... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
knüllte seufzend das Tuch zwischen den Fingern. „Sagen Sie mir die Wahrheit: Ist er dort? Haben Sie ihn tatsächlich gesehen? Wie sah er aus? Und es geht ihm wirklich gut?“
„Unser kleiner Aodhagán. Wusstet Ihr, dass sein Name gälischen Ursprungs ist und ‚Der kleine Feurige’ bedeutet?“
„Seit ich meinen Fuß auf irischen Boden gesetzt habe, ist mir kein Name öfter zu Ohren gekommen. Ich muss mich allmählich daran gewöhnen, dass Adrian hier Aidan hieß.“
„Gut“, Lurgadhan de Búrca nickte zufrieden. Das wäre also schon mal geklärt. „Ja, er ist wieder zu Hause.“
„Zu Hause? Ich hatte gehofft, er würde sich bei mir zu Hause fühlen. Bei seinen Söhnen und seinem Freund.“ Ihre Stimme war nicht mehr als ein unhörbares Flüstern, voller Schmerz und Liebe. Ob Adrian froh war, wieder zu Hause, in Irland zu sein? Hatte er Zeit seines Lebens an nichts anderes als an Irland und seine Rückkehr denken können? Hatte er die Zeit mit ihr und seinen Söhnen lediglich als lästige Unterbrechung auf dem Weg zurück in seine Heimat betrachtet? Und sie vergessen?
„ Och , das könnte er niemals. Unbestritten war er bei Euch daheim, junge Lady. Eine wahrlich kurze Zeit für ein Menschenleben. Ob ein Jahr oder ein Jahrzehnt, darauf kommt es indes nicht an. Entscheidend ist die Intensität, mit der ihr gelebt und euch geliebt habt.“
„ Ich wollte mit ihm gemeinsam alt werden. Unsere Kinder und Enkel aufwachsen sehen. Stattdessen haben wir viel zu viel Zeit sinnlos mit Warten und Schweigen und Streitigkeiten zugebracht.“
Der Cluricaun erinnerte sie mit schelmischem Grinsen: „Habt Ihr nicht gerade das an eurem Zusammensein genossen? Und wäre es Euch nicht zu langweilig geworden, wenn es nicht diese kleinen Zwistigkeiten zwischen Aodhagán und Euch gegeben hätte?“
Z weifelnd brummelte sie: „Mmmh.“ Ihre Schultern zuckten vage. „Na ja, es ging in der Tat mitunter recht lustig zu. Wenn ich daran denke, wie sich Simone und ich so manches Mal über ihn halb totgelacht haben, ohne dass er es uns übel nahm. Zumindest habe ich das gehofft. Wir waren nicht gerade fair ihm gegenüber.“
„Er hat mit euch beiden stets über sich selbst gelacht. Zweifellos. Er mag Euer silberhelles Lachen.“
„Gibt es dort …“ Suses heiseres Krächzen, das einem Raben zur Ehre gereicht hätte, verriet ihre Unsicherheit. Sollte sie es aussprechen und damit zugeben, dass sie die Märchen des Alten allmählich zu glauben begann? Durfte sie sich die Blöße geben und eingestehen, dass sie eifersüchtig war auf all die Menschen, die jetzt an ihrer Stelle an Adrians Seite waren? Verlegen knetete sie ihre Finger und focht sichtlich heftige Kämpfe mit sich aus. Inzwischen zweifelte sie nicht mehr daran, von diesen ständigen Diskussionen mit dem Cluricaun einen ernsthaften Schaden davongetragen zu haben.
„Gibt es dort Frauen? Ich meine Frauen, die Adrian … aus der Zeit vor mir …“
„Aaah, selbstverständlich gibt es in Tír na nÓg Frauen.“ Das Männchen kicherte in seinen struppigen Bart, bis sein Wanst zu wackeln begann. „Zum großen Glück, kann ich da bloß sagen, denn wäre es nicht an dem, würde sich kein Mann dort aufhalten wollen. Und …“
Er bemerkte, wie Suse unwillkürlich die Luft anhielt, als er eine bedeutungsvolle Pause machte. „Oh, nein! Nein-nein, keine seiner früheren Frauen – so es überhaupt welche gegeben hat, die von Bedeutung für ihn waren – hält sich im Land der Ewigen Jugend auf. Obwohl er natürlich Verehrerinnen genug haben könnte, wenn er nur wollte. Einen derart prachtvollen, stattlichen Mann, klug und stark, sanftmütig und ehrlich, findet man selbst in Tír na nÓg nicht häufig.“
Suse erfasste unbändiger Stolz auf den Mann, der sich für sie entschieden hatte. Zu jedem Wort aus dem Mund von Lurgadhan de Búrca nickte sie eifrig, bis sie endlich registrierte, wie der Cluricaun sie aufmerksam musterte. Sie hob verlegen die Schultern.
„Schönheit und Intelligenz in diesem Maß findet man selten beisammen. Matthias könnte eventuell mithalten“, murmelte sie mehr zu sich selbst als zu dem Elf, „wenn ihm bloß nicht die Warmherzigkeit und das Mitgefühl von Adrian abgehen würden.“
Aber wahrscheinlich war das nicht einmal richtig. Matt’n war … einfach anders. Und ungeachtet aller Unterschiede Adrian sehr ähnlich. Aufmerksam und uneigennützig. Liebenswürdig. Und wenn er sich mal dazu durchrang, seine Empfindungen zu zeigen, voll
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