arm um ihre Schulte rn zu le gen. Aber eine Frage musste er noch loswerden. »Ist es denn so wichtig zu heiraten?« Er war sc hon dreißig und hatte sich bisher noch keine Gedanken darüber gemacht. Kate war doch erst achtzehn! Sie hatte noch das ganze Leben vor sich, konnte noch in ein paar Jahren heiraten und Kinder bekomm en. Es war merkwürdig, dass sie davon sprach wie von einem beruflichen Werdegang. Dabei heiratete man schließlich nur dann, wenn
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man jemanden wirklich lieb te. Joe fragte sich, ob wohl ihre Eltern diese Meinung vertraten. Das war schließlich nicht ungewöhnlich.
Anders als andere Frauen, die solche Themen gar nicht anschnitten, sprach Kate sehr offen darüber. »Ich gehe einfach davon aus, dass eine Heirat wichtig ist«, entgegnete sie schließlich nachdenklich. »Jedenfalls behaupten das alle. Und ich nehme an, dass es für mich auch eines Tages so sein wird. Jetzt kann ich es mir allerdings noch nicht vorstellen. Ich hab’s aber auch nicht eilig. Erst mal gehe ich zum College.« Das war ihre Gnadenfrist, anschließend würde ihre Mu tter ihre Pläne in die Tat umsetzen. »Vier Jahre lang brauche ich mir keine Gedanken darüber zu machen, und wer weiß schon, was in der Zwischenzeit geschieht!«
»Sie könnten davonlaufen und sich einem Zirkus anschließen«, schlug Joe augenzwinkernd vor.
Kate lachte und ließ sich rückwärts in den Sand fallen. Sie legte den Kopf auf den angewinkelten Arm. Joe betrachtete sie im Mondlicht. Er rief sich m ahnend ihr Alter ins Gedächtnis. Doch in seinen Augen war Kate eine erwachsene Frau. Joe wandte den Blick ab, um seine Fassung wieder zu gewinnen. Kate hatte nicht die leiseste Ahnung von dem, was in ihm vorging. »Ich kann mir vorstellen, dass der Zirkus mir gefallen würde«, sagte sie an seinen Hinterkopf gewandt, während er den Nachthimmel betrachtete. »Als ich klein war,
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