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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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und schaute aus dem Fenster. Enervierend langsam zog die Landschaft an ihnen vorbei, grüne Wiesen und Weiden, soweit das Auge reichte, unterbrochen von niedrigen Steinmauern, die teilweise von Strauchwerk überwuchert waren, dazwischen tummelten sich Schafe mit bunten Farbklecksen auf der zotteligen Wolle. Die bedrückende Einsamkeit der nahezu menschenleeren Ortschaften, die gerade erst im Aufwachen begriffene Natur, die baumlosen Hügel und der stetige Wind, der jetzt dunkle Wolken vor sich her trieb, legten sich wie Betonbrocken auf Suses Gemüt. Die Minuten verstrichen in quälender Langsamkeit, während der Oldtimer auf einer Landstraße dahin zuckelte, die gerade breit genug für ein Auto schien.
    Hatte Matthias vorhin eine Bremse erwähnt? Susanne drehte sich der Magen um bei der Vorstellung, im nächsten Augenblick könnte ein Entgegenkommer nähere Bekanntschaft mit ihnen schließen. Während es auf dem holprigen Asphalt hoch und runter ging und eine Kurve auf die andere folgte, schlugen ihre Eingeweide munter Purzelbaum. Irgendwann begann sie zu überlegen, ob sie im Notfall schnell genug die Kiste stoppen und ein unbeobachtetes Plätzchen am Straßenrand finden würde. Als ihr von der verkrampften Haltung schließlich sämtliche Muskeln schmerzten, senkte sie seufzend die Lider und lehnte sich mit verschränkten Armen in die weichen Lederpolster zurück.
    „Wie lange dauert es noch, bis wir da sind?“, knurrte sie ihr Gegenüber an, ohne die Augen zu öffnen.
    „Etwa …“ Matthias kramte in den Hosentaschen nach seiner Uhr, zog allerdings bloß die leeren Hände wieder hervor. „Normalerweise eine halbe Stunde.“
    „Normalerweise?“, wiederholte Suse mit einem sarkastischen Unterton und hob träge ein Augenlid. „Du meinst sicher, auf einer richtigen Straße und nicht auf einem Feldweg wie diesem hier? Gibt es denn nicht mal vernünftige Autobahnen?“
    „Lediglich im Osten der Insel, also rund um Dublin und zwischen Dublin und Nordirland. Aber ich kann dich beruhigen, da dieser Zustand auch anderen ein Dorn im Auge war, hat die EU eine Menge Fördergelder in ehrgeizige Straßenbauprojekte gesteckt. Wenn du darauf achtest, kannst du ab und an blaue Schilder mit der Aufschrift ‚Maßnahme durchgeführt mit Mitteln des Europäischen Regionalentwicklungsfonds’ sehen. In absehbarer Zeit wird sich einiges in dieser Hinsicht ändern. Ehrlicherweise musst du freilich zugeben, dass der Verkehr kaum mit dem in Deutschland zu vergleichen ist.“
    „Meinst du! Und was ist mit diesen überaus ermutigenden Schildern am Straßenrand?“ Sie deutete mit dem Kinn nach links, wo eine monströse Tafel gerade darauf hinwies, dass im vergangenen Jahr sechsundsiebzig Menschen auf dieser Straße getötet worden waren.
    „Stimmt, mit der Zahl der Verkehrsopfer halten wir den traurigen Rekord in Europa, obwohl bereits im ersten Jahr nach der Einführung des Strafpunktesystems für Verkehrssünder die Todesrate um die Hälfte gesunken ist. Du siehst, wir sind durchaus lernfähig.“
    „Vermutlich hat das Gemetzel im Straßenverkehr mit eurer Neutralität zu tun. Seit wann hat Irland an keinem Krieg mehr teilgenommen? Mit den Massakern auf der Straße setzt ihr wohl die barbarischen Traditionen der Kelten fort.“
    Er lachte leise. „ Da ist was dran. Der Keltische Tiger bescherte uns zwar schnelle Autos, aber leider nicht die nötige Disziplin, um sie sicher zu fahren.“
    „Schnelle Autos?“ Suchend wandte sich Suse um. „Schnelle Autos, sagst du? Wäre nett, wenn du uns das nächste Mal eins aussuchst, das nicht wie diese Chaise hundert Jahre auf dem krummen Buckel hat und durch die Gegend schleicht wie ein Fußkranker.“
    Für diesen Kommentar bedachte Clausing sie mit einem derart verärgerten Blick, dass sie es für besser hielt, wenigstens vorübergehend still zu sein. Allerdings nicht, ohne vorher belustigt die Augen zu verdrehen.
    „Wenn du unbedingt jemanden verletzen möchtest, bitte schön, du weißt, ich stehe für deine Launen jederzeit zur Verfügung. Aber lass, um Gottes Willen, Pádraig und seine Leute aus diesem hässlichen Spiel!” Seine leise Stimme barg eine unmissverständliche Droh ung, die Suse eine Gänsehaut bescherte. „Das hat keiner von ihnen verdient. Weder dein Spott noch deine Missachtung sind bei ihnen angebracht. Die Ó Briains sind genauso wenig für deine Anwesenheit in Irland verantwortlich wie für den Umstand, dass dir meine Gegenwart unerträglich ist. Sie versuchen

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