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... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

... dann eben Irland (Das Kleeblatt)

Titel: ... dann eben Irland (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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vor dem sie hierher geflüchtet war.
    Gemächlich, als sei er bei einem Schaulaufen, schlenderte ein kleiner, stämmiger Mann auf der Kuppe des Hügels entlang. Sein Gesicht wurde von einem riesigen Schlapphut verdeckt. Susanne tat, als würde sie den auf sie gerichteten Blick nicht bemerken. Im Geheimen dagegen mokierte sie sich über dieses protzige Gehabe.
    Noch nie hatte sie einen derart kitschig gekleideten Menschen gesehen. Die grellen Farben seiner Kleidung kamen einer Beleidigung jeglichen guten Geschmacks gleich. Zu einem grün schillernden Hemd trug er eine gelbe Weste mit großen Knöpfen aus Perlmutt und eine alberne, rote Kniehose. Silberne Spangen zierten seine Schuhe, regelrechte Quadratlatschen! Feierten die Iren Fasching drei Monate später als auf dem Kontinent? Da hatte sich dieser Knilch aber sauber im Theaterfundus bedient.
    Sie stutzte und riss die Augen ein Stück weiter auf, denn just in diesem Moment fiel ihr eine Begebenheit an ihrem ersten Tag in Irland ein. Sie hatte ihr nicht allzu viel Gewicht beigemessen. Wieso auch? Im Nachhinein hatte sie es sogar als Hirngespinst abgetan, als ein Produkt ihrer mitunter ausufernden Fantasie. Die Ähnlichkeit dieses Männchens mit den kunterbunt gekleideten Gestalten, die sie auf der Fahrt vom Flughafen nach Killenymore zu sehen geglaubt hatte, verblüffte sie indessen.
    E rst nachdem er vor ihr Halt machte, erkannte sie, dass er nicht größer als sie selber war. Das erschien ihr bemerkenswert, kam es doch viel zu selten vor, dass sie es mit der Größe eines Menschen aufnehmen konnte. Er zog seinen zerbeulten Hut vor ihr und war mit einem Mal sogar noch ein gutes Stück kleiner als sie.
    Da lächelte Suse zurück, einen Ausdruck ehrlichen Mitgefühls auf dem Gesicht .
    „ Dia dhuit. Conas atá tú? ”
    Mit einer übertrieben weit ausholenden Handbewegung nahm er eine Tonpfeife aus dem Mund und blies eine schier endlose Reihe von Rauchkringeln in die Luft. Bei dem üblen Gestank, der sich daraufhin ausbreitete und einem Bären den Pelz abziehen konnte, drohte sich ihr der Magen umzudrehen. Sogar das kam ihr bekannt vor. Verstohlen drehte sie den Kopf etwas zur Seite und hielt den Atem an.
    „ Is maith an lá é. Tá sé ciún anseo. ”
    Suse öffnete den Mund, allerdings wollten ihr auf die Schnelle partout nicht die passenden Worte einfallen. So schwer hatte sie das gar nicht in Erinnerung! Sie kniff die Augen zu und schloss ebenfalls den Mund, nur um ihn sofort wieder aufzumachen.
    „ Gabh mo leithscéal ?“, radebrechte sie schließlich und kramte angestrengt nach den paar irischen Redewendungen, die sie von Máire und Ean aufgeschnappt hatte. „ Ní thuigim. “
    „ Is mór an trua é “, seufzte das Männchen und ließ das „r“ rollen wie kleine Wellen über warmen Sand. „Andererseits macht es auch wieder gar nichts. Ich verstehe Euch sehr gut, ehrenwerte Lady.“
    „Sie sprechen Deutsch?“, platzte sie überrascht heraus und hätte sich gleich im nächsten Moment über diese sinnlose Frage zu Tode ärgern können.
    „Eine meiner leichtesten Übungen“, winkte der kleine Wicht mit einer lässigen Geste der Bedeutungslosigkeit ab. Er legte den Kopf schief und betrachtete sie lauernd aus hellgrauen Augen. „Ihr müsst wissen, ich bin ein Cluricaun“, stieß er dann so schnell hervor, dass sich Suse nach vorn beugen musste, um wenigstens noch den Rest seines Satzes aufzuschnappen.
    „Ach, tatsächlich?“
    Oder was hätte sie jetzt darauf erwidern sollen?
    „Ein Clu-ri-caun“, wiederholte sie gedehnt und machte ein Gesicht, als hät ten ihr die Hühner das Brot weggefressen. „Nie gehört. Sorry. Gabh mo leithscéal !, wollte ich sagen.“
    „Nun, es ist so eine Art …“, sein Blick war unbeirrt erwartungsvoll und wachsam auf sie gerichtet, „eine Art leipreachán .“
    Bedauernd hob sie die Schultern und wisperte: „ Tá brón orm !“
    Das Kerlchen wackelte mit dem Kopf und grummelte unzufrieden: „Das habe ich mir gedacht. Tz, tz, tz, das-hab-ich-mir-gedacht. Es ist Beltane . Nicht umsonst feiern die Iren diesen Tag. Die Kräfte der Elfen und Feen nehmen zu und werden ihren Höhepunkt zur Sommersonnenwende erreichen.“
    „Ach, tatsächlich?“ Suse blinzelte total verwirrt. „Elfen? Und Feen ebenso? Und das zur Sommersonnenwende. Sieh an.“
    „ Aber natürlich. Der längste Tag des Jahres wird um den einundzwanzigsten Juni gefeiert. Habt Ihr etwa noch nie davon gehört?“, beklagte er sich in einem

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