... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
kam er nicht wieder zurück.
„Du musst mir jetzt keinen deiner gefürchteten Vorträge halten, wonach die irischsprachigen Gebiete unter besonderem Schutz des Ministeriums für Gaeltacht und Kultur stehen. Und dass auch das Gebiet in Schottland, in dem Gälisch geredet wird, als Gaeltacht bezeichnet wird, hat sich bis zu jenen rumgesprochen, die das absolut nicht interessiert.“
Clausing schwieg, sein Blick indes verharrte unverwandt auf Susannes schmalem Gesicht. Es fiel ihm schwer zu begreifen, wie sich hinter so viel Schönheit solch ein böses Mundwerk verbergen konnte. Dabei hatte es eine Zeit gegeben, da hatte er ihre lockeren Sprüche und ihre direkte, offenherzige Art wirklich genossen.
Doch irgendwann hatte ihn Susanne Reichelt das Fürchten gelehrt.
2. Kapitel
Schweigend gingen sie die Treppen nach unten zu den Gepäckförderbändern. Susanne grauste es immer mehr vor den nächsten Tagen, die sie hier verbringen sollte. Wie viel besser wäre sie dagegen in einem Kloster aufgehoben, schoss es ihr durch den Kopf. Dort hätte wenigstens niemand Anstoß an ihrem selbst auferlegten Schweigegelübde genommen.
„Was hast du ihnen erzählt?“
Und niemand würde sie ständig provozieren, ihr Schweigen zu brechen!
„Dass ich nicht allein e nach Irland kommen werde“, antwortete Matthias in einem Ton, der verriet, wie wenig er ihre Frage verstand.
„Sehr witzig!“
„Ich habe Máire gebeten, ein Zimmer mit Blick auf den Park für dich herzurichten“, versuchte er es noch einmal. „Ich glaube, es könnte dir …“
„Meine Güte, Alter! “, fiel sie ihm ungehalten ins Wort. „Seit wann bist du dermaßen schwer von Begriff? Ich meine … also, was hast du ihnen von mir … und …“
Sie konnte ihm unmöglich gestehen, wie elend sie sich fühlte und dass sie ein Vermögen für einen dringenden Abwesenheitsgrund bezahlt hätte. Ihr war richtiggehend schlecht. Am liebsten hätte sie sich hinter seinem Rücken verkrochen wie ein kleines Kind, das Schutz und Geborgenheit bei ihm suchte. Er war ein waschechter Ire und Susanne wusste aus eigener Erfahrung, dass es kaum etwas Wirkungsvolleres gab, als in jenem butterweichen Gott-liebt-dich-Akzent getröstet zu werden. Nur war er leider nicht der Richtige für sie.
„Wissen sie von Adrian?“
„Sie kennen ihn nicht persönlich, weil er nie mit mir die Ferien in Killenymore verbringen durfte. Aber ich habe ihnen viel von Ossi erzählt. Alles, was ich von ihm wusste.“
„Und was hat das mit mir zu tun? Warum bin ich hier?“
„Du bist die Frau meines Freundes.“ Er schloss für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Würde der Schmerz denn nie vergehen? „Und du hast meine Einladung angenommen, um Urlaub zu machen.“
„Ha!“
Wie von Furien gehetzt wirbelte sie herum und ihr Zeigefinger bohrte sich so tief in seine Brust, dass er zurückwich.
„Du! Du nennst das Einladung ?“, schnaubte sie voll Empörung. „Einladung! Dass ich nicht lache! Eine sauber eingefädelte und skrupellose Entführung war das! Von wegen die Wohnung müsste komplett renoviert werden!“
Sie funkelte einen hinter ihr stehenden Reisenden an, der neugierig seinen Ha ls reckte.
Mit gedämpfter Stimme fuhr sie fort: „Dann nenn es eben Nötigung. Nicht mal die Römer, die nun wirklich weder Tod noch Teufel fürchteten und sich auch sonst vor nichts ekelten, haben Irland damals gewollt. Was denkst du, warum ausgerechnet ich hier was zu suchen hätte?“
„Susanne …“
„Halt bloß die Klappe!“
Worüber hatten sie eigentlich gerade gesprochen?
„Glauben sie, dass wir … du weißt schon, dass wir was miteinander …“
„Nein.“
Aus Suses angespanntem Schweigen hörte er ihre Zweifel heraus. Warum sollte sie ihm ausgerechnet das glauben? Zu oft hatte er ein Gästezimmer in seinem Haus herrichten lassen. Während der letzten zwanzig Jahre war er mit entschieden zu vielen Frauen hier gewesen. Ob zu Recht oder Unrecht wollte er nicht beurteilen, doch der Ruf des Schwerenöters war ihm sowohl in Killenymore als auch in der Reederei in Rostock vorausgeeilt und er hatte keine Veranlassung gesehen, etwas dagegen zu unternehmen.
Er neigte seinen Kopf zu ihr hinab und wiederholte eindringlich: „Nein, Susanne. Ganz bestimmt nicht. Und selbst wenn sie für einen Moment so blauäugig sein sollten, spätestens nach den ersten fünf Minuten, in denen sie uns beobachtet haben, werden sie eines Besseren belehrt. Man müsste schon blind und taub
Weitere Kostenlose Bücher