... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
stickige Zimmer zu lassen. Nach ein paar tiefen Atemzügen baute er sich vor Matthias auf, die Hände in die Hüften gestützt, seine wachsamen Augen auf den Grafen gerichtet.
„Ich dachte mir, dass du vielleicht meine Gesellschaft beim Trinken schätzt“, erwiderte er leichthin. Seine Miene indes verriet, in welchem Maße er die Zügellosigkeit seines Freundes missbilligte. Die Wahrheit war, dass er fieberhaft überlegte, wie er seinen Freund behutsam auf den Pfad der Tugend zurückführen konnte, denn Mat sah mittlerweile aus wie der Tod auf Latschen. Die vergangenen Tage, in denen er von früh bis spät gearbeitet, getrunken und bloß wenig geschlafen hatte, forderten ihren Tribut selbst von einem in dieser Hinsicht trainierten Menschen, wie Matthias einer war.
„Vergiss es. Ich bin nicht an Gesellschaft interessiert.“ Clausings Zeigefinger schnellte vor und deutete auf Fearghais. „Und am wenigsten an deiner. Also, da drüben hat der Zimmermann ein Loch gelassen.“ Er wies mit ausgestrecktem Arm in Richtung Tür, durch das Zittern seiner Hand büßte diese Geste allerdings erheblich an Dramatik ein. „Sieh zu, dass du deinen Arsch hier raus bewegst.“
Irgendetwas hatte ihn aus dem Tritt gebracht. Die Maske der Arroganz und Unbesiegbarkeit war von ihm abgefallen und zurückgeblieben war ein Mann, der sich keinen Rat mehr wusste. Fearghais kannte seinen Freund genauso lange wie sich selbst und ahnte, wie demütigend das für ihn sein musste.
Träge hob der Graf den Kopf. „Du bist immer noch hier?“
„Tut mir leid.“
„Fearghais, lass mich nicht erst unhöflich werden. Geh!“
„Nicht, bevor dieses Gespräch beendet ist. Ní healaín duit é . Mat, ich kann es nicht ertragen, wie du ihretwegen brütest und leidest. Tu endlich was!“
„Ihretwegen? Leiden? Ich sitze über den Büchern, du Witzbold!“
„Das sehe ich.“ Die Ironie tropfte Fearghais förmlich von den Lippen. Er nickte in Richtung Schreibtisch, wo ein wüster Haufen loser Zettel lag, die mit albernen Strichmännchen und verräterischen Worten vollgemalt war. „Eins deiner verborgenen Talente?“
„Mach dich vom Acker!“
„Sie ist nicht einfach, was? Also, wenn du mich fragst …“
„ Tu ich nicht.“
„Ich glaube “, redete Fearghais unbeeindruckt weiter und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf, „du solltest endlich Nägel mit Köpfen machen. Ergreife die Initiative. Rede mit ihr. Mach ihr klar, wie du dir deine Zukunft vorstellst. Welchen Platz sie in deinen Träumen einnimmt. Gebt euch eine Chance.“
Er hörte den Grafen seufzen . Eine unsägliche Traurigkeit lag in diesem Seufzer, Bedauern und Verzweiflung. Es war der Seufzer eines Mannes, der alle Hoffnung verloren hatte.
„Meine Chancen bei ihr sind nicht einmal mehr unter einem Elektronenmikroskop zu erkennen.“
„ Das ist kompletter Schwachsinn, Mat.“
„Vergiss nicht, mit wem du redest!“, raunzte er Fearghais an und versuchte schwerfällig , sich zu Furcht einflößender Größe aufzurichten. Als ihm dies selbst nach mehreren Anläufen nicht gelang, ließ er sich noch tiefer in den Sessel sinken.
„ Ich bitte vielmals um Vergebung, Mylord. Ich vergaß in der Tat für einen Augenblick, wo mein Platz ist.“ Fearghais deutete eine förmliche Verbeugung an und schob sich mit gesenktem Kopf rückwärts zur Tür.
„Lass das bleiben! Gütiger Gott, du weißt, dass ich das nicht so gemeint habe!“
Im Schneckentempo hob Fearghais dem Grafen sein Gesicht entgegen. Sein Mund zog sich in die Breite. „Meinst du wirklich, ich würde für bare Münze nehmen, was du in deinem momentanen Zustand absoluter Unzurechnungsfähigkeit von dir gibst?“
„Zählt mein Wort in diesem Haus denn gar nichts mehr?“
„Sprich mit ihr. Sag ihr, was du für sie empfindest. Mach ihr den Hof – oder was immer man in einer solchen Situation tut.“
„ Éist do bhéal ! Lass mich gefälligst allein!“
„Wenn du so weiter machst, a chara , wirst du bald für immer allein sein. Und genau das hättest du sogar verdient. Du kannst nicht ewig Trübsal nach Noten blasen.“
„Ich kann machen, was ich will!“
Fearghais musterte den Grafen mit zorniger Ungeduld darüber, weil der sich dermaßen stur stellte. „Mat, als ich euch gemeinsam an Beltane gesehen habe, sind mir eine Menge Dinge bewusst geworden. Und nicht allein mir. Die Art, wie ihr miteinander redet oder streitet, wie ihr euch in die Augen blickt …“
„Du! Du hast Suse angegafft! Du hast vor
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