... dann eben Irland (Das Kleeblatt)
vorwurfsvollen Ton. „Es ist eine Zeit großer Magie und lediglich ein dünner Schleier weht zwischen dieser und der anderen Welt. Viele Geister gehen hindurch, um jene zu besuchen, die sie lieben, oder“, jetzt kicherte er wie ein altes Hutzelweib vor sich hin, „um Unheil in der Welt der Sterblichen zu stiften. Selbst die Danaan , die sich vollkommen zurückgezogen haben, machen in diesen Tagen eine Rundreise durch ihre früheren Königreiche.“
„Ach, tatsächlich? Eine richtige Rundreise? Durch ihre Königrei che? Und welche andere Welt?“ Meine Güte, wo bin ich hier bloß hingeraten? „Ich bin fremd in Killenymore, müssen Sie wissen.“
„Ich weiß, ich weiß!“, winkte er ungeduldig ab. „Es stünde Euch trotz allem gut zu Gesicht, wenn Ihr Euch befleißigen würdet , die gälische Sprache zu erlernen und Euch mit den hiesigen Sitten und Gebräuchen vertraut zu machen.“
„Nein. Nein-nein, das lohnt die Mühe wirklich nicht.“ Sie hob seufzend die Schultern. „Bin nämlich bloß zu Besuch auf Sean Garraí. Nicht mehr lange, wie ich Ihnen versichern kann. Und mein Englisch ist ganz passabel, sodass ich damit kaum größere Verständigungsprobleme haben werde.“
Sie bemerkte sein Schmunzeln nicht, sondern hörte ihn lediglich wie nebenher erwähnen: „Ich habe Euch in der vergangenen Nacht beobachtet.“
„Ach, tatsächlich?“
Allmählich kam sie sich wie ein Papagei mit äußerst begrenztem Wortschatz vor. Bei dem ganzen Durcheinander, das Irisch, Beltane , der Mead , ein Leprechaun und nicht zuletzt Matthias Emanuel Clausing in ihr angerichtet hatten, musste offenbar ihre Fähigkeit, sich auf Deutsch zu artikulieren, verloren gegangen sein.
„Es ist mir peinlich , mich wiederholen zu müssen, nichtsdestotrotz möchte ich mich ein weiteres Mal bei Ihnen entschuldigen. Ich kann mich beim besten Willen nicht an Sie erinnern. War aber auch richtig was los auf der Festwiese. Ich hatte nicht erwartet, dass es auf dieser Insel dermaßen viele Menschen gibt. Ein Trubel war das, als hätte sich ganz Irland mit Killenymore verabredet.“
„Dann gestattet mir , mich vorzustellen: Mein Name ist Lurgadhan de Búrca.“
20. Kapitel
„Angenehm. Susanne Reichelt.“
Lurgadhan de Búrca trat einen Schritt auf sie zu und reichte ihr seine vor Dreck starrende Hand. Eine Alkoholfahne, die Suse den Atem verschlug, wehte ihr entgegen. Mein Gott, was ist das bloß für ein Fusel? dachte sie naserümpfend. Wie lieblich hatte im Vergleich dazu der Whiskey geduftet, den der Graf in seiner Bibliothek kredenzt hatte.
„Es gibt einfach nichts Besseres als guten, alten Poitín .“ Der Cluricaun rückte noch ein Stück näher und brabbelte: „Ihr habt nicht ganz zufällig ein kleines, ein klitzekleines Fläschchen bei Euch?“
Sus e konnte hören, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief, und hob bedauernd ihre leeren Handflächen nach oben.
„Nun, da ist wohl nichts zu machen. Wenn ich mich recht erinnere, ist des Grafen Weinkeller bis zur Decke gefüllt mit den köstlichsten und edelsten Tropfen.“
„Sie kennen Matthias Clausing?“
„Ja. Nun ja, nicht direkt. Aber sagt“, wechselte er flugs das Gesprächsthema, „wie fandet Ihr das gestrige Fest? Ich sah Euch tanzen. Es war eine Augenweide, wie Ihr an der Hand dieses schmucken Burschen durch die Luft geschwebt seid, als hättet Ihr Flügel. Er dagegen schien mir – Wie soll ich sagen? – ein klein wenig … hitzköpfig.“
„Ean? Oooch.“ Sie winkte ab. „Nööö. Der eher weniger.“
Ein klägliches Lächeln verzerrte ihr Gesicht. Es war sicher niemandem, der es darauf angelegt hatte, sie zu beobachten, entgangen, welch heftigen, verbalen Schlagabtausch sie sich zu fortgeschrittener Stunde mit Matthias geliefert hatte. Und wenn sie daran dachte, wie sie Seine Lordschaft mit einem wohl gezielten Hieb außer Gefecht gesetzt und damit unter Garantie Gesprächsstoff für das nächste Jahrhundert geliefert hatte, schoss ihr noch nachträglich die Schamröte bis in die Haarspitzen.
Das war hitzköpfig gewesen!
Und zweifellos vollkommen unangemessen.
„Es war das erste Frühlingsfest, das ich gefeiert habe. In Deutschland gibt es diesen Brauch nicht, obwohl selbst in unseren Breiten die Kelten ihre Spuren hinterlassen haben. Ja.“ Sie nickte einen Tick zu eifrig. „Ja, es hat mir sehr gut gefallen.“
„Ihr hättet die Königin sein sollen.“
Sie zuckte zusammen, als sie sich an ihre spitzen Worte erinnerte, die sie Matthias an
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