Danielle Steel
ihrer Welt war einfach verschwunden. Auch ihre Mutter war in den ersten Monaten nach Johns Tod so verwirrt, dass sie nicht in der L age w ar, s ich u m K ate z u kümmern. Es schien, als hätte Kate auf einen Schlag beide Eltern verloren.
Elizabeth regelte die Angelegenheiten, die das restliche Vermögen Johns betrafen, mit ihrem engen Freund Clarke Jamison, der ebenfalls Banker war. Sein Vermögen hatte den Crash unbeschadet überstanden. Clarke war ein ruhiger, freundlicher und verlässlicher Mann. Seine Frau war schon Jahre zuvor an Tuberkulose gestorben, und er hatte nicht wieder geheiratet. Neun Monate nach John Barretts Tod bat er Elizabeth um ihre Hand, und kurz darauf wurden die beiden in einer kleinen Zeremonie getraut. Nur die Brautleute selbst, der Geistliche und Kate wohnten ihr bei. Aufmerksam beobachtete Kate diesen Vorgang. Sie war neun Jahre alt.
Mit den Jahren erwies sich Elizabeths Entscheidung als ausgesprochen klug. Obwohl sie es aus Respekt gegenüber John niemals zugegeben hätte, stellte sich heraus, dass sie mit Clarke viel glücklicher war als mit ihm. Sie teilten Wohlstand und gemeinsame Interessen, und Clarke war nicht nur ein guter Ehemann, sondern auch ein wundervoller Vater für Kate. Er betete die Kleine an und sie ihn. Er beschützte sie, und obwohl er nie ein Wort darüber verlor, war doch offensichtlich, dass er in den folgenden Jahren alles versuchte, um ihr den verlorenen
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Vater zu ersetzen. Clarke war ruhig, zuverlässig und liebevoll und freute sich, als Kates Lebensfreude wieder erwachte. Als sie zehn wurde, adoptierte Clarke sie mit ihrem Einverständnis und dem ihrer Mutter. Zuerst hatte Kate beim Ge danken an ihren leiblichen Vater Skrupel, doch am M orgen der Adoption gestand sie Clarke, dass sie s ich am m eisten auf der ganzen Welt wünschte, seine Tochter zu sein. Ihr Vater war a uf leisen Sohlen aus ihrem Leben verschwunden, in einem Auge nblick, als sich Schwierigkeiten eingestellt hatten. Clarke gab Kate die emotionale Sicherheit, die das Mädchen nach dem Tod seines Vater brauchte. Nichts konnte er der Kleinen abschlagen, und er war stets für sie da.
Manchmal vergaß Kate, dass Clarke gar nicht ihr richtiger Vater war. An John dachte sie nur noch ganz selten. Er schien so weit weg zu sein, sie konnte sich kaum noch an ihn erinnern. Allein das Gefühl der Angst und Ve rlassenheit, da s sie bei seinem Tod überfallen hatte, war ihr im Gedächtnis geblieben. Doch nur gelegentlich drang es an d ie Oberfläche. Kate hatte die Tür zu ihrem Innersten verschlossen, und so sollte es bleiben. Es lag nicht in Kates Natur, in der Vergangenheit zu lebe n oder traurigen Gedanken nachzuhängen. Sie gehörte zu den Menschen, die von Fröhlichkeit geradezu angezogen wurden und die meist selbst gute Stimmung verbreiteten. Der Klang ihres Lachens, das Funkeln in ihren Augen schufen stets eine heitere Atmosphäre, wo immer sie erschien. Darüber war Clarke sehr froh.
Über die Adoption sprachen sie nie. Sie gehörte zu einem abgeschlossenen Kapitel in Kates Leben, und sie w äre schockiert gewesen, wenn jemand dieses Thema angesprochen hätte. Clarkes väterliche Hand, die sie während der letzten neun Jahre begleitet hatte, war unmerklich zu einem festen Bestandteil ihres Lebens geworden. Er war ihr Vater, das war für beide selbstverständlich. In jeder Hinsicht war Kate schon lange Clarkes Tochter.
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Clarke Jamison war in Boston ein angesehener Banker. Er stammte aus guter Fam ilie, hatte in Harvard studiert und war mit seinem Leben mehr als zufrieden. Er hatte es immer als großes Glück betrachtet, dass Elizabeth seine Frau geworden war und dass er Ka te adoptiert hatte. Die klein e Fa milie führte ein zufriedenes Leben. Elizabeth war eine glückliche Frau. Sie hatte alles, was sie sich vom Lebe n wünschte: einen Mann, den sie liebte, und eine Tochter, die sie vergötterte. Kate war kurz nach Elizabeths vierzigstem Geburtstag zur Welt gekommen. Das Kind war die größte Freude ihres Lebens gewesen. All ihre Hoffnungen ruhten nun auf Kate. Ihr Leben sollte wundervoll verlaufen. Kate verfügte über ein beeindruckendes Maß an Energie und eine einnehmende Persönlichkeit. Elizabeth stellte fest, dass sie sich außerdem untadelig zu benehmen wusste und ungewöhnlich selbstbewusst war. Nach ihrer Heirat hatten Clarke und Elizabeth das Kind wie eine kleine Erwachsene behandelt. Sie teilten ihr Leben mit Kate und reisten oft mit ihr ins Ausland.
Bis zu ihrem siebzehnten
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