... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
Gefühl.
„Nun, ich glaube, dass Aodhagán … Er hat nichts dagegen … Er weiß doch, wie das ist. Und er kennt den jungen Grafen. Also, ich denke …“
Unvermittelt drehte sich Lurgadhan de Búrca um die eigene Achse und stieß dabei einen lang gezogenen Pfiff aus. Atemlos stapfte er vor Suse auf und ab und raufte sich die wirren Haare.
„Wenn Ihr … i ch meine … was ich sagen wollte …“ Er ließ die Arm sinken und blickte mit finsterer Miene zu der jungen Frau. „Ich habe keine Ahnung, was ich meine und eigentlich sagen wollte.“
„He!“ Suse streckte ihren Arm aus und erwischte Lurgadhan de Búrca am Jackenärmel, sodass er wie ein Betrunkener hin und her torkelte. „He, Sie! Ich brauche keine Erlaubnis, wenn ich mit einem anderen Mann Sex haben will. Das ist es doch, was Sie mir klarzumachen versuchen? Dazu muss ich niemanden fragen, meine Mama nicht und nicht meine Kinder.“
Sie tippte mit dem Zeigefinger an seine Brust. „Und auch Adrian nicht.“
3 7. Kapitel
Seit Stunden saß er über seine Rechnungsbücher gebeugt und starrte wie gebannt auf die endlosen Zahlenkolonnen. Er konnte sich nicht mehr erinnern, wann sich die Ziffern selbständig gemacht und damit begonnen hatten, fies grinsend von einer Zeile in die nächste zu hopsen und wild gewordenen Handfegern gleich Jigs und Hornpipes , Polkas und Slides zu tanzen. Irgendwann wollten sie partout keinen Sinn mehr ergeben und lachten sich krumm angesichts seiner verzweifelten Versuche, sich zu konzentrieren.
Dabei hatte er gehofft, sich mit Arbeit von den Dingen ablenken zu können, die ihn beschäftigten. Bisher hatte er mit dieser Methode noch immer Erfolg gehabt. Er verschaffte seinen Problemen einfach etwas Zeit, um in Ruhe in der hintersten Ecke seines Gehirns vor sich hin zu brodeln. Wenn er genügend Arbeit fand – sah er den Berg an Papier vor sich, gab es nicht den geringsten Zweifel daran –, käme er über kurz oder lang von selbst darauf, was er in Bezug auf sein Verhältnis zu Suse unternehmen sollte. Sich von ihr fernzuhalten, war alles andere als leicht, denn trotz seiner Arbeit war er sich ihrer Nähe ständig bewusst. So nah und doch absolut unerreichbar. Der einzige Trost war das Wissen, dass er es für sie tat und er sein Versprechen hielt.
Nichts war besserer Balsam für die Seele als die Erkenntnis , ein Märtyrer zu sein.
Suse. Frech und provozierend, mit einer Zunge spitzer als ein Dolch, aber auch so süß und sexy. Der Gedanke an sie lockte ihn, bis er sich mit Gewalt zwingen musste, an etwas anderes zu denken. An irgendetwas anderes. Nur nicht an Susanne, die Frau seines Bruders. Die Mutter seiner kleinen Neffen, die ihn über alles liebten.
Die Frau, die er mehr als sein Leben liebte.
Und der er aus eben diesem Grund aus dem Weg gehen musste!
Sein Blick suchte die lachenden Augen seines Bruders auf dem Gemälde, welches er inzwischen über dem Kamin aufgehängt hatte.
Ich habe die Verantwortung für das Wohlergehen und die Sicherheit deiner Familie übernommen, Ossi. Und aus diesem Grund werde ich mein Versprechen halten, koste es mich, was es wolle. Ich bin es dir schuldig.
Clausing seufzte entnervt und warf den Kugelschreiber auf den Schreibtisch. Er verspürte eine Leere, die er nicht ignorieren konnte. Er würde Tag und Nacht arbeiten können und nicht wissen, wofür. Es machte keinen Sinn, bis zum Umfallen zu schuften und seinen Reichtum ins Unermessliche zu mehren. Für wen denn? Er hatte sein Anwesen nach dem Tod des alten Grafen von Grund auf umgestaltet, es heller, freundlicher und einladender gemacht. Wofür all das? Um allein darin zu leben? Allein alt zu werden und zu sterben, ohne etwas von echtem Wert zu hinterlassen, das an ihn erinnern würde? Das einzig Wichtige im Leben waren die Spuren von Liebe, die ein Mensch hinterließ, wenn er Abschied nehmen und gehen musste, hatte Ossi einmal behauptet. Der Kurze hatte gut reden mit drei munteren Söhnen, die er der Welt geschenkt hatte!
Den Kopf in die Hände gestützt schloss er die Augen. Sofort stand wieder ihr Bild vor ihm, hörte er ihr glockenhelles, perlendes Lachen und die anzüglichen Witze der Grünschnäbel aus dem Dorf, die Susanne mit gierigen Auge n anstarrten, wo immer sie auftauchte. Máirtín, der sie nach einem gemeinsamen Abend im Pub zum Abschied küsste.
Mit einem heftigen Ruck stand er auf. Sein Sessel donnerte gegen das Bücherregal. Ziellos lief er durch die Bibliothek, die Arme auf dem Rücken verschränkt,
Weitere Kostenlose Bücher